Releasetermin: 30.06.2017

 

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Rennspiel
Entwickler: Codemasters
Herausgeber: Koch Media

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Ich bin tatsächlich großer Fan von Fun-Racern. Während mich Rennsimulationen größtenteils kalt lassen, reizt mich die etwas humorvollere Herangehensweise an das Genre eines Mario Karts schon eher. Besonders die vielen Stunden in lokalen Rennen mit Freunden und Bekannten hinterließen Erinnerungen an Momente voller Gelächter. Daher freute es mich sehr, dass Koch Media mit Micro Machines World Series einen weiteren Vertreter des Genres auf die Playstation 4 bringt. Im Test klären wir, ob der Fun-Racer den Sprung auf die vorderen Plätze schafft oder hinter der Konkurrenz zurückbleibt.

Ins Kindesalter zurück

Auf dem Papier klingt Micro Machines schon mal vielversprechend: zwölf Fahrzeuge treten in verschiedenen Modi gegeneinander an und befeuern sich zwischendurch mit Waffen à la Mario Kart. Bei den Vehikeln handelt es sich dabei um kleine Spielzeugautos, analog dazu werden auch die Strecken dem Miniaturthema gerecht: ob Küche, Billiardtisch oder zugefrorener Teich – in den Wettkämpfen fühlt man sich ziemlich winzig und ins Kindesalter zurückversetzt. Die Kamera filmt das Geschehen aus der Top-Down-Ansicht, diesbezüglich hat sich die Spielereihe seit dem ersten Ableger auf frühen Nintendo-Systemen nicht verändert. Was im ersten Moment nach einem durchaus interessanten Konzept klingt, entpuppt sich aber leider schon kurz nach dem ersten Start des Spiels als eine sehr ernüchternde Erfahrung.

Das liegt insbesondere daran, dass schon das Gameplay, das dem Titel zugrunde liegt, völlig unausgereift wirkt. Den Versuch der Entwickler verstehe ich durchaus: das völlig chaotische Spielerlebnis soll den Spielzeug-Racer zu einem Unterfangen machen, das sich selbst nicht ganz so ernst nimmt. Leider verlieren sich die Rennen aber in einer Hektik, die schnell Frust aufkommen lässt. Wo es anderen Genre-Vertretern gelingt, die Waage zwischen Glück und erforderlichen Fähigkeiten zu halten, zeigt Micro Machines deutliche Abstriche. Die teils planlosen Itemschlachten erhalten zusätzliche Unterstützung von diversen Rucklern, welche die Matches noch unfairer erscheinen lassen. Besonders in den ersten Stunden muss man sich zudem erst einmal mit der etwas hakeligen Steuerung des Titels vertraut machen. Zwar passt das schwer kontrollierbare Fahrzeugverhalten durchaus zu den Spielzeugautos, fehlendes Feedback schränkte den Fahrspaß für mich aber stark ein. Außerdem macht die Einstiegshürde es unmöglich, Micro Machines in einer spontanen Runde mit Anfängern zu zocken.

Solisten müssen draußen bleiben

Bei der Modi-Auswahl offenbart sich sofort das nächste Problem von Micro Machines: es gibt keinen Einzelspielermodus. Zwar sind KI-Matches in verschiedenen Modi möglich, einen richtigen Story- oder Saison-Modus für Solisten haben sich die Entwickler jedoch gespart. Stattdessen setzt der Titel komplett auf die Online-Multiplayerkomponente, die jedoch auch nicht ganz reibungslos abläuft. Neben klassischen Rennen gibt es auch weitere Spielvarianten, die dem Geschehen ein gutes Stück Abwechslung bescheren. Auf zusätzlichen Schlachtfeld-Karten kann zum Beispiel Capture the Flag oder ein Zonen-Eroberungsmodus gespielt werden. Bei den Waffen kommen hier auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Fahrzeugen richtig zum Vorschein: das Polizeiauto schießt mit einer Schrotflinte, das Feuerwehrauto spült Feinde mit einem Wasserstrahl von der Strecke und der Panzer schießt kraftvolle Projektile über weite Distanz. Insgesamt stehen vier Angriffsmöglichkeiten pro Fahrzeug zur Auswahl, sowohl offensive als auch defensive Taktiken sind möglich.

Der Modus, der für mich persönlich das Highlight darstellte, war „Ausscheidung“: 6 Spieler fahren auf einem Rundkurs gegeneinander, wobei weit zurückliegende Fahrer aus dem Rennen ausscheiden. Nach 30-40 Sekunden steht ein Sieger und es folgt eine erste Punktevergabe – wiederholte Rennen kristallisieren schließlich einen Sieger heraus. Gerade weil Micro Machines in einigen Momenten sehr unterhaltsam sein kann, ist es schade, dass es recht häufig zu Verbindungsabbrüchen kommt. Oder dass das Matchmaking mich den Spielmodus nach jeder Runde neu auswählen lässt. Und am ernüchternsten ist die Tatsache, dass ich nur selten „echte“ Gegner vorgesetzt bekomme: viele der Spiele sind nur zur Hälfte mit weiteren Online-Spielern besetzt, der Rest wird vom Spiel mit vorhersehbaren KI-Gegnern aufgefüllt. Diese Faktoren schränken meine Freude am Spiel leider ziemlich ein- ohnehin birgt das Ranglistenklettern nur sehr wenige Anreize, mich langfristig mit dem Online-Modus zu beschäftigen. Auch lokal geht nicht viel: Rennen lassen sich offline nur alleine absolvieren und die recht spaßigen Schlachtfeld-Wettkämpfe werden auf minimale Versionen heruntergebrochen. Immerhin ermöglicht mir Micro Machines hier einige Mutatoren, mit denen ich Matches personalisieren kann. Zum neuen Couchmultiplayer-Hit wird das Spiel dadurch gewiss nicht, wer online mit einigen Freunden zusammen spielt, zieht vermutlich den größtmöglichen Spielspaß aus den wirren Rennen und Kämpfen.

Potenzial, das auf der Strecke bleibt

Besonders traurig finde ich, dass Micro Machines World Series diverse interessante Ansätze beherbergt, die lediglich an der Umsetzung bzw. Einbindung scheitern. Gut gefällt mir beispielsweise, dass ich die zwölf Fahrzeuge nach und nach optisch etwas verändern kann. Über Lootkisten schaltet man neue Skins oder Sprüche frei, die aber wegen ihrer fehlenden spielerischen Auswirkungen nur bedingt motivieren. Auch die Strecken haben Potenzial: nicht nur passen sie hervorragend zum Setting, auch bieten sie eine große optische Variation. Neben unterschiedlichen, teilweise angenehm anspruchsvollen Streckenverläufen waren es auch kleine Features, welche die Kurse ins Gedächtnis eingebrannt haben. Auf einem Horror-Schlachtfeld macht sich ein Ouija-Brett selbstständig und wird zur Gefahr, während euch auf bereits erwähnter Billiard-Strecke herumrollende Spielkugeln das Leben schwer machen. Alle Rennstrecken sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet und laden dank alternativer Wege und Abkürzungen zum experimentieren ein.

Wertung im Einzelnen
Gameplay
5
Umfang
3
Musik
4
Grafik
7
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