Sherlock Holmes: The Devil’s Daughter im Test

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Releasetermin: 10.06.2016

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Adventure, Detektivkrimi
Entwickler: Frogwares
Herausgeber: Bigben Interactive

 

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Die Entwickler von Frogwares bringen nun schon seit 14 Jahren Spiele zur allseits bekannten Kunstfigur Sherlock Holmes heraus. Auch wenn die Titel keine Auszeichnungen für ihre qualitativen Leistungen erhalten werden, sind insbesondere die neusten Spiele, allen voran “Crimes and Punishments”, durchaus charmante Detektiverlebnisse geworden. Führt Sherlock Holmes: The Devil’s Daughter diesen Trend fort? Wir haben es herausgefunden!

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Des Teufels Tochter

Auch wenn sich zu Sherlock Holmes eine regelrechte Videospielserie entwickelt hat, sind für das Spielen von The Devil’s Daughter keinerlei Vorkenntnisse nötig. Es kann natürlich nicht schaden, schon anderwertig mit der ikonischen Figur in Kontakt gekommen zu sein. Und auch Spielern der vorherigen Teile wird natürlich die ein oder andere angenehme Anspielung auf vergangene Ereignisse geboten. Doch verfügt der neue Titel eine in sich geschlossene Handlung, die auch Neulinge herzlich willkommen heißt. Die neuste Sherlock Holmes-Umsetzung wird in einer Abfolge von fünf Fällen erzählt, wovon die ersten vier vermeintlich nur wenig miteinander zu tun haben. Im fünften und finalen Auftakt aber gilt es, Schlüsse aus dem Vergangenen zu ziehen und das Gesamtbild zu betrachten.

The Devil’s Daughter präsentiert eine besondere Darstellung der Figur von Sir Arthur Conan Doyle: Holmes ist der Adoptivvater der schlagfertigen Katelyn, die eines Tages vor seiner Tür in der Baker Street steht, nachdem ihr Internat eine Überflutung heimgesucht hatte. Das Spiel versucht, die komplizierte Beziehung zwischen den ungleichen Figuren darzulegen. Die Geschichte um Kate und wie sie in der Obhut von Holmes landete, spielt eine zentrale Rolle in der übergreifenden Handlung. Auch die neue Nachbarin Alice wird zur tragenden Figur und sorgt mit ihrer Verbindung zum Übernatürlichen und Okkultismus für Geheimnisse. Die zersplitterte Beziehung von Vater und Adoptivtochter hat einige interessanten Momente zu bieten und auch die sich ergebende Gesamtstory hat mich gut unterhalten. Natürlich reicht die Figurendarstellung von Holmes sowie das Skript der Handlung qualitativ nicht an andere Umsetzungen der Vorlage heran. Auch typische Klischees werden erfüllt. Doch ließ mich die außergewöhnliche Ausgangslage letztendlich über die Schwächen gerne hinwegsehen.

Vier individuelle Fälle und ein großes Finale

Der Beginn jedes Falls zeichnet sich durch einen Auftraggeber oder ein Ereignis ab, das erste Anhaltspunkte liefert. Nun gilt es, neben dem “Tatort”, wenn es denn einen gibt, verschiedene Stationen aufzusuchen und sich auf Spurenjagd zu begeben. Sherlock Holmes steht dabei eine Karte von London zur Verfügung, auf der er per Kutsche voranschreitet. Manche Orte bieten größere Areale, die Holmes durchstreifen kann, während andere Orte lediglich kleine Zimmer zur Untersuchung bieten. Nicht nur die Suche nach Beweisen, sondern auch die Befragung von Zeugen und Verdächtigen steht hier im Vordergrund. Im Notizbuch ist jederzeit einzusehen, wie weit unser Fortschritt zum jeweiligen Fall ist. Fehlt beispielsweise noch eine wichtige Konversation, werden Spieler darauf hingewiesen.

Die Fälle sind dabei so aufgebaut, dass eine wichtige Erkenntnis zu einer neuen Spur führt. Dadurch ergibt sich eine fließende Struktur. Sind ausreichend Beweise gefunden und hilfreiche Aussagen angehört worden, werden die Schlüsse daraus gezogen. In den “Herleitungen” fügen sich die Funde nach und nach zu einem großem Bild zusammen, das Aufschluss über den Fallverlauf geben soll. Sherlock bestimmt über den Ausgang des Falls und entscheidet, was geschehen ist und wie er mit den beteiligten Verdächtigen umgeht. Moralische Entscheidungen kommen hier gelungen zum Zug. Das ist in der Theorie ein tolles Konzept, doch kommt es mit einer großen Schwachstelle daher. Egal wie Holmes beteiligte Personen einschätzt und welche Entscheidungen er trifft – das Spiel geht weiter und der Status des stets unfehlbaren Detektiven bleibt erhalten.

Einerseits wäre es tatsächlich interessant zu sehen, Sherlock Holmes mit einer fatalen Fehlentscheidung konfrontiert zu sehen. Andererseits ist der unantastbare Status der Figur durch die beliebte Vorlage auch zu verstehen. Spieler können im Notizbuch im Nachhinein einsehen, ob sie mit ihren Handlungen ins Schwarze getroffen haben oder nicht. Eine bedeutungsvolle Auswirkung hat eine Fehlentscheidung allerdings zu keinem Zeitpunkt. Das nimmt die Spannung aus den Entscheidungen und lässt Spieler die Fälle, wenn möglich, frühzeitig abschließen, was einmal mehr die Motivation zum vollständigen Abschluss nimmt. Es hat mir Spaß gemacht, möglichst alle Hinweise zu suchen, doch werden Spieler nicht dazu ermutigt. Ich hätte mich in diesem Punkt über eine andere, clevere Implementierung gefreut, auch wenn ich dennoch Spaß am Erkunden und Befragen hatte.

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Mit Spürsinn zur richtigen Herleitung – und mit viel Minispiel-Geschick

Inmitten der Reise durch London und Ermittlungen kommen diverse Minispiele zum Vorschein. Mal gerät unser Sherlock in einen Faustkampf in einer Kneipe, mal knackt er einen Safe oder sperrt verschlossene Türen auf. Mal gilt es, einen Balance-Akt in schwindelerregender Höhe zu meistern. Mal steht eine Bowls-Partie an. Diese Minispiele und Quick-Time-Events sind erstaunlich abwechslungsreich und spielen sich unterhaltsam. Wir schlüpfen beispielsweise auch in die Rolle von Watson oder des jungen Helfer Wiggins, kontrollieren kurzzeitig gar den Hund Toby, sodass durchaus für Abwechslung gesorgt ist. Großen Tiefgang hat dieses Spielgeschehen natürlich nicht. Doch ist es durch die gelegentlichen Minispiele in der Tat gelungen, die Ermittlungen mit kurzweiligem Spaß aufzufrischen.

Ich habe mich sogar an der Möglichkeit erfreut, Holmes ein neues Outfit und neue Gesichtsbehaarung spendieren zu können. Als Seelsorger macht der Detektiv nämlich optisch auch einen stimmigen Eindruck! Ebenfalls ein netter Aspekt im Gameplay sind Fähigkeiten von Holmes. So kann er dank “Visualisierungstalent” seine Vorstellungskraft nutzen und visuell darstellen, wie eine Szene in der Vergangenheit ausgesehen haben mag. Leider aber ist diese Fähigkeit nur in wenigen vorgegeben Momenten verfügbar. Ähnlich verhält es sich mit der “Detektivsicht” von Holmes. Mit dieser Mechanik lassen sich Tatorte gründlich durchleuchten, doch gibt das Spiel stets Preis, wann diese Begabung von Nutzen ist. Es wäre viel interessanter gewesen, frei über die Fähigkeiten verfügen zu können und selbstständig zu entscheiden, in welchen Momenten sie hilfreich sind.

Jeder Fall zieht eine Spielzeit von etwa 2-3 Stunden mit sich, was eine Gesamtdauer von rund 10-12 Stunden ergibt. Dank der unterhaltsamen Minispiele und dem guten Pacing innerhalb der Fälle baut sich ein guter Spielfluss auf – die Zeit geht im Nu vorbei. Die Spielzeit ist solide, doch sollten sich Spieler im Klaren darüber sein, dass es kaum einen Wiederspielwert gibt. Wer keine Minispiele überspringt, sollte gar nach einem einzigen Durchgang die Platin-Trophäe in der virtuellen Tasche haben!

Optisch mit tollen Ansätzen, akustisch mit gelungener Synchronisation

Grafisch macht The Devil’s Daughter gelegentlich einen sehr guten Eindruck, doch hat das Spiel auch seine hässlichen Momente. Viele Gassen in London sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet und allen voran die Innenausstattungen punkten mit knackig scharfen Texturen. Manch andere Umgebungen sind hingegen mit äußerst matschigen Texturen versehen. Die Figurenmodelle haben mir zudem fernab von den Protagonisten weniger gefallen. Sherlock und Dr. Watson wirken detailliert und so zeigen sich in den Gesichtern gar die Poren, doch herrscht dieser Detailgrad längst nicht bei allen Figuren. Weiterhin wirken die Animationen altbacken. Die Zwischensequenzen sehen wiederum aufwendig gestaltet aus und lassen Sherlock in einem guten Licht stehen.

Häufige Framerate-Einbrüche sowie Fälle von Tearing ziehen den Eindruck allerdings wieder herunter. Dazu gesellen sich nachladende, aufploppende Texturen und stolze Ladezeiten. The Devil’s Daughter hat optisch und technisch sicherlich Baustellen, doch hat es auch seine durchaus schönen Momente. Die Grafik zeigt, dass das Budget des Spiels nicht ganz an AAA-Titel heranreicht. Da mich das Spiel optisch aber das ein oder andere mal an Assassin’s Creed Syndicate (mit ähnlichem Setting) erinnert hat, ist The Devil’s Daughter durchaus ein Kompliment für die Umsetzung auszusprechen. An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal das fantastische Artwork erwähnen, das das Cover ziert. Die schaurige Darstellung von London mit Holmes und Watson im Vordergrund zählt sicherlich zu meinen Lieblings-Coverartworks der letzten Jahre.

Die Synchronisation der Figuren ist gut ausgefallen. Die deutschen Stimmen passen und so wird das Gesprochene zumeist glaubwürdig herübergebracht. Lediglich mit der Lippensynchronität hat man es nicht so ernst genommen, was aber zu verkraften ist. Gelegentliche englische Konversationen sind in den Straßen von London auch zu hören, was zur Atmosphäre beiträgt. Ein stimmiger Soundtrack unterstreicht die spannenden Situationen während Holmes Ermittlungen zudem. Ein überzeugendes Sounddesign sonstiger Effekte wie beispielsweise beim Öffnen von Türen rundet den Akustik-Aspekt gut ab.

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Sherlock Holmes: The Devil’s Daughter – Fazit

Sherlock Holmes: The Devil’s Daughter ist ein gelungenes Abenteuer um die ikonische Figur. Auch wenn es wohl inhaltlich hochwertigere Umsetzungen in anderen Medien gibt, ist die Prämisse um den Adoptivvater Holmes eine interessante Idee. Die fünf zu lösenden Fälle konnten ebenfalls meine Neugierde wecken und so stürzte ich mich gerne in die Minispiele, die die Spurensuche und Befragungen mit kurzweiligen Aktionen zu unterstützen wissen. Ich hätte mir jedoch gewünscht, weitaus weniger an die Hand genommen zu werden. Holmes verfügt über einzigartige Fähigkeiten, doch kommen diese quasi nur an vorgesehenen Stellen zum Einsatz – verschenktes Potential. Auch die effektive Unfehlbarkeit des Detektivs raubt dem Titel einiges an Spannung. Alles in Allem ist The Devil’s Daughter jedoch ein unterhaltsames Abenteuer, an dem Holmes-Fans sicherlich ihren Spaß haben werden. Wer auf der Suche nach einem guten Detektivspiel ist, sollte ebenfalls einen Blick wagen.

 

Positiv-Icon Interessante Prämisse mit gelungenen Charakteren

Positiv-Icon Fünf recht spannende Fälle

Positiv-Icon Tolle Struktur beim Ermittlungsvorgang

Positiv-Icon Minispiele und Quick-Time-Events frischen das Geschehen willkommen auf

Positiv-Icon Grafik hat ab und zu schöne Ansichten vorzuweisen

Positiv-Icon Deutsche Synchro überzeugt, stimmige Soundeffekte und Soundtrack

Negativ-Icon „Visualisierungstalent“ und „Detektivsicht“ verschenken Potential: Nur an vorgegebenen Stellen nützlich

Negativ-Icon Fehlentscheidungen ohne Bedeutung: Holmes als unfehlbarer Detektiv

Negativ-Icon Teils grenzwertige Performance-Probleme, zudem mit optisch wirklich hässlichen Momenten

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Hey Leute, ich bin der Dominik, Redakteur, und stürze mich für euch gerne in die aktuellsten News und Reviews der PS4 :)