mafia-3-packshotReleasetermin: 07.10.2016

 

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Adventure
Entwickler: Hangar 13
Herausgeber: 2K Games

 

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Meine Erwartungen an Mafia 3 waren vor der Veröffentlichung ziemlich zwiegespalten. Besonders mit dem ersten Mafia hatte ich in der Vergangenheit sehr viel Spaß und der erste Trailer fing meine Aufmerksamkeit sofort mit seiner Atmosphäre ein. Als der Release zunehmend näher rückte, gab es aber einiges, was meine Vorfreude wieder maßgeblich senkte. Die im Voraus gezeigten Gameplayszenen beeindruckten mich nicht wirklich und schon als man das Spiel auf der gamescom 2016 nicht anspielen konnte, befürchtete ich, dass man bei den Entwicklern nicht vollkommen vom Spiel überzeugt sei. Um den Releasetermin herum sorgte das Spiel von Hangar 13 dann für Negativschlagzeilen, weil keine Testmuster vor der offiziellen Veröffentlichung herausgegeben wurden und Spieler große Kritik, unter anderem an der KI, äußerten. Doch ist Mafia 3 wirklich ein solcher Reinfall, oder wurde es Opfer von zu hohen Erwartungshaltungen der Fans?

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Zwischen Rassismus und dem Verlangen nach Rache

Angesiedelt ist Mafia 3 Ende der 60er-Jahre in New Bordeaux, welches dem New Orleans in jener Zeit nachempfunden ist. Hauptfigur ist Lincoln Clay, ein Schwarzer, der in der Vergangenheit als Soldat in Vietnam gedient hat. Er ist durch seinen Pflegevater Teil der afroamerikanischen Mafia, die zu dieser Zeit aber bei Weitem nicht die einzige Gruppe organisierter Verbrechen in New Bordeaux war. Kurz nach seiner Rückkehr in seine Heimat kommt es zu einem Aufeinandertreffen mit der italienischen Mafia unter Don Sal Marcano, das mit einem blutigen Kampf und der Auslöschung von Lincolns gesamter Familie endet. Auch er selbst überlebt nur knapp mit einer Schusswunde am Kopf. Nachdem er wieder genesen ist, steht für ihn eines fest: er möchte Rache.

Doch die Geschichte von Mafia 3 auf eine einfache Rache-Story herunter zu brechen, würde dem Spiel keinesfalls gerecht. Im Mittelpunkt steht hier viel mehr das generelle Setting, das im Jahre 1968 ein New Bordeaux inszeniert, welches von Rassismus beherrscht wird. Dies beginnt bei abwertenden Kommentaren, die euch Passanten im Vorbeigehen zuwerfen, wird aber besonders innerhalb der Storymissionen umfangreich behandelt. Man sieht der Stadt seine kulturelle Diversität an, besonders weil sie auch spielerisch mehrfach Auswirkungen hat. Begeht ihr in der offenen Spielwelt ein Verbrechen, indem ihr ein Auto klaut oder auch jemanden auf offener Straße umbringt, wird es oft jemand gesehen haben, der anschließend zur nächsten Telefonzelle läuft um das Vergehen zu melden. Wie ihr anschließend über den Polizeifunk hören könnt, kommt es ganz auf das betroffene Stadtviertel an, mit welcher Einstellung die Gesetzeshüter agieren. Während sie in Teilen von New Bordeaux, die überwiegend von Weißen bewohnt sind, schnell zur Stelle sind, hört ihr in afroamerikanisch besiedelten Vierteln Sätze wie: „In Delray Hollow gab es ein Verbrechen durch einen Schwarzen. Wer Zeit hat, kann ja mal vorbeischauen.“.

Hohe Authentizität und beeindruckende Erzählweise

Auch wenn die Welt aus Mafia 3 noch lange nicht an den Detailgrad, die Lebhaftigkeit oder den Umfang eines Los Santos heranreicht: New Bordeaux hat Charakter und ist vor allem authentisch. Dazu tragen nicht zuletzt auch die glaubhafte Innenarchitektur der Gebäude, der Kleidungsstil oder die hervorragenden Radiosender bei. Der Soundtrack ist fantastisch und besonders mit den im Radio gespielten Songs der damaligen Zeit, fühlt man sich sehr zurückversetzt. Man hat hier auch auf die richtigen Lizenzen gesetzt, wundert euch also nicht wenn ihr Klassiker wie Paint it Black von den Rolling Stones zu hören bekommt. Bei den Radiosendern hat es mir gefallen, dass auch Bezug auf aktuelle Ereignisse im Spiel genommen wird. Kam es also erneut zu einer Auseinandersetzung mit feindlichen Verbrecherorganisationen, berichtet der Radiosprecher anschließend auch mal von ungeklärten Schusswechseln am vergangenen Tag.

Um sich an Sal Marcano zu rächen, gilt es für Lincoln Clay allerdings, einige Umwege in Kauf zu nehmen. Genau genommen ist es sein Plan, die ganze Stadt nach und nach unter seine Kontrolle zu bringen, wozu er die kriminellen Organisationen der Stadt unter seiner Führung vereinen möchte. Drogenhandel und Prostitution sind nur zwei der verschiedenen Verbrechensfelder, die in New Bordeaux vertreten sind. Ihr lernt demnach eine Menge unterschiedlicher Charaktere kennen, von denen jedoch mindestens genauso viele blass bleiben, wie es vielschichtig charakterisierte Figuren gibt. Die Story ist besonders deswegen packend, da sie erstklassig inszeniert wird. Rückblenden, dynamisch gefilmte Dialoge, hübsche Zwischensequenzen und Dokumentarfilme aus der Zukunft, die zwischen den einzelnen Kapiteln eingespielt werden – Mafia 3 verpasst dem ohnehin interessanten Storygerüst durch seine Inszenierung einen tollen Anstrich.

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Langweiliges Missionsdesign

Doch so toll die umfangreiche Beschreibung der Erzählung und des Settings auch klingt, folgt ab nun der eher durchwachsene Teil von Mafia 3. Spielerisch ist das neuste Werk von Hangar 13 nämlich absolut uninspiriert, durchschnittlich und wirkt an einigen Stellen sogar beängstigend unfertig. Grundsätzlich folgt man hier der altbekannten Open-World-Formel. Ihr werdet von Mission zu Mission geschickt, fahrt oder lauft dazwischen in New Bordeaux herum und bekommt ab und an noch die ein oder andere Nebenaufgabe auferlegt. In den Hauptmissionen erwartet euch dann aber überwiegend absolute Standardkost. Der Großteil der Kapitel läuft nämlich nach dem gleichen Schema ab: Redet mit einer Person, bringt etwas über den zu erobernden Stadtteil in Erfahrung, schwächt das dortige Geschäft ab (zerstört Schränke in Lagerräumen, tötet wichtige Personen, sprengt etwas in die Luft) und wartet bis die oberste Instanz sich in den Standort begibt, um diese zu töten oder sie anzuwerben.

Zwar sind es manchmal die Drogenvorräte, die ihr zerstört, während ihr an anderer Stelle Prostituierte befreien müsst, grundsätzlich macht das aber für das Gameplay keinerlei Unterschied. Hier gibt es sogar Backtracking am laufenden Band, weil ihr mehrmals innerhalb eines Kapitels den gleichen Schauplatz besichtigen müsst. Selten bekommt ihr es dann auch mal mit anderen Missionstypen zu tun, bei denen ihr euch etwa eine Verfolgungsjagd liefert oder ihr jemanden mit dem Scharfschützengewehr aus der Entfernung vor Feinden beschützen müsst. Das lockert das Geschehen zumindest etwas auf und durchbricht das überwiegend gleichbleibende Schema.

Mit Schleichen und Schießen zum Ziel

Das generelle Schleich- und Schießgameplay aus der dritten Person funktioniert weitestgehend gut, bringt aber auch keine wirklich neuen Ansätze in das Genre. Infiltriert ihr eine Lagerhalle, ist diese stets von diversen Kriminellen besetzt, die euch, sobald sie euch entdecken, nach dem Leben trachten. Ihr könnt selbstverständlich einfach loslaufen und versuchen die Gegnermassen niederzustrecken, wesentlich mehr Spaß hat mir hier aber das heimliche Vorgehen gebracht. Das Deckungssystem funktioniert nach kurzer Eingewöhnungzeit gut und es lassen sich die meisten Storymissionen auch problemlos ohne Schießereien lösen. Im Nahkampf könnt ihr die Gegner still ausschalten und wenn euch mal mehrere Feinde den Weg versperren, könnt ihr über einen Knopfdruck einen Ablenkungspfiff machen. Hierdurch wird sich eine der Personen in eure Richtung begeben, damit ihr diese lautlos ausschalten könnt. Da sich durch das Pfeifen komischerweise auch die anderen Personen in ganz andere Richtungen bewegen, macht es einem diese Methode jedoch fast schon zu einfach. Verwanzt ihr Verteilerkästen in der nahen Umgebung, könnt ihr außerdem durch einen Druck auf das Touchpad die Umrisse aller Gegner, auch hinter Wänden, erkennen.

In puncto Waffen stehen euch die üblichen Kategorien zur Verfügung: Pistolen, Gewehre und Schrotflinten, aber auch Granaten oder Molotovcocktails. Die Waffen machen in ihrer Benutzung allesamt viel Spaß, die sehr effektiven Molotovcocktails stören aber auch hier in meinen Augen etwas die Spielbalance. Indem ihr weiter im Spiel voranschreitet, schaltet ihr zudem Verbündete frei, die euch mit verschiedenen Methoden zur Seite stehen. Ohne Aufpreis könnt ihr so zum Beispiel später jederzeit einen Waffenhändler anfordern, der euch mit Waffen, Verbesserungen und Munition ausstattet. Oder auch einen Service, der euch einen fahrbaren Untersatz vorbei bringt, wenn ihr mal einen benötigt. Gegen sogenannte „Gefallen“, die ihr euch im Laufe des Spiels verdienen könnt, könnt ihr später auch Unterstützung in Form von Verbündeten im Kampf anfordern.
Auch wenn sich einige der Missionsschauplätze, wie etwa ein verlassener Vergnügungspark, sehr ins Gedächtnis gebrannt hat, wiederholen sich eure spielerischen Abläufe in Missionen sehr oft. Gebäude und Höfe ähneln sich schließlich sehr und auch wenn die Kisten oder Autos mal anders stehen, gibt es nur selten Szenerien, die wirkliche Highlights darstellen.

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Grobe Schnitzer bei Technik & KI

Doch am schlimmsten finde ich die Tatsache, dass Mafia 3 nicht zu unrecht beschuldigt wird, von Fehlern übersät zu sein. Obwohl die Grafik des Spiels außerhalb der Zwischensequenzen ohnehin nicht herausragend ist, wird sie ständig durch kleine Makel gestört. Fehlerhafte Lichteffekte, unnatürliche Wetterwechsel, hässlich aufpoppende Objekte, komische Ghosting-Effekte, Asynchronität bei Lippenbewegungen, merkwürdig starre Animationen oder komisch liegende, herumzappelnde Leichen – die Liste mit Sachen, welche das Spielerlebnis bei Mafia 3 einschränkten, ist lang. Dazu kommen die oft diskutierten KI-Fehler. Die Gegner agieren inkonsequent in ihrer Suche nach Lincoln oder tun sich schwer in ihrer Wegfindung, was dazu führt, dass sie ab und an zum Beispiel gegen Wände laufen. Es ist mir sogar passiert, dass ein Feind vor mir stand und einfach nicht schießen wollte. Das Spiel wird durch diese Vorkommnisse zwar zu keinem Zeitpunkt unspielbar, es ist aber nicht abzustreiten, dass Mafia 3 unbedingt noch weiteren Feinschliff benötigt hätte.

Wertung im Einzelnen
Story/Setting
8
Soundtrack
8
Gameplay
6
Grafik/Technik
5
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