Yomawari: Night Alone im Test

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yomawari-boxartReleasetermin: 29.10.2016

 

Medientyp: Karte, Download
Genre: Horror-Adventure
Entwickler: Nippon Ichi Software
Herausgeber: NIS America

 

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Wir befinden uns mal wieder mitten im Spieleherbst. Wie so oft sind Oktober und November gefüllt von hochkarätigen Spiele-Highlights, gigantischen Hypes und riesigen Verkaufserfolgen. Und irgendwo dazwischen erscheint Yomawari: Night Alone. Ein Spiel für die langsam aber sicher aussterbende Playstation Vita und dessen Name wohl bei kaum jemandem die Glocken läuten lässt. Auch ich hatte, bevor ich es testen durfte, noch nie von Yomawari gehört, warf mich folglich also ohne jegliche Vorrecherche oder Erwartungshaltung in das Vita-Spiel. Schlussendlich ließ sich damit vermutlich sogar die bestmögliche Spielerfahrung erreichen.

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Gelungenes Tutorial führt in die Geschichte ein

Also was ist Yomawari? Im Grunde handelt es sich bei dem Spiel von Nippon Ichi Software um einen Vertreter des Horrorgenres, welcher sich in einer 2D-Ansicht von oben präsentiert. In Zeiten in denen aktuelle Heimkonsolen von Gruselschockern mit fotorealistischer Grafik heimgesucht werden, lachen viele Leser jetzt wahrscheinlich auf. Doch wer sich auf der Playstation Portable oder der PS Vita schon einmal an Corpse Party herangetraut hat, weiß, dass auch 2D-Abenteuer mit richtiger Umsetzung sehr furchteinflösend sein können. Abgesehen davon verstecken sich in Yomawari: Night Alone auch einige Adventure-Aspekte und Schleich-Ansätze, doch dazu später mehr.

Zu Beginn befindet sich eure Spielfigur, ein junges Mädchen, auf einem abendlichen Spaziergang mit ihrem Hund Poro. In diesem Tutorial werdet ihr zunächst mit den grundlegenden Spielmechaniken und der Steuerung des Spiels vertraut gemacht. Neben eurer normalen Geschwindigkeit könnt ihr auch rennen sowie schleichen und um in der Dunkelheit besser sehen zu können, steht euch auch eine Taschenlampe zur Verfügung. Nähert ihr euch Objekten, mit denen eine Interaktion möglich ist, so erscheint über euch ein Fragezeichen. An einem Straßenrand liegt hier ein Stein auf dem Boden und ihr bekommt das Aufheben von Gegenständen beigebracht. Über die Dreiecktaste jetzt noch den Stein auswählen, ihn mit einem weiteren Tastendruck benutzen und dann der Schock: ihr werft den Stein auf die Straße, der Hund läuft hinterher und wird von einem Laster überfahren.

Studieren von Monstern steht im Mittelpunkt

Zuhause wartet Sis, die Schwester des Mädchens, doch an eine Beichte denkt unsere Spielfigur nicht. In der Annahme, Poro sei weggelaufen, macht sich nun Sis auf die Suche nach dem Tier. Nachdem diese jedoch nicht von der Suchaktion zurückkehrt, macht sich die Protagonistin auch erneut auf, doch wirkt in der dunkelheitgetränkten Stadt nichts mehr normal. Auf den Straßen befindet sich keine Menschenseele, stattdessen trefft ihr hier auf dämonenhafte Gestalten, die euch an verschiedenen Ecken auflauern. Einige bewegen sich auf euch zu, einige bleiben starr stehen aber eins haben alle gemeinsam: berührt ihr sie, sterbt ihr.

In unmittelbarer Nähe von diesen Gegnern beginnt plötzlich der Herzschlag des Mädchens hörbar anzusteigen. Neben der Signalisierung, dass sich etwas Feindliches nähert, sorgt dies auch dafür, dass sich die Ausdaueranzeige, die es euch ermöglicht zu rennen, wesentlich schneller leert. Trotzdem lassen sich die ersten schwarzen Gestalten mit Ausweichmannövern und schnellen Reaktionen leicht umgehen. Verfolgt euch mal eines der Monster, könnt ihr euch auch in Büschen oder hinter Schildern verstecken und warten, bis sich die Situation wieder beruhigt hat. Da ihr keine Möglichkeiten zum Angriff habt, fühlt ihr euch insbesondere beim Kontakt mit Gegnern, die ihr zuvor noch nicht gesehen habt, aufgeschmissen und schwach. Doch gerade die stückchenweise Analyse von den verschiedenen Gegnertypen macht einen großen Bestandteil von Yomawari aus. Alle Widersacher wirken auf den ersten Blick sehr bedrohlich und in ihrem Aussehen ist eines merkwürdiger und gruseliger als das andere. Doch durch Beobachtung aus der Ferne, Einstudierung von Patrollierrouten und dem Ausprobieren von verschiedenen Vorgehensweisen werdet ihr schlussendlich ein Schema erkennen und die Gefahr vermeiden können.

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Trial and Error in der atmosphärischen Stadt

Yomawari verfällt hierbei teilweise auch in klassisches Trial-and-Error, wovon sicherlich nicht jeder Fan ist. Lauft ihr auf bestimmten Wegen der Stadt entlang, zeigt euch das Spiel mit Sackgassen oder tödlichen Fallen, das ihr hier definitiv an der falschen Adresse seid. Selbiges gilt natürlich auch für die Gegner. Zunächst werdet ihr einige Fehlversuche bei den lebenden Felsbrocken haben, bis ihr versteht, dass sie nur auf das Licht eurer Taschenlampe reagieren. Ob ihr jetzt die Taschenlampe immer von ihnen wegleuchtet, sie ganz ausschaltet oder ihr sie mit aufgesammelten Fackeln ablenkt, bleibt euch überlassen. Nach einem Tod erscheint ihr schnell wieder, wobei bereits gesammelte Gegenstände im Besitz bleiben. Zudem gibt es überall in der Stadt verteilt sogenannte Juzo-Statuen, an denen ihr im Tausch gegen eine Münze einen Schnellspeicherpunkt setzen könnt, an dem ihr im Todesfall wieder neu einsetzt. Hier könnt ihr auch die Schnellreisefunktion zu anderen Statuen nutzen, was die generelle Geschwindigkeit erhöht und für weniger Frust sorgt.

Auch wenn ich Informationen zum Storyverlauf nur rar setzen möchte, generell werdet ihr euch natürlich mit der merkwürdigen Stadt, dem Verschwinden eurer Schwester und Auftritten des totgeglaubten Hundes so einige mysteriöse Sachen erleben. Die gesamte offene Stadt wird im Laufe des Spiels bereist und in Sachen Atmosphäre ergänzen sich die Optik, die durchgehende Stille und die Ungewissheit über die angsteinflössenden Gestalten sehr gut. Auch wenn es in den einzelnen Kapiteln immer wieder recht eindeutige Hinweise über das weitere Vorankomen im Spiel gibt, so werdet ihr in Yomawari definitiv nicht zu sehr an die Hand genommen und fühlt euch dadurch änhlich wie die Spielfigur über weite Strecken ziemlich allein. Zwischendrin erwarten euch auch simple Rätsel, die sich meistens auf das Benötigen von bestimmten Gegenständen für bestimmte Orte beschränken. Das Spiel streckt sich aber nicht künstlich, indem es euch für die Lösung quer durch die ganze Stadt schickt, sondern platziert beispielsweise den benötigten Gegenstand in der unmittelbaren Umgebung. Wer sich wirklich genau umschaut und auch auf optionalen Wegen der Stadt oder des anliegenden Waldes sucht, findet außerdem diverse Sammelgegenstände, darunter Briefe oder Notizen, mit möglichen weiteren Infos zur Geschichte.

Grafik und Musik mit großer Auswirkung auf die Atmosphäre

Gut gefallen hat mir auch die grafische Umsetzung des Spiels. Trotz der Tatsache, dass die geheimnisvolle Stadt in einem Comicstil präsentiert wird, hilft die düstere Darstellung, dem Spiel weitere Atmosphäre zu verschaffen. Das sehr homogene Bild der verloren wirkenden Stadt ist liebevoll zusammengesetzt und die unterschiedlichen Szenerien beherbergen ganz verschiedene Arten der Gruselstimmung. Die verschiedenen Monster haben zudem durchweg ein furchterregendes, seltsames Design. Rechnet mit den verschiedensten Stilen, Formen und Arten an Gegnern, die sich aber allesamt passend ins Gesamtbild einfügen. Dazu ist die Lichtsetzung sehr gelungen, nur wenige Laternen spenden Licht in der Stat, im dichten Wald seid ihr aber beispielsweise ausschließlich auf eure Taschenlampe angewiesen. Eine interessante Idee fand noch beim Verstecksystem ihren Einsatz: versteckt ihr euch hinter einem Busch, könnt ihr selbstverständlich nichts sehen. Dazu wird alles rund um die dichte Pflanze schwarz und nur über rote pulsierende Kreise könnt ihr die Positionen der Gegner grob abschätzen. Das ist nicht nur optisch eine tolle Lösung, auch spielerisch findet das Konzept eine kreative Einbindung.

Dazu kommt der durchgehende Herzschlag, der bei Gegneraufkommen mit erhöhter Rate ein starkes Mittendringefühl auslöst. Abgesehen davon dürft ihr aber mit keinerlei Musik rechnen. Yomawari versucht die Stimmung zu erreichen, indem es viel mit dem Unterbrechen von Stille arbeitet. Wenn mal ein Geräusch, beispielsweise ein Hundebellen oder ein Rascheln, auftaucht, seid ihr auf dieses aber natürlich wesentlich sensitivierter. Ich persönlich hätte mir aber, auch wenn ich die Intention der Entwickler hinter der Entscheidung, auf Musik zu verzichten, verstehe, ein wenig musikalische Untermalung gewünscht. Langsames Klavierspiel, leichtes Gitarrenzupfen oder ein eingebundenes Windhauchen hätten ja zum Beispiel schon gereicht, um den Eindruck von überwiegender Stille aufrechtzuerhalten. So bleibt beim Blick auf die Audio leider eine Menge verschenktes Potenzial.

Yomawari: Night Alone – Fazit

Und wie hat mir mein Ausflug in das völlig Fremde letztendlich gefallen? Yomawari: Night Alone hat mich wirklich gut unterhalten und die stetige Ungewissheit machte den großen Reiz des Spielerlebnisses aus. Die Stadt wirkt geheimnisvoll, das Verhalten der Spielfigur und insbesondere ihre Reaktion auf Ereignisse ist befremdlich und die mysteriösen Storyansätze lassen euch stets interessiert. Spielerisch bleibt der Vita-Titel zwar sehr schlicht, den Fokus habe ich aber sowieso bei der Atmosphäre gesehen. Die Spielwelt ist nicht nur optisch hübsch, sie bietet auch viele Möglichkeiten zur Erkundung und lässt euch abseits der Kapitel viel entdecken. Yomawari verwirrt den Spieler, lässt ihn Theorien über die Vorkommnisse aufstellen und weckt Interesse an das Ende des Spiels. Auch wenn ich den Einstiegspreis von etwa 40 Euro in Anbetracht des mittelmäßigen Umfangs etwas hoch angesetzt finde, so ist das Spiel definitiv einzigartig und Grund genug, die verstaubte Vita noch einmal aus der Schublade zu holen!

Positiv-Icon Sehr stimmiges Artdesign

Positiv-Icon Mysteriöse Geschichte mit interessanten Thematiken

Positiv-Icon Optische & spielerisch sehr verschiedene Gegnertypen

Positiv-Icon Juzo-Statuen für Schnellspeichern und -reise verhindern Frust

Negativ-Icon Geräuschkulisse, aber keine wirkliche Musik

Negativ-Icon Spielerisch überwiegend unspektakulär

Negativ-Icon Im Verhältnis recht hoher Preis

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