Releasetermin: 02.08.2016

 

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Adventure
Entwickler: Giant Squid
Herausgeber: 505 Games

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Vor ziemlich genau fünf Jahren beeindruckte mich mit Journey ein Videospiel auf eine ganz andere Weise als alle anderen Spiele zuvor. Nicht nur verfolgte das Spiel von Thatgamecompany einen einzigartigen künstlerischen Ansatz in seiner Gestaltung und der Musik, auch mit seiner überraschenden Online-Komponente begeisterte mich das Spiel und ließ mich wie kein anderer Titel über die Möglichkeiten des Mediums Videospiele nachdenken. Auch Abzû, das im August letzten Jahres erschienen ist, wirkt auf den ersten Blick wie ein Spiel, das einen ganz ähnlichen Ansatz verfolgen könnte. Nicht ohne Grund, schließlich stammt der Titel von Giant Squid, dem neuen Entwicklerstudio von Matt Nava. Nava war bereits bei Journey und dem geistigen Vorgänger Flower als Art Director tätig und hat, wie unschwer zu erkennen ist, auch wieder bei Abzû seine merkbare Pinselführung hinterlassen. Im Januar erschien Abzû auch endlich als Retail-Version im Handel, ob sich der Ausflug in die Tiefen des Meeres lohnt, klären wir im Test.

Einzigartige Unterwasserbilder

Abzû ist eine Reise. Wer schon einmal ein vergleichbares Spiel gespielt hat, der weiß, dass es keine Spielmechanik braucht, um den Spieler für die gesamte – zugegeben recht kurze – Spieldauer an den Fernseher zu fesseln. In Abzû ist zunächst unklar, wer oder was der Taucher ist, mit dem ich zu Beginn einen Ausflug in die Meerestiefen starte. Ich steuere den geübten Schwimmer und kann von Zeit zu Zeit mit Objekten in der Umgebung interagieren, viel mehr ist in Abzû aber nicht zu tun. Mehr machen will ich jedoch auch gar nicht, denn schon wenige Sekunden nachdem ich ins Wasser abgetaucht bin, bin ich verliebt. Ich bin verliebt in die unglaublich schönen Unterwasserwelten, die das Spiel abbildet. Ich bin beeindruckt, wie sich die Unterwasserpflanzen zur Strömung biegen, auf welche Art das Tageslicht ins Wasser eindringt und was für eine riesige Vielzahl unterschiedlicher farbenfroher Fischschwärme ich schon in Kürze erblicke. Der Cel-Shading-Artstyle von Abzû besticht nicht nur mit intensiven Farben, sondern verändert sein Farbspektrum auch ständig so, dass sich die verschiedenen Unterwasserschauplätze wie gänzlich unterschiedliche Welten anfühlen.

Abzû erklärt zu Beginn drei Steuerungsbelegungen, doch steht fortan für sich selbst. Was meine Aufgabe ist, weiß ich nicht. Doch das Spiel schafft es, mich zu leiten, ohne mich künstlich einzusperren. Ich sehe an gewissen Stellen Licht, Schatten oder etwas Merkwürdiges – und schwimme hin. Schalter umlegen ist vielleicht noch das, was am ehesten als Spielmechanik einzustufen ist, doch selbst die Fälle in denen diese winzigen „Rätsel“ auftreten, kann ich beinahe an einer Hand abzählen. Ich finde kleine schwimmende Maschinen, ich sehe Übernatürliches und suche nach Erklärungen für diese geheimnisvolle Welt. Gar nicht so einfach, denn mein Taucher bleibt stumm und auch ansonsten gibt es keinerlei Text oder Sprachausgabe. Teilweise nehme ich mir sogar Zeit und studiere die Wandmalerei auf der ständigen Suche nach Informationen. Trotzdem fühle ich mich dank der vielen Meeresbewohner nie allein – außer an den Stellen, an denen die Entwickler es so wollten. Zusätzlich bin ich in ständiger Begleitung des absolut erstklassigen orchestralen Soundtracks von Austin Wintory (Journey, Assassin’s Creed: Syndicate), der genauso in Höhen und Tiefen variiert wie die Farben des Spiels – die Atmosphäre meiner Reise wird hierdurch getragen. Ich merke langsam: Abzû ist ein audiovisuelles Erlebnis.

Der fehlende Funke

Abzû hat nicht einmal Spielfilmlänge. Nach weniger als eineinhalb Stunden ist die Unterwasserreise beendet – schwierig also, in den Zeilen dieses Tests nicht schon zu viel vorweg zu nehmen. Doch irgendwie erzählen die Entwickler von Giant Squid auch keine wirkliche Geschichte. Es gibt zwar kleine Ansätze, es gibt viel an freiem Interpretationsraum und ich frage mich was das, was ich hier eigentlich mache bewirkt – doch so wirklich viel kommt dabei leider nicht rum. Abzû arbeitet auch mit Dunkelheit und Gefahr, doch sobald ein Herd der Bedrohlichkeit entfacht ist, macht das Spiel nicht mehr viel damit und lässt in meinen Augen sehr viel Potenzial auf der Strecke. Ich habe erwartet, dass am Ende nach langem Aufbau ein großer Wow-Effekt folgt, doch viel mehr als weitere beeindruckende Bilder bringt Abzû an dieser Stelle leider nicht zustande.

Wertung im Einzelnen
Grafik
9
Musik
9
Erzählung
7
Preis-/Leistungsverhältnis
7
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