Releasetermin: 05.06.2018
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Adventure, Stealth
Entwickler: Lince Works
Herausgeber: Lince Works
Stealth-Spiele werden heutzutage immer seltener entwickelt. Neben Hitman und bis vor kurzem auch noch die Metal Gear Solid-Serie gibt es gerade im AAA-Bereich nicht mehr viel, das sich um spannende Schleichaction dreht. Hin und wieder wird das Genre aber auch durch talentierte Indie-Entwickler mit gelungenen Spielen erweitert. So geschehen im Falle von Aragami, das 2016 für PC und PS4 erschienen ist. Da der Titel scheinbar recht erfolgreich war, brachte Entwickler Lince Works nun einen neuen DLC zum Spiel heraus. Aragami: Nightfall kostet 9,99€ und richtet sich an all diejenigen, die das Hauptspiel bereits besitzen. Wer den Titel bisher nicht erlebt hat, erhält mit der Aragami: Shadow Edition ein Gesamtpaket bestehend aus dem hauptsächlichen Abenteuer und dem DLC für insgesamt 24,99€.
Da ich Aragami im Voraus noch nicht gespielt hatte, war dieses Angebot perfekt für mich. Ich werde euch zunächst berichten, wie mir das Hauptspiel gefallen hat und komme anschließend auch auf den Zusatzinhalt zu sprechen.
Das Erwachen des Schattenkriegers
Das mysteriöse Mädchen Yamiko erweckt Aragami, einen untoten Attentäter, zum Leben. Yamiko erklärt, dass sie selbst, wie sie vor Aragami steht, nur eine Art Projektion ist. Ihr Körper wird von der Armee des Lichts gefangen gehalten und sie bittet Aragami, sie zu retten und sich unterwegs an den Kriegern der Armee zu rächen. Gemeinsam mit dem Abbild von Yamiko lernt Aragami seine Kräfte kennen, die er als sogenannter “Schattenkrieger” inne hat. Der Spieler macht sich auf zur Festungsstadt Kyuryu, in der Yamiko eingesperrt wurde, und erfährt auf seiner Reise mehr über die wahren Hintergründe der mythischen Aragami-Figur.
Die Geschichte wird anhand von In-Game-Szenen und Zeichnungen erzählt. Es wird zwar deutlich, dass die Entwickler nicht viel Geld hatten, um die Story bombastisch zu inszenieren. Dennoch hat die Handlung Charme und weiß mit netten Impulsen und Wendungen zu unterhalten. Unterm Strich ist die Story nicht wirklich etwas Besonderes, sie umrahmt das Spielgeschehen aber passend und macht das Gesamtpaket zum runden Erlebnis.
Recht simple Stealth-Mechaniken, mit denen man aber viel Spaß haben kann
In Aragami durchstreift der Spieler insgesamt 13 verschiedene Level. Diese sind größtenteils linear aufgebaut, haben aber zwischendrin immer wieder weitläufige Areale. Zumeist lautet das Ziel, quer durch das Level zu kommen, ein Objekt zu besorgen und den Schauplatz unentdeckt wieder zu verlassen. Ebenso kommt es häufig vor, dass sogenannte Lichtbarrieren den weiteren Fortschritt blockieren. Daher muss man diese im Gebiet erst finden und zerstören, bevor man zum Ende des Levels gelangen kann.
In jedem Level sind eine Vielzahl von Wachen verteilt, die verhindern sollen, dass sich ein Eindringling durch die Areale begibt. Manche Feinde sind stationär platziert, bleiben also ohne äußere Einflüsse immer an derselben Stelle. Die meisten Wachen jedoch laufen bestimmte Patrouille-Routen, die es zu beobachten gilt. In der Rolle des Aragami haben wir verschiedene Wege um an unser jeweiliges Ziel zu kommen. Wir können komplett gewaltfrei durch das Level huschen, ohne gesehen zu werden und ohne einen Feind zu erledigen. Das gestaltet sich äußerst schwierig. Realistischer ist also, dass wir unterwegs einige Wachen erledigen – oder gar alle eliminieren, einen nach dem anderen.
Aragami kann sich frei bewegen, trägt aber nicht umsonst den Titel “Schattenkrieger”. Im Schatten ist der Protagonist deutlich schwieriger für die Feinde zu erkennen, weshalb man häufig im Dunkeln bleiben sollte. Ebenfalls präsentiert das Spiel ein Konzept, das “Schattenessenz” heißt. Der Umhang von Aragami verrät, wie viel dieser Essenz quasi aufgefüllt ist. Bleiben wir für rund 5 Sekunden im Schatten, füllt sich diese Einheit vollständig auf und stellt zwei Spielmechaniken zur Verfügung. Zum einen kann Aragami von Schatten zu Schatten springen. Dies verbraucht pro Sprung etwa ein Viertel der Schattenessenz und ist das hauptsächliche Spielelement des Titels. Zum anderen kann Aragami durch Nutzung der Essenz temporär Schattenstellen kreieren. Mit Hilfe dieser künstlichen Schatten kann Aragami auch Stellen anspringen, die sonst hell beleuchtet wären.
Der Hauptcharakter kann natürlich auch normal laufen und gar rennen, doch eignet sich der Schattensprung dafür, direkt hinter einen Feind zu springen und diesen lautlos zu erledigen – oder ganz zu umgehen. Nähern wir uns einer Wache, führen wir mit der Viereck-Taste ein blutiges Vollstreckungsmanöver durch. Nahe am Gegner dran zu sein, ist dabei essentiell – sieht uns der Feind aus der Entfernung, zückt er sein magisches Schwert und schickt einen tödlichen Angriff auf Aragami los. In 90% der Fälle bringt da nicht einmal Wegrennen etwas. Wir sollten daher tunlichst vermeiden, entdeckt zu werden. Auch wird es zum Problem, wenn Wachen Leichen entdecken. Dann wird schnell Alarm geläutet und alle Feinde in der Umgebung schwirren aus.
Zu Beginn tat ich mich schwer mit dem Geschehen. Immer wieder wurde ich entdeckt. Ebenfalls wurden ständig meine Leichen gefunden, was die Angelegenheit nur stets schwerer machte. Anfangs ärgerte ich mich über unfaire Checkpoints. Diese aktiviert man nämlich in Form von Schreinen selbst, doch befinden diese sich zumeist vor weitläufigen Arealen. Hier lassen sich dutzende Feinde blicken. Und auch wenn man schon fast alle getötet hat, kann eine kleine Unachtsamkeit dazu führen, dass man diese Stelle von vorne beginnen muss, da man noch nicht den nächsten Speicherpunkt erreicht hat. Nach und nach aber gewöhnte ich mich an die Laufmuster der Feinde. Mit steigender Versuchszahl wurde ich sicherer in meinem Vorgehen und lernte, bis zur letzten Wache eines Gebiets größte Vorsicht walten zu lassen. Außerdem kommt nach wenigen Stunden ein Element zum Tragen, das Aragami zum mächtigeren Schattenkrieger macht: ein Fähigkeitssystem.
Pro Level sind etwa fünf bis sechs Schriftrollen verteilt, die aber viel weniger optionale Sammelobjekte als vielmehr wichtiger Spielaspekt sind. Mit den Schriftrollen können neue Fertigkeiten freigeschaltet werden. Diese sind unterteilt in drei Kategorien. Die erste beschäftigt sich mit allgemeinen Aragami-Fähigkeiten. Die anderen beiden schalten neue Techniken frei, die wiederum in defensive und offensive Varianten unterteilt sind. Jede Technik kann zweimal eingesetzt werden, bevor sie beim nächsten Checkpoint wieder aufgeladen wird. Man kann die Fähigkeiten also nicht unendlich oft nutzen, sondern sollte sie überlegt und der Situation angepasst aktivieren.
Da gibt es auf der defensiven Seite beispielsweise die Möglichkeit, sich kurzzeitig unsichtbar zu machen oder eine Art Schattenklon zu erschaffen, der Wachen verwirren und ablenken soll. Die offensiven Techniken sind hingegen primär darauf ausgelegt, die Feinde zur Strecke zu bringen. Beim Kunai-Angriff erledigt man per Fernangriff einen Gegner in weiter Distanz. Mit dem Shinen-Skill legt man eine Art Mine, die Gegner bei manueller Betätigung in unmittelbarer Distanz in eine Art schwarzes Loch zieht. Die Fähigkeiten haben deutlich dazu beigetragen, dass mich Aragami grundsätzlich gut unterhalten hat. Es hat Spaß gemacht, die Fähigkeiten kennen zu lernen und aufzustufen. Insgesamt stehen zwar nur eine Handvoll Techniken bereit, doch sind sehr nützliche Varianten darunter. Am besten hat mir die Möglichkeit gefallen, getötete Feinde verschwinden zu lassen. Dadurch gehörten ausgelöste Alarme durch entdeckte Leichen der Vergangenheit an.
Probleme mit der Steuerung, der Abwechslung und dem lästigen Wasser
Während das Geschehen insgesamt gut umgesetzt wurde und man nach einigen Versuchen für gewöhnlich immer eine gute Herangehensweise entwickelt, ist das Spiel nicht frei von Fehlern. Am meisten hat mich gestört, dass sich die Steuerung nicht absolut präzise anfühlt. Aragami steuert sich etwas schwerfällig. Besonders beim Schattensprung zeigt sich, dass es manchmal eine mühsame Angelegenheit ist, genau an den Punkt zu springen, den man im Blick hatte.
Auch hat mich unglaublich gestört, dass Aragami im Wasser stirbt. Mehrere Level haben Abschnitte, bei denen wir ins Wasser fallen können. Warum Aragami dabei stirbt, kann ich mir geschichtlich sogar halbwegs herleiten, da er als beschworener Schattenkrieger wohl einfach nicht zum Baden gemacht ist. Dennoch hat es mich sehr gestört, als ich während meines Durchgangs so einige Male durch die hakelige Steuerung aus Versehen im Wasser gelandet bin und dadurch den Abschnitt wiederholen durfte. Zu guter letzt möchte ich die schwankende Qualität der Level ansprechen. Im Großen und Ganzen hatte ich Spaß an jedem Kapitel, doch gibt es einige, die mir besser gefallen haben als andere. Das kam vor allem zustande, wenn zwei ähnliche Level hintereinander präsentiert wurden und sich das Geschehen dadurch etwas monoton spielte.
13 Kapitel und ein hoher Wiederspielwert
Insgesamt aber hat mir der gebotene Inhalt gefallen. Die meisten der 13 Kapitel bieten tolle Stealth-Action durch die etwas offeneren Areale, in denen man sein Vorgehen durchaus strategisch planen muss. Für die meisten Level habe ich grob eine halbe Stunde gebraucht. Es gibt zwar auch einige kürzere Kapitel, doch an anderen saß ich dafür auch mal fast eine ganze Stunde. Meinen ersten Durchgang hatte ich nach etwa fünf bis sechs Stunden fertig.
Danach ist aber noch nicht zwingend Schluss. Wer nach dem Ende der Geschichte noch nicht alle Schriftrollen gefunden hat, kann die Kapitel einzeln anwählen und die Sammelobjekte noch einmal suchen. Außerdem hat Aragami ein Medaillen- und ein Rangsystem. Es gibt “Siegel” für jedes Kapitel, in dem man gar nicht entdeckt wird, in dem man überhaupt keine Feinde und in dem man alle Feinde erledigt. Nach jedem Kapiteldurchgang wird weiterhin ein Rang vergeben, der damit zusammenhängt, wie schnell wir waren und wie erfolgreich unsere Spielweise war. Zudem gibt es drei verschiedene Schwierigkeitsgrade. Wer alle Siegel in allen Kapiteln und jeweils einen S-Rang erlangen möchte, blickt etwa 10 Stunden Spielzeit entgegen. Das ist für ein Spiel, das in seiner Basisversion derzeit 20€ kostet, nicht überragend, aber passabel. Zudem gab es das Spiel schon häufiger im Sale.
Noch unterhaltsamer im Online-Koop – leider kaum Fremde anzutreffen
Ich wusste vor dem Spielen nicht, dass Aragami auch über einen Online-Modus verfügt. Tatsächlich ist jedes Kapitel der Story auch mit einem Online-Koop-Partner spielbar. Dabei wählt der Host ein Kapitel und einen Schwierigkeitsgrad aus und wartet entweder, bis ein Fremder per Matchmaking dazustößt oder lädt einen Freund zum Spielen ein. Leider scheint die Anzahl der Online-Spieler nicht sehr hoch zu sein, sodass man quasi auf Freunde angewiesen ist, wenn man den Koop-Modus spielen möchte. Ich habe dies für ein Level ausprobiert und hatte großen Spaß mit dieser Möglichkeit. Es erleichtert das Geschehen, wenn man die Areale nicht alleine durchwandert, sondern noch einen Partner hat. Spricht man sich ab, ist auf diese Weise ein sehr spaßiges Koop-Erlebnis möglich. Während der Durchgang im Koop im Grunde genommen einfacher ausfällt, ist allerdings auch die Gefahr höher, entdeckt zu werden. Wird der Koop-Partner erwischt, müssen beide Spieler vom letzten Abschnitt aus neu starten.
Hübscher Look, aber von Performance-Problemen geplagt
Der Cel-Shading-Look ist das Erste, was mir bei Aragami aufgefallen ist. Gab es eine Zeit, in der mehrere Entwickler diesen Grafikstil nutzten, ist er heutzutage wieder seltener zu finden. Daher fand ich die Optik insgesamt recht ansprechend. Der Look verschleiert erfolgreich, dass die Texturen des Spiels nicht allzu detailliert ausfallen. Trotzdem kann Aragami mit einem netten Leveldesign und einigen hübschen Szenerien überzeugen.
Besonders gut gefallen hat mir, dass das Spiel auf klassische HUD-Elemente verzichtet. Stattdessen dient der Umhang des Protagonisten dazu, dem Spieler Auskunft über die besessene Schattenessenz zu geben. Ist diese leer, ist der Umhang rötlich eingefärbt. Beim Füllen der Essenz hingegen färbt sich die Anzeige allmählich weiß/bläulich. Auch die derzeit ausgewählte Schattentechnik wird mit einem Symbol auf dem Umhang angezeigt, ebenso die Anzahl der übrig bleibenden Aktivierungen. Solche kreative Umsetzungen finde ich zumeist sehr nett, zumal es in diesem Fall wirklich vorzüglich funktioniert und der Spieler stets alle benötigten Informationen parat hat.
Leider kommt die Grafik von Aragami mit Performance-Problemen daher. Nicht einmal auf der PS4 Pro ist eine stabile Framerate gewährleistet. In den Standardeinstellungen ist V-Sync aktiviert, wodurch das Spiel zumeist mit einer Bildrate von 30 FPS läuft. Bei Nutzung der Schattentechniken und bei Angriffen von Gegnern kann die Framerate allerdings immer noch ganz schön in die Knie gehen. Mit deaktiviertem V-Sync geht die Framerate gerne auch einmal über die 30 FPS-Grenze hinaus und erreicht etwa 40-50 FPS, wenn auf dem Bildschirm nicht viel passiert. Dadurch schwankt die Framerate aber sehr und auch ist unschönes Tearing häufig die Folge. An für sich ist die optionale Einstellung mit unbegrenzter Framerate eine nette Idee. Ich finde es aber schade, dass der Titel unabhängig vom Grafik-Modus regelmäßig unter 30 FPS fällt und teils starke Slowdowns auftreten. Eine Reduzierung aufwendiger Grafik-Effekte hätte ich eher begrüßt, um eine konsistente Bildrate sicherzustellen.
Die akustische Umsetzung ist sehr schön gelungen und hält ruhige Klänge für den Spieler parat, die perfekt zum Stealth-Abenteuer passen. Der eher minimalistische Soundtrack wird ergänzt durch recht schroffe Soundeffekte beim Hinrichten der Gegner. Auch wenn die Schläge der Feinde hin und wieder etwas zu laut herüberkommen, ist der Audio-Aspekt gut gelungen.
Nightfall-Erweiterung: More of the same
Aragami wurde Anfang Juni um einen DLC erweitert, der den Titel Nightfall trägt. Grob würde ich den Inhalt des Zusatzinhalts wie folgt umschreiben: “More of the same”. Nightfall geht sein Geschehen nicht vollkommen anders an, sondern bietet schlicht mehr von dem, was Aragami in petto hatte. Der Spieler hat die Wahl aus den beiden Hauptfiguren Hyo und Shinobu und erlebt eine Art Vorgeschichte. Hier spielen wir die Ereignisse, die dazu geführt haben, dass der Aragami gerufen wurde, was einmal mehr eine solide Story ausmacht. Nightfall kommt mit vier Kapiteln daher, die grundsätzlich ähnlich wie im Hauptspiel ausfallen, aber meiner Meinung nach etwas komplexer aufgebaut sind. Dadurch richten sie sich an erfahrene Spieler, die sich mit dem Spielgefühl schon zurecht gefunden haben.
Sehr gefreut hat mich, dass die erspielten Aragami-Fähigkeiten aus dem Hauptspiel erhalten bleiben. Die aktiven Techniken müssen wir uns diesmal nicht freispielen, sondern können sie von Beginn an nutzen. Eine Technik aus dem Hauptspiel ist erneut enthalten, drei weitere kommen neu dazu. Ich hatte grundsätzlich wieder viel Spaß mit den Techniken, finde aber, dass diese zu sehr auf die Ausschaltung von Gruppen ausgerichtet sind. Eine Rauchbombe mit recht großem Radius und ein Kunai-Schuss mit explosiver Sprengladung haben mich gut unterhalten, doch konnte ich sie nur selten mit voller Schlagkraft ausnutzen. Schön ist hingegen, dass erneut ein Koop-Erlebnis ermöglicht und gar ermutigt wird – schließlich sind mit Hyo und Shinobu diesmal zwei Figuren in der Story unterwegs. Das System um Schwierigkeit, Ränge und Siegel wurde übernommen, zudem werden die Schriftrollen als Sammelobjekte durch Katanas ersetzt.
Ich war nach rund 2 Stunden mit meinem ersten Durchgang fertig, was den Preis von 10€ nur bedingt gerechtfertigt. Wer allerdings großen Spaß an Aragami hatte, mehr von genau diesem Inhalt möchte und alle Ränge und Siegel erspielen möchte, wird definitiv auf seine Kosten kommen.