Releasetermin: 24.05.2019
Medientyp: Blu-ray Disc (PS4), Modul (Switch), Download (PS4, Switch, PC)
Genre: JRPG
Entwickler: Gust
Herausgeber: Koei Tecmo
Spricht man über tolle JRPGs, wird die Atelier-Serie leider nur selten erwähnt. Zugegebenermaßen bringen Trailer die Spiele der Reihe etwas kitschig herüber. Doch lässt man sich auf einen Titel ein, kann man für gewöhnlich ein gelungenes Kampfsystem und umfangreiche Crafting-Elemente erleben. Mit Atelier Lulua: The Scion of Arland ist auch in diesem Jahr wieder ein neuer Teil erschienen. Lohnt sich das bunte Rollenspiel und können auch Serien-Neueinsteiger Spaß mit dem JRPG haben? Diese Fragen versuche ich in meinem Test zu beantworten.
Alchemiestudentin auf großer Reise
Die Geschichte von Atelier Lulua ist durchaus auch für Neulinge verständlich. Konzipiert ist sie jedoch für Kenner der ursprünglichen Trilogie, die Atelier Rorona, Totori und Meruru umfasste. Lulua spielt einige Jahre nach den Geschehnissen dieser Trilogie. Da Atelier Lulua mit der angehenden Alchemistin Elmerulia Frixell, Spitzname Lulua, eine völlig neue Hauptfigur hat, sind Serien-Neueinsteiger ebenfalls willkommen. Ein Aspekt bleibt euch dann aber verwehrt: Als Langzeitfan kann man sich darüber freuen, die früheren Protagonisten, die nun vermeintlich erwachsener und erfahrener sind, wiederzusehen.
Zurück zur Story: Lulua möchte in die Fußstapfen ihrer Mutter Rorona treten und zur besten Alchemistin in ganz Arland werden. Eine große Rolle dabei spielt das sogenannte Alchemyriddle, das uns als mysteriöses Artefakt präsentiert wird, das nur Lulua lesen kann. Das Alchemyriddle schickt Lulua und eine Reihe von treuen Freunden quer durch die Arland Republik. Dabei entwickelt sie ihre Fähigkeiten in der Alchemie weiter, lernt aber auch neue Seiten des Kontinents und dessen Vergangenheit kennen. Die Geschichte ist nett aufgemacht und hat immer wieder schöne Momente auf Lager, wenn wir Luluas Entwicklung miterleben. Mit seiner fröhlichen und knallbunten Ausrichtung trifft das Spiel sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Die ganz große, epische Handlung bleibt aus, sodass euch bewusst sein sollte, dass Atelier Lulua sich eher auf die Figuren und die Interaktionen dieser konzentriert.
Ressourcensuche und Synthese als zentrale Spielmechaniken
Beim Konzept des Spiels hat sich im Vergleich zu den Vorgängern nichts verändert. Der Fokus liegt nach wie vor auf der Synthese von Gegenständen und Zaubertränken. Dem geht Lulua in ihrem portablen Wagen-Atelier nach. Sobald ihr ein Rezept zur Verfügung steht, kann sie das beschriebene Objekt anfertigen. Die nötigen Ressourcen zur Zusammenstellung muss sie sich zuvor jedoch in der Spielwelt beschaffen. Über eine große Weltkarte reisen wir von Ort zu Ort. Wichtige Zutaten lassen sich in der Umgebung am Boden finden, doch auch die Bekämpfung von umher streunenden Monstern kann zum Erhalt des gesuchten Objektes führen. Lulua stehen mit zunehmender Spielzeit außerdem neue Hilfsmittel wie beispielsweise eine Angel oder Dynamit zur Verfügung, die neue Interaktionen in den Umgebungen möglich machen. Es lohnt sich also, bereits besuchte Orte an einem späteren Zeitpunkt erneut aufzusuchen, um zuvor unerreichbare Stellen zu erkunden.
Haben wir alle benötigten Ressourcen beisammen, reisen wir zurück zum Atelier und können die Synthese starten. Diese gestaltet sich denkbar einfach. Als Spieler werden wir durch ein leicht verständliches Menü geführt, das die Erstellung der Objekte gut erklärt. Zumeist müssen Zutaten aus unterschiedlichen Kategorien ausgewählt werden. Individuelle Eigenschaften und eine Qualitätseinstufung der Ressourcen bestimmen wiederum die Qualität des resultierenden Gegenstands. Je nach Kreation und Zutaten lassen sich auch weitere Attribute während der Synthese festlegen. Mit zunehmender Synthese-Erfahrung steigt das Alchemie-Level, das Lulua mächtigere Gegenstände herstellen lässt. Das Alchemie-System ist wieder einmal der Aspekt, mit dem sich die Atelier-Reihe von anderen JRPGs abhebt. Spätestens im Endgame entfaltet sich dieses Element vollständig und macht die Erstellung extrem mächtiger Waffen und Hilfsgegenstände mit wahnwitzigen Werten möglich.
Ohne Zeitbegrenzung, leider aber mit monotonen Nebenmissionen
Wie jedes anständige JRPG hat Atelier Lulua eine Haupt-Questreihe, welche die Geschichte von Lulua vorantreibt. In dieser eröffnen sich zudem neue Gebiete, wir lernen außerdem viele neue und alte Figuren kennen. Darüber hinaus bietet das Spiel dutzende Nebenaufgaben, die bei bestimmten Charakteren in den größeren Städten in Auftrag genommen und abgeschlossen werden. Häufig müssen wir gewisse Gegnerarten in vorgegebener Anzahl erledigen. Ebenfalls häufig steht das Sammeln besonderer Ressourcen auf dem Plan. Je besser die Qualität der gefundenen Gegenstände ist, desto höher kann die Belohnung ausfallen. Habt ihr eine Reihe von Nebenquests gelöst, wird euch zumeist eine besonders schwierige Aufgabe in Form eines Bosskampfes aufgetragen. Trotzdem muss ich unterm Strich sagen, dass die Nebenaufgaben nicht die größte Stärke des Spiels sind.
Größtenteils fühlte es sich an, als würde ich die Nebenaufgaben ohne wirkliches Ziel erledigen. Das verdiente Geld hat mir nur in wenigen Situationen was gebracht und insgesamt war ich von den monotonen Aufgaben eher gelangweilt, wollte lieber die Geschichte vorantreiben. Besser gefallen hat mir das Konzept, das Alchemyriddle zu füllen. In den Seiten des Buches fehlen viele Details, die der Spieler füllen muss. Das geschieht durch Entdeckung wichtiger Stellen in den Arealen, durch Bekämpfung bestimmter Feinde und durch den Fund besonderer Objekte. Im Zuge der Story füllen wir ohnehin viele der Seiten, doch wir können uns auch zahlreichen optionalen Seiten widmen. Als Belohnung winken neue Rezepte, die unsere Möglichkeiten mit dem Synthese-System erweitern.
An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass Atelier Lulua keine Zeitbegrenzungskomponente hat. Frühere Teile gaben ein Zeitlimit vor, sodass man seine Spielaktivitäten gut überdenken musste. Wie bereits in den letzten Spielen der Reihe ist dieses System in Atelier Lulua aber nicht präsent. Die Synthese und auch die Reise kosten Zeit, allerdings hat dies keine Auswirkung. Oben links sehen wir jederzeit das aktuelle Datum, was jedoch keine Relevanz hat. Ich habe die daraus resultierende Freiheit im Spielvorgehen genossen.
Simples, jedoch spaßiges Kampfsystem
Obwohl sich in der Atelier-Serie primär alles um die Synthese dreht, kommt das Kämpfen nicht zu kurz. Die Gebiete, in denen sich Lulua und ihre Freunde herumtreiben, sind voll mit Monstern, die uns an den Kragen wollen. In den Arealen können wir die Gegner sehen, ihnen also auch ausweichen, wenn wir aktuell keine Lust auf einen Kampf haben. Dennoch müssen wir uns im Verlauf der Geschichte vielen Feinden stellen. Dies geschieht in einem rundenbasierten Kampfsystem. Am oberen Bildschirmrand signalisiert eine Leiste die Reihenfolge für Feinde und Verbündete. Ist ein Partymitglieder an der Reihe, können physische Angriffe und magische Manöver mit MP-Verbrauch gewählt werden. Lulua kann darüber hinaus ausgerüstete Objekte nutzen und beispielsweise kreierte Bomben werfen.
Das Partyaufgebot ist beschränkt auf drei Figuren. Zwei weitere stehen allerdings parat und greifen ein, wenn unsere Party zu viel Schaden eingesteckt hat. Zudem gibt es passive Hilfscharaktere, die bei bestimmten Angriffen auch zulangen dürfen.
In der Summe entsteht daraus ein recht solides Kampfsystem, das seinen Fokus auf Statuseffekte und die Reihenfolgenleiste legt. Angriffe können Figuren nämlich mit Statuseffekten wie Vergiftung oder Verwirrung versehen, die Folgeangriffe potentiell wirksamer machen. Außerdem können bestimmte Manöver die Abfolge der Charaktere verändern. So gibt es Attacken, die den Verwundeten einige Stellen in der Reihenfolge zurückwerfen und dem Angreifer eine Vorteilsstellung verschaffen. Abschließend können gewisse Figuren jederzeit einen “Interrupt” starten und unabhängig von der Reihenfolge sofort einen Angriff starten. Diese Fähigkeit kann insbesondere in Bosskämpfen sehr hilfreich sein und das Geschehen im letzten Moment zu unseren Gunsten entscheiden. Allzu komplex fällt das Kampfsystem nicht aus, und trotzdem bietet es seinen Spielern eine vielfältige Herangehensweise. Gerade wenn man einige Level über der angedachten Stufe ist, wird das Vorgehen gegen Standardgegner zur monotonen Angelegenheit. Doch gegen stärkere Feinde entfaltet das System seine volle Stärke und macht wirklich Spaß.
Grafiksteigerung auf der Nintendo Switch
Ich habe auf der Nintendo Switch gespielt und mich von der ersten Minute an sehr über einen Punkt gefreut. Das Spiel ist technisch deutlich besser umgesetzt als noch Atelier Lydie & Suelle, das ich letztes Jahr auf derselben Plattform gespielt habe. Atelier Lulua hingegen behält den Detailgrad der PS4-Version bei, scheint auf der Switch auch in einer höheren Auflösung zu laufen als noch sein Vorgänger. Etwas Aliasing ist zu sehen, aber insgesamt gibt das JRPG eine deutlich bessere Figur ab. Effekte im Kampf sind hübsch in Szene gesetzt. Ein Tag- und Nacht-Wechsel sowie ein Wettersystem sorgen für eine stimmige Atmosphäre. Die Farben kommen toll über den Switch-Bildschirm und auch im Dock-Modus ist der Titel ansehnlich. Er läuft mit 30 FPS, die recht stabil gehalten werden, egal ob im Handheld- oder Dock-Modus.