Atelier Sophie: The Alchemist of the Mysterious Book im Test

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Releasetermin: 10.06.2016

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: JRPG
Entwickler: Gust
Herausgeber: Koei Tecmo

 

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Die Atelier-Serie hat bereits einige Jahre auf dem Buckel. Sie besteht seit über 20 Jahren und hat in dieser Zeit 17 Teile auf den Markt gebracht – darüber können die meisten Reihen wahrlich nur staunen. Während auf der PS3 ein völlig neues Universum in der Atelier-Geschichte gestartet wurde, können PS4-Spieler mit dem neuen Ableger Atelier Sophie ähnlich ahnungslos in das Geschehen gehen. Zwar spielt Sophie im selben Universum, das auf der PS3-Ära erstmals präsentiert wurde. Doch sorgt ein gänzlich neuer Storystrang dafür, dass Neulinge dennoch gut aufgehoben sind. Keinerlei Hintergrundwissen ist von Nöten, weshalb wir uns geradewegs in das charmante Alchemie-Abenteuer gestürzt haben.

Atelier Sophie ~The Alchemist of the Mysterious Book~

Ein sprechendes Buch – und doch überraschend bodenständig

Atelier Sophie geht seine Story anders an als viele Anime-Verwandte, die Stereotypen rund um auserkorene Helden und Gefahr durch eine übermächtige Bedrohung erfüllen. Atelier Sophie etabliert eine deutlich ruhigere und bodenständigere Handlung, die sich um Sophie Neuenmuller dreht. Die Protagonistin betreibt im friedlichen Kirchen Bell eine Alchemie-Werkstatt, auch wenn ihr das Handwerk der Alchemie noch Probleme bereitet. Sophie hat den Traum, allen Bewohnern von Kirchen Bell mit ihrer Medizin helfen zu können. So wird sie von ihren Kindheitsfreunden stets zu besseren Leistungen ermutigt. Als eines Tages ein sprechendes Buch mit allerlei Alchemie-Weisheiten auftaucht, fasst Sophie den Plan, dessen “Erinnerungen” durch neue Rezepte wiederherzustellen und das Geheimnis um den sonderbaren Fund aufzuklären. Mit dem sprechenden Buch, das sich nach einiger Zeit gar in ein junges Mädel verwandelt, ist die Handlung natürlich weit von der Realität entfernt. Dennoch hilft die vergleichsweise unspektakuläre Prämisse dabei, der Story Charme zu verleihen.

Sophie wandert in der Stadt umher, erlangt Ressourcen, erlernt neue Alchemie-Tricks sowie -Rezepte und hilft den Bewohnern so gut es geht mit ihren Fähigkeiten. Eine große Stärke sind hierbei auch die Charakterbeziehungen, die im Laufe der Handlung gestärkt werden. Sophie wird bei ihrer täglichen Routine zumeist von ihren Freunden Monika Ellmenreich und Oskar Behlmer begleitet. Weiterhin gesellen sich diverse Figuren im Laufe der Handlung dazu, die mit unterschiedlichen Eigenheiten für Unterhaltung sorgen. Die ruhige Ader der Geschichte sowie der Fokus auf Charakterinteraktionen wird sicherlich nicht jedem Spieler gefallen. Doch stellt Atelier Sophie einen netten Kontrast zum gewöhnlichem “Held muss Weltuntergang stoppen”-Wahnsinn dar und weiß dennoch einige denkwürdige Momente abzuliefern. Die charmante Art wird durch die deutschen Figuren-Namen und Wortspiele ausgeweitet. Die Japaner haben wirklich eine verrückte Zuneigung zur deutschen Sprache.

Alchemie-Minispiel mit Tetris-Ähnlichkeit

Ein großer Teil des Spielgeschehens dreht sich um den Alchemie-Aspekt, der auch Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist. Wer einen hilfreichen Zaubertrank oder lebenswichtige Medizin herstellen will, benötigt als aller erstes jedoch einige Rohstoffe zur Herstellung. Dafür bereisen wir die Welt und wählen auf einer Karte verschiedene Areale rund um Kirchen Bell. Gras, Pflanzen, Kräuter, Eisen oder Juwele sind nur einige der Objekte, die sich in den Umgebungen finden und weiterverarbeiten lassen. Während das grundsätzliche Ressourcensystem schon immer Bestandteil der Serie war, frischt Atelier Sophie das Konzept ein wenig auf. Waren in der Vergangenheit Alchemie-Rezepte hauptsächlich aus kostenpflichtigen Büchern bezogen, erhält Sophie unterwegs bei den unterschiedlichsten Aktionen Rezepte als Belohnung. Hier wird das Konzept der Erinnerungswiederherstellung der Story mit dem Gameplay direkt verknüpft.

Atelier Sophie ~The Alchemist of the Mysterious

 

Das sonderbare Rezeptbuch gibt vage Hinweise darauf, wie ein neues Rezept zu erlangen sei. Auf diese Weise werden Spieler ermutigt, besondere Areale zu bereisen oder bestimmte Feinde zu bekämpfen. Wird ein neues Rezept ausgedacht und stehen alle benötigten Materialien zur Verfügung, kann der Prozess der “Synthesis” gestartet werden. Jedes Rezept setzt sich aus mehreren Teilen zusammen, die im ersten Schritt der Synthese ausgewählt werden. Ist manchmal nach spezifischen Zutaten gefragt, reicht beispielsweise bei der Zutat “Wasser” eine beliebige Flüssigkeit aus. Da in diesem Beispiel aber Öl und “Monsterschleim” möglich, aber mit unterschiedlichen Effekten ausgestattet sind, variiert auch das Medizin-Resultat je nach gewählten Zutaten. Spieler sollen darauf bedacht sein, logische Kombinationen zu wählen, aber auch experimentierfreudig zu sein.

Das Synthesis-System wird durch eine Art Puzzle-Minispiel ergänzt, das mich an 3DS- oder Smartphone-Spiele mit Touchscreen erinnert haben. Mehrere Spalten und Reihen liegen vor, während die Zutaten in Tetris-artigen Formen präsentiert werden. Je besser die Ressourcen in dieser Puzzle-Tabelle untergebracht werden, desto mehr Boni-Statistiken springen für das Resultat heraus. Auch wenn mich dieses System zunächst das ein oder andere Mal verwirrte, ist es im Endeffekt eine clevere Funktion, den Herstellungsvorgang spaßig und fordernd zu gestalten. Vorrangig werden die hergestellten Mittel an befreundete Bewohner als Teil einer Quest ausgeliefert, doch können wir unsere Alchemiekünste auch für den Eigengebrauch ausnutzen. Neben nützlichen Hilfsitems hat mich hier allen voran die Möglichkeit gefreut, Materialien zur Waffen- und Rüstungsherstellung anfertigen zu können. Das Alchemiekonzept ist Dreh- und Angelpunkt des Spiels und setzt die Atelier-Serie bereits jahrelang von Genre-Kollegen ab.

 

 

Kampf gegen feindliche Monster bringt Abwechslung zur Alchemie

Gelegentlich mag die Ressourcensuche etwas zäh ausfallen, doch harmonieren die implementierten Aspekte toll miteinander und sorgen für ein motivierendes Spielprinzip. Weitere Aspekte lockern die Beschaffung auf. Denn auch wenn sich Atelier Sophie etwas bodenständiger als andere JRPGs präsentiert und insgesamt in einem entspannenden Ton voranschreitet, sind zu bekämpfende Monster mitsamt Kampfsystem auch aus dieser Serie nicht wegzudenken. Auf der Zutatensuche durchstreifen Sophie und ihre Freunde des Öfteren Gebiete, in denen es vor teils knuddelig süßen, teils gruselig hässlichen Monstern nur so wimmelt. Das Kampfsystem ist relativ simpel, doch kann es für einige spannende Kämpfe sorgen. Wir sind mit bis zu vier Figuren unterwegs, die verschiedene Positionen auf dem Schlachtfeld einnehmen. Während jeweils ein Charakter an der Front und an der Hinterseite platziert sind, stehen zwei Figuren in der Mitte. Durch die Positionierung beeinflusst, läuft das Geschehen in einem rundenbasierten Konzept ab.

Wir wählen die Aktionen unserer Figuren aus, wonach diese ihre Manöver ausführen. Hier wird recht gewöhnliche RPG-Kost geboten. Neben regulären Angriffen stehen diverse “Skills” pro Figur zur Verfügung, die je nach Gegnertyp mehr oder weniger Schaden machen können. Zudem lassen sich Items anwenden, die wir beispielsweise per Alchemie zuvor kreiert haben. Weiterhin können die Figuren in Sophies Truppe entweder eine offensive oder defensive Haltung annehmen. Durch Einstecken und Austeilen von Schaden füllt sich eine Leiste, die – von der gewählten Haltung beinflusst – in einem mächtigen Unterstützungsmanöver resultiert. Das Kampfsystem glänzt sicherlich nicht mit Kreativität oder Tiefgang, doch ist das Gebotene unterhaltsam. In Kombination mit dem Crafting-System rund um Waffen hatte ich durchaus meinen Spaß mit den Kämpfen, die insbesondere gegen Boss-Feinde gerne auch einmal etwas kniffliger ausfallen und dann wahrlich eine durchdachte Vorgangsweise erfordern.

Atelier Sophie ~The Alchemist of the Mysterious Book~_

Diesmal ohne Zeitlimit – aber dennoch mit repetitiver Art

Waren vorherige Atelier-Spiele noch mit einem Zeitlimit versehen, das die Spieler teils richtig unter Druck setzte und zum Schwitzen brachte, geht es in Atelier Sophie weniger gehetzt zu. Zeit spielt zwar immer noch eine gewisse Rolle, doch ist grundsätzlich kein Limit mehr aktiv. Dennoch lohnt es sich, ein Auge auf die Zeit zu werfen. Denn bestimmte Monster und Ressourcen sind nur zu bestimmten Uhrzeiten aufzufinden. Zuhause kann Sophie allerdings zu Bett gehen und für eine beliebige Anzahl an Stunden oder Tagen schlafen, um einen gewünschten Zeitpunkt zu erreichen. Mir gefällt das System gut und so vermisse ich keineswegs das hektische Zeitlimit. Die Freiheit unterstützt einmal mehr die entspannende Art des Spiels. Lautet die hauptsächliche Aufgabe, die Erinnerungen des Buches mit neuen Rezepten Schritt für Schritt aufzufrischen, sind einige Nebentätigkeiten möglich.

Innerhalb Kirchen Bell können Spieler hin und wieder neue Aufgaben annehmen, die allerdings nicht viel Abwechslung ins Geschehen bringen – zumeist stellen wir wieder eine bestimmte Medizin her. Wem das Konzept allerdings gefällt, kann mit den zusätzlichen Quests so einige Spielstunden hinzufügen. Es gibt mehrere Geschäfte zu besuchen, in denen neue Objekte gekauft oder nicht weiter benötigte Items verkauft werden können. Die Möglichkeit, Ladenhütern Geschenke machen zu können, ist ebenfalls eine nette Idee und wird mit optionalen Zwischensequenzen und Geld belohnt. Insgesamt steht und fällt Atelier Sophie mit seinem Alchemiesystem. Wer sich schnell von der Ressourcenbeschaffung und dem Puzzle-Minispiel langweilt, wird keine gute Zeit mit dem Spiel haben – viel mehr wird schließlich nicht geboten. Fehlende Abwechslung muss sich der Titel durchaus vorwerfen lassen. Doch hat mich persönlich der Mix aus entspannter Erkundung, interessanter Figureninteraktionen, gelegentlicher Kämpfe und cleverem Alchemiekonzept gut unterhalten.

Figuren und Framerate hui, Umgebungstexturen pfui!

Optisch zeichnet sich Atelier Sophie zweierlei aus: Einerseits gibt es hübsche Zwischensequenzen und detailliert gestaltete Figuren zu sehen, doch andererseits sind die meisten Umgebungstexturen schlichtweg hässlich und nicht zeitgemäß. Mit dem Titel bringt Gust Atelier erstmals auf die PS4 und auch wenn bei den Charakteren gute Arbeit geleistet wurde, sind insbesondere Orte außerhalb von Kirchen Bell schwach gestaltet. Da die Umgebungen recht schlauchig ausfallen, ist optisch sicherlich mehr möglich. Natürlich ist das auch alles eine Frage des Budgets. Doch würde ich mir wünschen, dass die Atelier-Serie in Zukunft mehr Wert auf die Gestaltung der Spielwelt legt.

Reden wir also lieber über das, was überzeugt. Die Figurenmodelle wirken knackig scharf und punkten mit einem interessanten Cel-Shading-Stil. In manchen Story-Sequenzen wird auf eine Artwork-Ansicht gewechselt, die ebenso mit hübschen Zeichnungen überzeugt. Andere Szenen hingegen werden mit kleinen Anime-Filmchen präsentiert, die ansehnlich gestaltet sind. Ebenso hat mich positiv überrascht, dass der Titel mit 60 FPS läuft, was sich gar durch einfache Spaziergänge in der Stadt durch die flüssige Darstellung bemerkbar macht. Wären da bloß nicht das hässliche Gras und die teils lachhaften Effekte im Kampf… Hinsichtlich der Lokalisierung wird Koei Tecmos Tradition geboten: Wahlweise englische oder japanische Stimmen werden mit englischen Untertiteln und Menütexten gepaart. Die Sprecher machen einen soliden Eindruck und auch der seichte Soundtrack im Hintergrund erfüllt seinen Zweck gelungen.

Atelier Sophie ~The Alchemist of the Mysterious Book~_

Fazit

Atelier Sophie ist ein tolles JRPG, das zwar nicht ohne Schwächen auskommt, aber mit einzigartigen Elementen punkten kann. Das Konzept um die Ressourcenauftreibung und die anschließende Verwertung im Synthese-Minispiel hat Charme und verknüpft die entspannte Story gelungen mit dem Gameplay. Der generell lockere Ton des Spiels dürfte Neulingen des Genres einen guten Einstieg bieten, doch kann die repetitive Ader gleichermaßen verschrecken. Das Rollenspiel bietet einen guten Umfang mit vielen Aufgaben, aber wiederholen sich diese leider ständig. Obwohl die Grafik nicht das Potential der PS4 ausreizt, habe ich mich über die flüssigen 60 FPS gefreut. The Alchemist of the Mysterious Book feiert zwar keinen perfekten Einstieg der Serie auf die PS4, doch ist der Ableger so charmant und spaßig ausgefallen, dass sich Alchemie-Neueinsteiger hier gut aufgehoben fühlen werden. Atelier Sophie ist dabei sicherlich nicht für jeden Spieler geeignet, doch wird der Titel sicherlich den einen oder anderen Spieler zum Serienfan wandeln.

 

Positiv-Icon Charmante und entspannte Handlung

Positiv-Icon Alchemie-Prinzip mit spaßigem Minispiel, Crafting motiviert

Positiv-Icon Zugängliches, simples Kampfsystem

Positiv-Icon Gelungener Umfang von mindestens 25 Stunden

Positiv-Icon Tolle Figurenzeichnungen und klasse Performance mit 60 FPS

(Positiv-Icon Kein hetzender Zeitdruck mehr)

Negativ-Icon Abwechslung bleibt etwas auf der Strecke

Negativ-Icon Teils wirklich hässliche Texturen und Angriffs-Effekte

(Negativ-Icon Kein hetzender Zeitdruck mehr – für manch einen daher eventuell insgesamt zu schleppend)

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Hey Leute, ich bin der Dominik, Redakteur, und stürze mich für euch gerne in die aktuellsten News und Reviews der PS4 :)