Releasetermin: 13.10.2017

 

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-RPG
Entwickler: Tamsoft
Herausgeber: Idea Factory

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Als Außenstehender wirkt die Reihe rund um Hyperdimension Neptunia zunächst sehr verwirrend. Zahlreiche Nachfolger, Spin-Offs und Remakes lassen mich einerseits schnell den Überblick verlieren, sprechen andererseits aber für die Qualität und den Erfolg der Spiele. Das neuste Spin-Off trägt den unhandlichen Namen Cyberdimension Neptunia: 4 Goddesses Online und soll mein Einstieg in die komplexe RPG-Reihe sein – ob sich der Ausflug gelohnt hat, erfahrt ihr im Test.

Das Spiel im Spiel

Um zunächst einmal Missverständnisse vorzubeugen: bei Cyberdimension Neptunia: 4 Goddesses Online handelt es sich um kein wirkliches MMORPG! Die den Fans bekannten Göttinnen Neptune, Noire, Blanc und Vert lassen die Echtwelt-Probleme vorübergehend ruhen und nehmen am Beta-Test des namensgebenden Online-Rollenspiels 4 Goddesses Online teil. Vergleichbar mit der Prämisse, die ihr auch in den Videospielen zum Sword-Art-Online-Anime wiederfindet, befindet ihr euch also innerhalb des Hyperdimension-Universums in einem Videospiel. Was im Spiel selbst als MMORPG gehandelt wird, ist für den eigentlichen Spieler jedoch ein klassisches Action-Rollenspiel.

Die Story dreht sich entsprechend primär um die Handlung von 4 Goddesses Online. Die vier Alter-Egos der Göttinnen gelten als auserwählt, die Fantasy-Welt Alsgard vom bösartigen Dämonenkönig zu retten und die Göttinnen wiederzubeleben. Was schon wie eine eher seichte Geschichte klingt, wird im Laufe des Spiels auch nicht zu viel mehr. Große narrative Qualitäten kann Cyberdimension Neptunia leider nicht ausspielen, stattdessen sind große Abschnitte der Story recht belanglos und austauschbar. Am ehesten überzeugt die Handlung noch durch die Charaktere: die vier Spielfiguren unterscheiden sich charakterlich deutlich voneinander, haben Humor und sorgen für den ein oder anderen Insider, der sich durch das gesamte Spiel zieht. Auch einige Nebencharaktere wie die Geschwister der Göttinnen oder Bouquet, die als NPC-Guide mit lernender KI für viele Brüche der vierten Wand zuständig ist, lockert das Geschehen deutlich auf.

Der Story fehlt ein bisschen die Spannung, mein Interesse an der Online-Welt hielt sich in Grenzen und viele der ausschließlich englischen Dialoge sind schwach geschrieben. Man merkt jedoch, dass Cyberdimension Neptunia: 4 Goddesses Online eine Menge Fan-Service besitzt, der für mich als Serien-Neuling natürlich nur mäßig begeisternd ist. Doch die vielen Anspielungen auf andere Charaktere oder die echte Welt werden Spieler der Hauptspiele freuen – gleichzeitig fühle ich mich als Laie aber nicht alleine gelassen oder in der Erzählung überfordert. Im Gegenteil: Charaktere werden umfangreich eingeführt, einen erzählerischen Nachteil habe ich in keinem Punkt gespürt. Hier haben die Entwickler von Tamsoft definitiv alles richtig gemacht.

Wishuel: Ausgangspunkt für alle Abenteuer

Die Abenteuer durch Alsgrad starten für euch stets ausgehend der Stadt Wishuel. Diese besucht ihr in einer 2D-Ansicht, klickt euch also nur von Gebäude zu Gebäude. Das ist zwar optisch nicht so beeindruckend wie etwa die Lobby aus Sword Art Online, spart aber eine Menge Zeit bei der Reiseplanung. In kürzester Zeit könnt ihr in Wishuel nämlich alles erledigen, was ihr als Vorbereitung für die Dungeons braucht. In der Gilde nehmt ihr sämtliche Quests an und kehrt dorthin zurück um von euren erfolgreichen Streifzügen zu berichten. Danach winken Items und Geld als Belohnung, letzteres werdet ihr vor allem in Pierre’s Emporium ausgeben. Dieser Laden ist eure Anlaufstelle Nr. 1 für Ausrüstung aller Art, seien es Waffen, Rüstung, Accessoires oder Heil-Items. Nicht selten verkauft ihr hier zudem gefundene Materialien um an zusätzliches Geld zu kommen.

In der Kathedrale könnt ihr gegen eine Spende Gebete aussprechen, die euch mit positiven Effekten für eure nächste Reise stärken. Schreitet ihr in 4 Goddesses Online weiter voran, dürft ihr zudem eure Waffen in einer Schmiede verbessern und euch auf weitere Läden freuen. Zudem seht ihr auf der 2D-Ansicht der Stadt stets verschiedene Charaktere, mit denen ihr mal mehr, mal weniger interessante Dialoge führen könnt.

Hektisches, aber spaßiges Kampfsystem

In den Dungeons kommt das spaßige und actionreiche Kampfsystem von Cyberdimension Neptunia: 4 Goddesses Online zum Einsatz. In Echtzeit schlagt ihr fast schon in Hack’n’Slay-Manier auf feindlich gesinnte Monster ein, wobei ihr von euren KI-Helfern unterstützt werdet. Neben Standard-Angriffen gibt es auch verschiedene Spezialfähigkeiten, die zwar wesentlich effektiver sind, dafür aber auch SP verbrauchen. Da sich die SP beim Benutzen normaler Angriffe aber schnell wieder auffüllen, findet in den Kämpfen ein schneller und teilweise hektischer Wechsel zwischen den unterschiedlichen Angriffstypen statt. Gleichzeitig müsst ihr aber auch auf eure Deckung achten: ob durch Blocken oder Ausweichen, wer nicht ausreichend auf gegnerische Attacken achtet, könnte schnell das Zeitliche segnen.

Das hängt auch ein bisschen mit dem Verhalten der KI-Partner zusammen. In den ersten Dungeons wirkte dieses auf mich sehr aktiv, in brenzligen Situationen wurden schnell Heilzauber gewirkt und viele Feinde konnten von der Party im Alleingang besiegt werden. Mit steigendem Anspruch machten sich aber zunehmend mehr Macken bemerkbar: teilweise wirkt die Gruppe entzerrt, Figuren agieren trotz unmittelbarer Nähe zum Kampf nicht oder sie werden durch Hindernisse blockiert. Die Kämpfe machen trotzdem Spaß und sofern man genügend auf sein Umfeld achtet, klappt das mit dem gemeinsamen Kämpfen auch weitestgehend problemlos. Trotzdem: in einem Rollenspiel, in dem man auf drei Viertel der Charaktere innerhalb der Kämpfe keinen Einfluss hat, ist eine funktionierende KI sehr wichtig.

Auswirkungen auf das Verhalten der KI habt ihr jedoch außerhalb der Kämpfe. Einerseits könnt ihr in den Dungeons eine grobe Taktik festlegen, viel wichtiger ist jedoch das Equipment-Management der einzelnen Charaktere. Mit Waffen, Rüstungen & Gems lassen sich sämtliche Figuren für den Kampf ausstatten, außerdem könnt ihr über die Movesets der einzelnen Charaktere neue Möglichkeiten für den Kampf kreieren. Mit steigendem Level verbessern sich sämtliche Attribute der Göttinnen, neue Attacken werden freigeschaltet und ihr bekommt Zugriff auf die mächtigen Awakening-Skills. Ihr dürft übrigens frei wählen, welchen Charakter ihr selbst steuern wollt, auch die Zusammenstellungsmöglichkeiten der eigenen Party verändern sich mit zunehmendem Spielfortschritt.

Doch ein MMO?

Zwar dürft ihr die Welt von Alsgrad komplett im Alleingang erkunden, wer möchte, findet in Wishuel jedoch auch den Mehrspielermodus von Cyberdimension Neptunia: 4 Goddesses Online. Hier könnt ihr die verschiedenen Aufträge und Quests mit anderen Online-Spielern zusammen erledigen. Dies kann gerade deshalb motivierend sein, da einige der Aufgaben auf Dauer sehr repetitiv werden – mit einem abwechslungsreichen Missionsdesign haut einen Cyberdimension Neptunia: 4 Goddesses Online nämlich definitiv nicht vom Hocker. Und auch wenn das Kampfsystem nach Überwindung des hektischen Spielgefühls zunächst unterhalten kann, fehlt mir ein wenig der Tiefgang um langfristig am Ball zu bleiben. Zusammen mit anderen Spielern macht es aber dann doch ein wenig mehr Spaß, gut also, dass Tamsoft sich für dieses Feature entschieden hat.

Das ewige Warten

Die inneren Werte sind also von schwankender Qualität – doch wie sieht es mit den Äußeren aus? Cyberdimension Neptunia: 4 Goddesses Online zählt ohne Zweifel zu den hübschesten Ablegern der umfangreichen Neptunia-Reihe. Zwar ist das Charakterdesign voller Anime-Stereotypen, die Dungeons und Umgebungen konnten mich dank sehr unterschiedlicher Schauplätze aber sehr überzeugen. Die Fantasy-Welt ist reichhaltig, die Effekte während der Kämpfe stark, das Monsterdesign variiert ausreichend und Ausrüstung der Figuren zeigt sich auch am Charaktermodell. Natürlich ist man hier weit von aktuellen Titeln von Atlus oder Square Enix entfernt, gerade im Vergleich mit der eigenen Reihe ist eine deutliche Entwicklung zu erkennen. Probleme gibt es jedoch bei der Performance des Titels: in den Dungeons begegnen einem immer wieder kleinere Ruckler, die aber niemals für großartige spielerische Nachteile sorgen. Viel schlimmer sind in meinen Augen die extremen Ladezeiten des Spiels. Diese werden zwar beim Wechsel zwischen Dungeon, Oberwelt und Wishuel sehr gering gehalten, beim Spielstart vergehen aber stets einige Minuten, bis man endlich anfangen darf. Dafür kann Cyberdimension Neptunia aber beim Sound weitestgehend überzeugen. Der Soundtrack bleibt nicht besonders im Gedächtnis, blieb aber auch nicht als schwaches Durchschnitts-JRPG-Gedudel in Erinnerung. Die englische Synchronisation macht zudem einen grundsoliden Job, innerhalb der wichtigen Dialoge wurde zudem sehr viel Text vertont.

Wertung im Einzelnen
Story/Erzählung
7
Grafik
7.5
Sound
7.5
Umfang/Abwechslung
6
Multiplayer
7.5
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