Fallout 4 im Test

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Releasetermin: 10.11.2015

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Rollenspiel, First- / Third-Person-Shooter
Entwickler: Bethesda Softworks
Herausgeber: Bethesda Softworks

 

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Während heutzutage immer mehr Spiele um Monate oder gar Jahre nach hinten verschoben werden, hat Bethesda die vermeintlich richtige Art und Weise gefunden, Spiele anzukündigen. Auch wenn den meisten über die Jahre hinweg bewusst war, dass sich Fallout 4 wohl in Entwicklung befindet, wurde es erst vor rund einem halben Jahr offiziell angekündigt. Fans der Serie mussten also nicht lange warten, um das Wasteland des vierten Hauptspiels der Reihe zu betreten, nachdem sie es erstmals zu Gesicht bekommen haben. Die kurze Zeit zwischen Ankündigung und Veröffentlichung hat dem Hype allerdings nicht geschadet: Viele Spieler haben sich auf den vermeintlichen Spiel des Jahres-Anwärter gefreut. Nun ist der Titel seit einigen Wochen im Handel erhältlich. Hat sich das Warten auf den Bethesda-Titel gelohnt? Wir haben es in unserem Test herausgefunden!

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Wilkommen im Commonwealth

Während die Vorgänger ihre Spieler noch in die Rolle eine stumme Figur mit minimaler Hintergrundgeschichte steckten, spielt man in Fallout 4 einen spezifischen Charakter. Wir verkörpern entweder die Mutter oder den Vater einer dreiköpfigen Vorkriegsfamilie. Spieler kreieren in einem umfangreichen Editor die Figur. Zudem ist der Charakter zur Abwechslung vertont, um der virtuellen Person mehr Leben einzuhauchen. Ist die Figur erstellt, finden wir uns in einem gemütlichen Zuhause wieder. Ein Geschäftsmann klingelt an der Tür und bietet uns den Platz in einem Vault im Falle von nuklearen Bombenangriffen an – wer hätte gedacht, dass nur kurze Zeit später dieses Angebot uns das Leben rettet. Und wer konnte ahnen, dass dieser Vault 111 genutzt wird, um einen Kälte-Tiefschlaf an den Bewohnern zu testen? Rund 200 Jahre später erwacht unsere Figur aus dem Tiefschlaf und findet das einst gewohnte Umfeld in völlig verändertem Zustand wieder. Im vom Krieg zerstörten Niemandsland streift der Charakter fortan umher. Ich werde nicht weiter darauf eingehen, welche Ziele dem Protagonisten vor Augen schweben, das dürft ihr in den ersten 30 Minuten des Spiels selbst erleben. Mich hat die Hauptmotivation unterhalten, auch wenn die wahre narrative Stärke in den etlichen Nebenmissionen liegen. Im Commonwealth, wie die Überreste des Staates Massachusetts im Gebiet Neu England nun genannt werden, treffen wir auf verschiedene Fraktionen, die uns mit unterschiedlichen Ansichten und Aufgaben konfrontieren. Die Fraktions-Missionen sind geschichtlich toll ausgearbeitet und sorgen für einen gewaltigen Umfang. Nicht jede Aktivität ist mit einem geschichtlichen Tiefgang versehen: Oftmals müssen obskure Wesen schlicht und einfach vertrieben werden, um die betroffenen Landbesitzer für unsere Fraktion zu gewinnen. Andere Aufgaben hingegen erzählen mit Hilfe von gefundenen Briefen und Notizen von schrecklichen Schicksalen, die wir wiederum in einer neuen Mission aufzuklären versuchen. Weiterhin ein wichtiges Element sind die vielen Entscheidungen, die uns im Umgang mit den NPCs gegeben werden. Sowohl Dialogoptionen als auch wichtige Entscheidungen über den Spielverlauf werden dem Spieler überlassen. Dieses System hat mich in seiner Umsetzung allerdings enttäuscht. War im Vorgänger noch stets klar, welche Absicht hinter welcher Aussage steht, verschleiern die kurzen Sätze oftmals, was unser Charakter beabsichtigt. In Fallout 3 noch war es „einfach“, ein grobes Arschloch zu sein, da die entsprechenden Dialogrichtungen stets entsprechend verständlich präsentiert wurden. Hier hingegen war mir durch die kurzen Auswahlmöglichkeiten manchmal nicht klar, in welche Richtung die Satzschnipsel gehen. Auch wenn dies eine für mich unverständliche Änderung darstellt, bleibt die Entscheidungsfreiheit eine Stärke des Spiels. Mit einer verständlichen Hauptmotivation, interessanten Nebenfiguren und Fraktionstreiben sowie einer großen Liebe zum Detail hat Bethesda eine wahnsinnig atmosphärische Spielwelt geschaffen, die seine Spieler stundenlang in den Bann zu ziehen weiß.

Du bist S.P.E.C.I.A.L.!

Auch wenn das Aussehen unserer Figur zu Beginn festgelegt wird und für den einen oder anderen sicher einen unterhaltsamen Aspekt darstellt, liegt die größere Bedeutung der Figurenkreation in der Verteilung der Fähigkeiten. Hier kommt das beliebte S.P.E.C.I.A.L.-System zum Einsatz, das Fallout-Fans bereits kennen dürften. Charaktere können in den Bereichen Strength (Stärke), Perception (Wahrnehmung), Endurance (Ausdauer), Charisma, Intelligence (Intelligenz), Agility (Beweglichkeit) und Luck (Glück) aufgestuft werden. Bereits zu Beginn legen Spieler mit der Wahl über ihre bevorzugten Attribute einen wesentlichen Teil des Gameplays fest, was über den Spielverlauf mit der Erlernung von Fertigkeiten und Eigenschaften, die von der Intensivierung der Attribute abhängen, noch weiter ausgearbeitet wird. Spieler starten mit einem Punkt in jeder Kategorie und erhalten 21 Punkte zum Verteilen. Anschließend gibt es pro Levelanstieg durch den Gewinn von Erfahrung einen weiteren Punkt. Je nach Wahl ergeben sich völlig unterschiedliche Figuren, die das Spielgeschehen abwechslungsreich präsentieren. Theoretisch kann jeder Spieler alle Attribute maximieren und jeden Perk erlernen, denn Fallout 4 hat keine Levelgrenze. Da dies allerdings etliche Spielstunden dauern würde, sollte jeder Skillpunkt mit Bedacht getroffen werden. Anders als in ähnlichen Rollenspielen lassen sich die verteilten Punkte nämlich nicht zurücksetzen. Wer sich verskillt, kann sich seinen Spaß am Spiel tatsächlich trüben. Wer allerdings nach und nach merkt, mit seinen Entscheidungen voll ins Schwarze getroffen zu haben, ist fortan noch mehr in das Spiel und die Gestaltung des Charakters investiert. Ich war beispielsweise zu Beginn sehr auf Charisma und Beweglichkeit versteift, doch merkte ich nach einigen Spielstunden, dass mir eine Mischung aus Stärke und Glück für meine Nahkampf-lastige Spielweise besser liegen würde. Auch wenn der Ärger zunächst groß war, dass ich meine verteilten Punkte nicht zurücksetzen kann, war ich jedoch schnell glücklich, meine gewünschte Richtung gefunden zu haben und mit jedem Levelaufstieg zu meinem Wunsch-Build beizutragen. Mit kreativen Perks motiviert das Spiel, Level für Level aufzusteigen und den spaßigen Fähigkeiten Schritt für Schritt näher zu kommen.

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Spaßige Schussgefechte

Bisher habe ich euch viel über die Rollenspiel-Aspekte von Fallout 4 erzählt. Die etlichen Nebenmissionen, über die Spieler frei verfügen, sowie das Statistik-betonte Aufstufungs- und Perksystem sind Paradebeispiele eines tollen Rollenspiels. Doch Fallout 4 bedient sich ebenfalls eines anderen Genres, was Spieler des Vorgängers bereits nur zu gut kennen. Nicht nur ein RPG, sondern auch ein Shooter steckt in dem Spiel, denn sämtliche Gefechte werden mit Waffen ausgeübt. Mit der Ausnahme von Nahkampfwaffen wie einem Baseballschläger oder einem Krallenhandschuh stehen uns Schusswaffen zur Verfügung, mit denen Mutanten, Insekten und Räuber ins Nirwana befördert werden. Jederzeit lässt sich zwischen Ego-Ansicht und Third-Person-Perspektive wechseln, sodass sich das Spiel nicht nur als First-Person-, sondern auch als Third-Person-Shooter spielen lässt. In diesem Balleraspekt hat Bethesda toll nachgebessert. Waren die Schießereien in den Vorgängern noch mühselig zu bewältigen, haben die Entwickler dem Spiel ein befriedigendes Ballersystem spendiert. Die Schießereien gehen gut von der Hand und stehen den Größen des Shooter-Genres in kaum etwas nach. Wer mit dem Echtzeit-Geballer nach wie vor nicht warm wird, erfreut sich an der Einbindung des Serien-typischen VATS-Konzepts. Die Aktivierung von VATS lässt die Zeit verlangsamen: Wir können uns in Ruhe unser Ziel und das gewünschte Körperteil aussuchen, worauf die Figur anschließend filmreif inszeniert schießt. In VATS sehen wir, mit welcher Wahrscheinlichkeit der geplante Angriff gelingt. Zudem ist hier ein System aktiv, das einen kritischen Treffer möglich macht. Gelungene Abschüsse in VATS füllen die entsprechende Leiste auf. Ein kritischer Treffer macht erheblich mehr Schaden und ist insbesondere für knifflige Bosskämpfe gut zu gebrauchen. Fallout 4 überlässt seinen Spielern, ob und wie oft sie VATS nutzen. Eine auf VATS-ausgerichtete Spezialisierung der Perks ist ebenso möglich wie die Stärkung der Echtzeit-Attacken durch Attributspunkte – oder eine gesunde Mischung aus Echtzeit und VATS. Für Abwechslung ist im Baller-Segment also gesorgt, wozu auch die vielen unterschiedlichen Gegnertypen beitragen.

Waffen und Rüstung aufstufen – oder ganze Siedlungen errichten

Wieder mehr in RPG-Richtung geneigt sind die Crafting-Möglichkeiten, die in Bethesda-Spielen keine Neuheit sind. In der Spielwelt verteilt sind diverse Stationen, an denen wir Objekte kreieren und verbessern können. An einer Chemie-Station lassen sich beispielsweise Heilgegenstände und auch Drogen anfertigen, die zwar süchtig machen, dafür aber temporär für nette Nebeneffekte sorgen. Da wir in einer verstrahlten Spielwelt unterwegs sind und dementsprechend durch bestimmte Areale oder Gegner verstrahlt werden, ist eine gute Ausrüstung an Medikamenten immens hilfreich. Waffenmodifikationen sind ebenso möglich wie die Verbesserung von getragener und gefundener Rüstung. Die Kreation und Verbesserung bedarf verschiedener Ressourcen, die Spieler in der Welt finden. Zum Glück macht es uns das Spiel leicht, gezielt nach benötigten Materialien zu suchen. In einer Kreationsstation lassen sich gesuchte Ressourcen markieren, die fortan auch in der Spielwelt markiert angezeigt werden und so kaum zu übersehen sind. Ebenfalls auf die Suche nach Ressourcen ausgerichtet ist das brandneue Basis- und Siedlungsbausystem. Auf eroberten Arealen kann eine Basis oder gar Siedlung erschaffen werden, die vollständig durch den Spieler personalisiert word. Wichtige Elemente wie Häuser, Möbel zum Wohnen, Generatoren für die Stromzufuhr, Wasserstellen, Essensquellen und und und lassen sich erstellen und platzieren – solange die benötigten Ressourcen vorliegen. Für gewisse Objekte müssen Siedler als Aufseher fungieren. Weiterhin sollte an ausreichende Verteidigungsmaßnahmen gedacht werden: Raider oder Super-Mutanten könnten unser Reich schließlich angreifen. Dieses Bausystem ist, abseits eines Tutorials über die Grundlagen, vollständig optional. Wer auf den Aufbau und die Wartung einer oder mehrerer Stationen also keine Lust hat, lässt diesen Aspekt einfach weg. Alle anderen können sich stattdessen auf die motivierende Beschaffung von Materialien und die umfangreichen Gestaltungsmöglichkeiten freuen.

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Semi-hilfreiche Begleiter und kurzzeitig mächtige Powerrüstungen

Kommen wir von einem neuem Konzept wieder auf ein bekanntes Prinzip: Begleiter sind wieder einmal Bestandteil des Spiels, die zwar im Gefecht fallen, allerdings nicht permanent sterben können. Früh in der Handlung begegnen wir dem Schäferhund Dogmeat, der vielen aus den Trailern bekannt sein dürfte. Doch auch andere Zeitgenossen schließen sich uns im Verlauf des Spiels an, die mit unterschiedlichen Fähigkeiten ausgestattet sind. Je nach Spielweise kann also der passende Begleiter mit auf die Reise genommen werden. Zugegeben: Allzu hilfreich im Kampf sind die Anhängsel nicht. Wer die Begleiter also weglassen will, verpasst nicht viel. Wer sich allerdings intensiv mit ein und dem selben Begleiter beschäftigt, kann spezielle Perks freischalten. Weiterhin erneut im Spiel sind Powerrüstungen, die allerdings im Vergleich zum Vorgänger abgeändert wurden. Waren in Fallout 1 und 2 die Powerrüstungen noch bis zum Ende des Spiels nicht zu benutzen, waren sie in Fallout 3 und New Vegas mit etwas Arbeit verbunden schon früher hilfreich. In Fallout 4 sind sie hingegen gleich zu Beginn verfügbar. Schon innerhalb der ersten zwei Spielstunden präsentiert uns der Titel die erste Powerrüstung. Allerdings kommen die mächtigen Rüstungen hier mit Limitierungen zum Einsatz. Sie werden über einen Fusionskern betrieben, der erst in der Spielwelt gefunden werden muss – und schnell auch wieder leer ist. Eine langfristige Nutzung ist also kaum möglich, sodass Spieler sich die Rüstungen und die seltenen Energiekerne vielmehr für knifflige Situationen aufheben sollten.

Solide Grafik, doch Probleme mit Performance und Bugs

Grafisch leistet der Titel solide Arbeit ab. Auf der Konsole sieht die offene Nachkriegswelt gut aus und punktet mit atmosphärischen Arealen. Insbesondere die nuklearen Stürme, die hin und wieder auftreten, machen visuell einiges her. Alles in Allem gibt Fallout 4 optisch angesichts der großen Spielwelt eine gute Figur ab. Leider kommt die nette Grafik mit einigen technischen Problemen daher. Die Framerate ist nicht auf konstante 30 FPS gebügelt, sondern bricht allen voran in großen Städten gerne ein. Zudem wäre Fallout 4 kein Bethesda-Titel, wenn er nicht mit einigen Bugs und Glitches daherkommen würde. Von kleinen visuellen Fehlern und Problemen mit der Physikengine wie bei fliegenden Tieren bis zu schwerwiegenden Problemen, die das Beenden einer Quest verhindern oder das Sichtfeld permanent verschwimmen lassen, ist in Fallout 4 leider einiges dabei. Bleibt nur zu hoffen, dass der Entwickler die meisten Probleme mit kommenden Patches beheben kann. Der vertonte Hauptcharakter macht sowohl auf männlicher als auch weiblicher Seite einen guten Eindruck. Auch wenn der ein oder andere NPC hingegen nicht mit einer gelungenen Synchronisation punkten kann, sind zumindest doch die Stimmen der meisten Figuren gut gewählt. Die Waffensounds sind wuchtig ausgefallen und der Soundtrack trägt toll zur Wasteland-Atmosphäre bei.

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Es lohnt sich, mehrere Spielstände aktuell zu halten – diese Powerrüstung ist fortan zwischen Kisten und Decke eingeklemmt und nicht mehr frei zu bekommen.

Fazit

Fallout 4 ist so ziemlich das geworden, was man sich unter einem direkten Nachfolger zu Fallout 3 vorstellt. Eine gelungene Story trifft auf eine gigantische Spielwelt, die eine tolle Atmosphäre zur Folge hat. Einige Spielaspekte wurden optimiert, was sich insbesondere in einem befriedigenderem Echtzeit-Schusssystem zeigt. Die veränderte Einbringung von Powerrüstungen macht die Panzerung schon früh zur mächtigen, aber nur selten einsetzbaren Hilfe. Zudem lädt die Einführung eines Systems zum Basis- und Siedlungsbau zur Erkundung der Ödnis nach Ressourcen ein. Neben der hauptsächlichen Handlung bietet Fallout 4 einen enormen Umfang, der Fans der Serie stundenlang bei Laune halten wird – solange sie resistent gegen Bugs & Glitches sind und keine Revolution der Serie erwarten.

Positiv-Icon Gelungenes Hauptmotiv, interessante NPCs, spannende Fraktionen

Positiv-Icon Etliche Tätigkeiten sorgen für hohe Spielzeit im Wasteland

Positiv-Icon Spielwelt mit viel Liebe zum Detail ruft fantastische Atmosphäre hevor

Positiv-Icon Echtzeit-Shooting-Aspekte wurden verbessert und machen mehr Spaß

Positiv-Icon Jede Menge Freiheiten in der Erkundung, Entfaltung und Spielweise

Positiv-Icon Siedlungsbau-Element, wenn auch optional, eine wilkommene Neuerung

Negativ-Icon Entscheidungsmöglichkeiten enttäuschen mit Rückschritt

Negativ-Icon Framerate-Einbrüche sowie nervige Bugs mindern gelegentlich den Spielspaß

 

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Hey Leute, ich bin der Dominik, Redakteur, und stürze mich für euch gerne in die aktuellsten News und Reviews der PS4 :)