Releasetermin: 16.03.2018
Medientyp: Karte, Download
Genre: Visual Novel
Entwickler: Design Factory, Otomate
Herausgeber: Idea Factory International
Ich muss zugeben, dass mir die Hakuoki-Serie bisher nicht bekannt war. Da ich in der Vergangenheit jedoch schon häufiger gute Erfahrungen mit Visual Novels gemacht habe, ließ ich mich gerne auf Hakuoki: Edo Blossoms ein. Die Visual Novel erschien vorletzte Woche auf der Playstation Vita im englischsprachigen Raum und ich werde euch verraten, was die japanische Geschichte zu bieten hat.
Sehr schnell bemerkte ich, dass ich bei dem Titel doch nicht so gut aufgehoben sein sollte als angenommen. Denn war mir nicht bewusst, dass es sich bei “Edo Blossoms” um einen direkten Nachfolger von “Hakuoki: Kyoto Winds” handelt. Das Hakouki-Universum umfasst mittlerweile unter anderem diverse Anime-Serien und -Filme sowie zahlreiche Spiele. Kyoto Winds aus 2017 und der neue Titel erzählen eine zusammenhängende Geschichte, die auf zwei Veröffentlichungen aufgeteilt wurde. Da ich mich nicht vollkommen ahnungslos in das Otome-Abenteuer begeben wollte, las ich im Vorfeld viel über Kyoto Winds und schaute mir Schlüsselszenen aus den verschiedenen Handlungssträngen an.
Natürlich ist dies nicht die ideale Herangehensweise – im Idealfall solltet ihr den ersten Teils gespielt haben, bevor ihr euch an Edo Blossoms heranwagt. Trotzdem stürzte ich mich vergangene Woche in die neue Handlung, was mit dem angeeignet Wissen dann letzten Endes doch recht gut funktionierte. Das liegt mitunter auch daran, dass immer wieder Zusammenfassungen von Geschehnissen aus dem ersten Teil präsentiert werden. Dadurch können auch Neulinge wie ich weitestgehend problemlos einsteigen. Da es sich hier aber um eine Fortsetzung handelt und wir mitten im Geschehen stecken, brauchen neue Spieler womöglich aber länger, um so richtig in der Handlung anzukommen.
Was mich im Vorfeld etwas abgeschreckt hatte, war die Tatsache, dass es sich bei den beiden erwähnten Hakuoki-Spielen um Visual Novels im Otome-Genre handelt. Ich hatte zuvor noch keinen Vertreter des Genres gelesen und war daher etwas skeptisch. Wikipedia schreibt: “Ein Otome Game ist ein Computerspiel, welches auf junge Frauen und Mädchen als Zielgruppe ausgerichtet ist und dessen Ziel ist, im Spiel eine romantische Beziehung zwischen der weiblichen Protagonistin und einer oder mehreren männlichen Figuren aufzubauen.” Daher stellte ich mir zwar die Frage, ob das Genre etwas für mich wäre. Doch schon bei meiner Recherche zu Kyoto Winds bemerkte ich, dass der Titel weitaus mehr zu bieten hat. Der Titel hat wohl zwar durchaus romantische Aspekte, sei im Kern aber ein packendes und vielschichtiges Fantasy-Epos. Deshalb war ich extrem gespannt, was mich denn nun erwarten sollte, als ich Edo Blossoms startete.
Als Folge der Ereignisse aus Kyoto Winds mussten die Krieger von Shinsengumi eine verheerende Niederlage gegen die imperiale Armee hinnehmen. Sie müssen aus Kyoto flüchten, woraufhin es sie nach Edo verschlägt. Der Schauplatz, der bereits im ersten Teil eine wichtige Rolle spielte, ist Heimat der Protagonistin Chizuru Yukimura. Auf der Suche nach ihrem Vater lernte sie die Shinsengumi kennen und begleitete sie auf ihrer bisher niederschmetternden Reise. In Edo, das ebenfalls von den kriegerischen Zeiten geprägt wurde, verarbeiten die Krieger ihre Erlebnisse aus den Schlachten. Edo Blossoms beschäftigt sich damit, wie sich die einzelnen Charaktere mit den Entscheidungen, die sie in der Vergangenheit trafen, auseinander setzen. Die emotionalen und auch gesundheitlichen Folgen sind thematisiert und sorgen für eine erstaunlich packende Handlung.
Dem Spieler wird eine Welt mit politischer Unruhe und Chaos präsentiert, die vor der ein oder anderen Intrige nicht sicher ist. Der Titel bedient sich an der japanischen Geschichte des 19. Jahrhunderts, weiß darüber hinaus aber auch mit fiktiven und übernatürlichen Einflüssen umzugehen. Ich werde an dieser Stelle nicht verraten, welche mystischen Aspekte der Titel einbringt. Ihr solltet euch aber bewusst sein, dass die fiktiven Elemente nicht gerade kurz kommen, was mir aber gefallen hat. Unter dem teils kitschigen Anime-Gewand verbirgt sich eine tiefgehende Story, die mich in den Bann gezogen hat. Auch wenn das Pacing nicht immer gut ausfällt und man gelegentlich auch zähe Dialoge überstehen muss, hält Edo Blossoms im Kern eine epische, unterhaltsame Erzählung parat.
Die Geschichte hat aber auch andere Seiten, die sich in den Romanze-Aspekten äußern. In der Rolle der Protagonistin Chizuru sind wir von 12 Kriegern umgeben, die sich nur nach außen als harte Kerle geben. Der Spieler soll parallel zur Suche nach Chizuros Vater stets ihr Liebesleben im Blick behalten. Wir können uns auf alle 12 Figuren einlassen und durch regelmäßige Entscheidungsmöglichkeiten die Beziehungen zu den Shinsengumi beeinflussen. Obwohl mich die Aussicht auf diesen Aspekt im Vorfeld nicht gerade begeistert hat, konnte mich das Spiel zumindest teilweise überraschen.
Zum einen sind viele der Dialoge wirklich gelungen und glaubwürdig geschrieben. Viele Figuren waren mir auf Anhieb sympathisch, sodass ich mehr über die Charaktere erfahren wollte. Zugegebenermaßen enthält das Spiel auch einige Szenen, die mir dann doch etwas unangenehm waren. Ich bin wohl schlicht kein Fan der kitschigen Liebesszenen. Durch die USK12-Einstufung ist aber sichergestellt, dass das Geschehen stets jugendfrei bleibt. Da ich aber viel geschmackslosere Interaktionen erwartet hatte, fühlte ich mich weitestgehend dennoch gut vom Romanze-Element dieser “Dating-Sim” unterhalten.
Anders als manche Visual Novel hat Hakuoki: Edo Blossoms quasi keinerlei Gameplay-Anteil. Selbstverständlich steht allen voran das Lesen auf dem Programm. Durch die Portabilität der Vita hat sich das Abenteuer wie ein Buch angefühlt – Visual Novels sind einfach wunderbar geeignet für Handhelds. Abseits des Lesens wird vom Spieler erfordert, immer wieder Entscheidungen zu treffen, die mitunter über das Schicksal der potentiellen Lover bestimmen. Dadurch ergeben sich 12 Storystränge und insgesamt 30 verschiedene Enden. Was nach einer zähen, langen Spielzeit klingt, fällt letzten Endes überschaubarer aus als erwartet, gerade wenn man nicht jede einzelne Szene sehen möchte. Die Geschichte geht gut voran und tritt nur selten auf der Stelle. Manch ein Visual Novel-Fan wird das Spiel wohl aber zu kurz finden. Weiterhin scheint Kyoto Winds laut Berichten, die ich im Vorfeld gelesen habe, deutlich länger auszufallen. Daher ist es fast schon ein wenig schade, dass die zusammenhängenden Spiele nicht in einer Veröffentlichung auf den Markt gekommen sind.
Mir hat der grafische Stil von Hakuoki sehr gut gefallen. Die Figuren sind im handgezeichneten Design dargestellt. Ich hatte anfangs zwar immer wieder Probleme, die Figuren optisch voneinander zu unterscheiden. Dennoch ist die visuelle Inszenierung sehr gelungen, sofern man etwas mit der Anime-Optik anfangen kann. Münder und Augen sind animiert, was trotz der statischen Hintergründe einen lebendigen Eindruck erweckt. Die Farben kommen auf dem Vita-Bildschirm gut zur Geltung – besonders auf dem OLED-Screen meiner alten Vita. Was ich jedoch nicht optimal finde, ist die genutzte Schrift. Der dünne Font lässt sich zumeist gut lesen, ist aber hin und wieder auch durch die bunten Figuren und Objekte im Hintergrund schwer zu erkennen. Der Text ist komplett in Englisch präsentiert, die Figuren werden unterdessen von japanischen Sprechern vertont. Ein zur Zeitepoche passender Soundtrack untermalt die schön gestalteten Szenen zudem gelungen.