Releasetermin: 10.03.2017

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-RPG
Entwickler: Platinum Games
Herausgeber: Square Enix

 

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Yoko Taro trifft auf Platinum Games – wahrlich eine interessante Mischung. Während ersterer für seltsame, aber charmante Spiele wie Drakengard oder Nier verantwortlich war, sind dem Studio von Platinum ebenfalls groteske Actiontitel gut bekannt, schließlich entwickelten die Japaner Bayonetta, Vanquish oder Metal Gear Rising. Während die Kollaboration also in vielerlei Hinsicht Sinn macht, war die Enthüllung von NieR Automata aber durchaus überraschend. Denn auch wenn der erste Teil seine Fans hatte, war das Spiel kein finanzieller Erfolg. Durch Platinum Games als Entwickler konnte der Nachfolger aber für wesentlich mehr Aufmerksamkeit sorgen. Hat sich das Experiment gelohnt, Yoko Taro und Platinum zusammen zu bringen? Ich verrate es euch!

Maschinen für die Menschheit

NieR Automata ist in einer fernen Zukunft angesiedelt. Die Erde ist längst nicht mehr das, was sie einmal war: Auf den zerstörten Landschaften ist ein Leben kaum noch möglich. Was noch von der Menschheit übrig ist, hat es auf den Mond verschlagen, wo die Überlebenden in einer speziellen Basis verweilen. Ganz von der Erde hat man sich aber doch nicht abgewendet. So entwickelt man Kampf-Roboter, die zum ehemaligen Heimatplaneten geschickt werden und die Alien-Gefahr beseitigen soll, die für den Zustand der Erde verantwortlich ist. Als solch ein Kampf-Android bekommen die Spieler „2B“ vorgestellt. Eine vermeintlich simple Gefechts-Mission läutet den Auftakt ein – doch überschlagen sich die Ereignisse schnell. Neben der Bedrohung durch die mechanischen Wesen aus dem All wird auch die Identität der Androiden zur zentralen Thematik. Es ist schwer, viel mehr zu verraten, ohne grobe Spoiler auszuplaudern. Daher möchte ich euch nur so viel versprechen: So eine Geschichte habt ihr schon lange nicht mehr erlebt. Während der Titel eine ganz komische Stimmung aufleben lässt, gibt es jede Menge spannender Wendungen, die mich das ein oder andere Mal wirklich überrascht haben. Und selbst wenn manches Ereignis dann doch einmal vorhersehbar ist, überzeugt stets die Umsetzung. NieR Automata schafft es, seine seltsame Story in tollem Pacing herüber zu bringen, sodass bei mir zu keiner Sekunde Langeweile aufkam.

26 Enden, 5 Routen und mehrere Genres

Auch wenn Automata einen direkten Nachfolger darstellt, sind Vorkenntnisse nicht nötig. Wer allerdings mit dem Vorgänger vertraut ist, wird sich umso schneller in die Welt von Yoko Taro einfinden. Fans des Entwicklers werden ebenfalls wissen, auf welch umfangreiches Abenteuer sie sich hier einlassen. NieR Automata bietet sage und schreibe 26 Enden! Doch sind die meisten davon kleinere Szenen, die nicht als vollwertiges Ende zu betrachten sind. Dennoch bietet das Spiel fünf verschiedene Routen, die mit individuellen Enden auf ihre Spieler warten. Auch hier gibt es noch einmal inhaltliche Unterscheidungen und so stellen die letzten beiden Routen eher Bonus-Geschehnisse dar. Routen A, B und C allerdings sorgen für jede Menge zu tun. Wer glaubt, nach dem ersten Durchspielen Automata abgeschlossen zu haben, irrt sich gewaltig. Die Handlung ist auf sämtliche Routen verteilt sowie in verschiedenen Perspektiven konzipiert und so müssen Spieler tatsächlich alles spielen, um auch wirklich die ganze Story zu erleben – wir sprechen hier von 35+ Stunden. Dieses Konzept ist durchaus gelungen umgesetzt und trägt dazu bei, dass sich NieR Automata besonders anfühlt. Ich habe schlicht selten solch ein clever durchdachtes Gesamtpaket erlebt. Das Prinzip der verschiedenen Routen hat zwar auch seine Schwächen, doch später mehr dazu.

Um für Abwechslung zu sorgen und die Spieler stets aufs Neue zu überraschen, ist NieR Automata kein gewöhnliches Action-RPG. Ich habe mich schwer daran getan, dem Titel ein klares Genre zuzuordnen, denn wandelt sich das Spielgeschehen immer wieder in den mehreren Durchgängen. Mal ein Sidescroller, mal ein Bullet Hell-Shooter, mal eine Visual Novel – hier tauchen die unterschiedlichsten Genres auf. Auch wenn der rasante Perspektivenwechsel bei mir gelegentlich für kurze Desorientierung sorgte, finde ich die Idee des wandelnden Spielgeschehens toll.

Platinum Games als Meister der rasanten Kämpfe

Primär aber stellt der Titel ein Action-RPG dar, das vom Hack’n’Slay-Geschehen in typisch hoher Platinum Games-Qualität lebt. Das Kämpfen präsentiert sich inmitten des Genre-Mischmaschs als wohl größter Aspekt. Es ist wahnsinnig flink, flexibel und steuert sich einfach traumhaft, was einmal mehr Platinums Stärke auf diesem Gebiet unterstreicht. Der Protagonistin 2B stehen zwei Aufgebote mit zwei Waffen zur Verfügung und ein Pod als Helfer zur Seite. Ein ausgeklügeltes Kombo-System macht die kreative Nutzung von Klingen und Pod möglich und so hatte ich großen Spaß daran, auch nach vielen Stunden immer noch neue Möglichkeiten im Kampf zu entdecken. Das vielfältige System wird weiter gestärkt durch die Tatsache, dass 2B nicht der einzige spielbare Charakter ist. Die weiteren Figuren kommen mit ganz anderen Manövern daher, was die Abwechslung über einen langen Zeitraum hoch hält.

Während das Kampfsystem also auf voller Linie punkten kann, kommen diverse RPG-Elemente zum Einsatz. Hier möchte ich die Plugin-Chips hervorheben. Passend zur Thematik rüsten sich die Androiden mit solchen Chips auf, die quasi Fähigkeiten der Figuren darstellen. Wir können eine Anzeige nach Belieben mit Chips füllen, wobei die Anzeige nur begrenzten Platz bietet und besonders hilfreiche Chips auch entsprechend viel Platz verbrauchen. Dieses Plugin-Konzept umfasst aber nicht nur Fertigkeiten wie bei einem Skillbaum, sondern umschließt auch Elemente des HUDs oder gar die Minimap. Wir können uns also bewusst dazu entscheiden, auf so manche visuelle Hilfe zu verzichten und stattdessen lieber auf eine weitere starke Fähigkeit zu vertrauen. NieR Automata erlaubt seinen Spielern ein Stück weit, die Vorgangsweise zu beeinflussen und beispielsweise offensive Nahkampf-Spielweisen oder defensive Haltungen mit Fokus auf Gesundheitsboosts zu gestalten.

Plugins als kreative Aufrüstungsmechanik

Ich war permanent motiviert, meine Attribute mit neuen Chips zu verbessern und gleichzeitig die Kapazität der Plugin-Teile aufzustocken. Da im späteren Verlauf gar ganz neue Mechaniken wie zum Beispiel der Konter in Form eines Chips dazu kommen, hält dieses System wie so viele andere Aspekte des Spiels immer etwas Neues für den Spieler parat. Als weitere RPG-Komponente kommen Materialien zum Upgrade von Waffen und Pods zum Einsatz. Es lohnt sich, die Umgebung abzutasten, da mit gefundenen Ressourcen und verdientem Geld viele Verbesserungen geschaffen werden können. Ebenfalls Teil der meisten RPGs: Nebenmissionen. Wir finden nicht nur Materialien in den Arealen, sondern auch viele Lebewesen, die über die Routen verteilt jede Menge spaßige Aufgaben im Ärmel haben. Der Fortschritt bei den Tätigkeiten wird bei einem neuen Durchgang übernommen, sodass man dem Spieler die freie Wahl lässt, wann Haupt- und wann Nebenmissionen angegangen werden.

Sterben verboten

Nachdem mich das Amrita-Konzept von Nioh erst letzten Monat sehr an die Seelen in Dark Souls erinnert haben, kommt hier eine ähnliche Idee zum Einsatz. Stirbt unser Android-Charakter, hinterlässt er den alten Körper – mitsamt aller Plugin-Chips – an Ort und Stelle. Gelingt es uns nicht, zum Körper zu gelangen, sind tatsächlich alle Chips verloren. Auch wer sich zu lange Zeit lässt, wird von selbigem Schicksal ereilt. Das klingt in der Theorie wahnsinnig frustrierend und zieht auch wahrlich böse Momente mit sich. Doch wird eine angenehme Anspannung aufgebaut, die sicherstellt, dass wir als Spieler unser Vorgehen stets abwägen und in möglichst keiner Situation wie Rambo verfahren. Als Ausgleich kommt hier eine Online-Komponente zum Zuge. Wir können die gefallenen Körper anderer Online-Spieler sehen, sofern die entsprechende Option im Menü aktiviert wurde. Finden wir solch einen leblosen Körper, stehen uns drei Möglichkeiten zur Verfügung. Wir können für den Androiden beten und dadurch unsere Gesundheitsleiste füllen. Auch lässt sich die Leiche bergen, wodurch Spieler Geld und temporäre Boosts basierend auf den Plugin-Chips des gefallenen Androids gewährt werden. Zudem besteht die Option, den leblosen Körper zu reparieren und somit für einige Zeit für einen neuen Verbündeten zu sorgen. Auch wenn mich das gesamte Konzept zunächst stark eingeschüchtert hat, hatte ich unterm Strich doch viel Spaß mit dieser Mechanik.

Klasse Spiel, doch nicht ohne Fehler

Bisher habe ich nur geschwärmt, doch kommt NieR Automata nicht ohne Schwächen aus. Neben den eingangs angedeuteten Problemen beim verwirrenden Perspektivenwechsel gab es auch weitere Punkte, die mir weniger gefallen haben. So muss ich anmerken, dass ich zwar von der Anzahl an Nebenquests überzeugt bin, jedoch konnten die Aufgaben nicht immer qualitativ bei mir punkten. Es gibt wahrlich kreative, kurzweilige Tätigkeiten und auch motivierende Questlines, die sich über mehrere Aufgaben erstrecken. Doch ebenso waren mir einige Nebenmissionen schlicht zu aufwendig oder zu eintönig. Auch war ich von einigen Bosskämpfen leicht enttäuscht. Besonders im ersten Drittel war mir das Spiel auf dem Schwierigkeitsgrad “Normal” gemessen an anderen Platinum-Spielen fast schon zu leicht. Allerdings zieht die Stufe allmählich an.

Die offene Welt ist unterhaltsam inszeniert und auch das Erkunden macht Spaß. Doch sieht man sich nach einiger Zeit an den Umgebungen satt, zudem sind die Gebiete recht leblos gestaltet. Das Spiel baut auf mehrere Durchgänge auf, doch verlieren spätestens beim zweiten Durchgang viele Szenerien ihre Wirkung. Insgesamt konnte mich die Grafik nicht so ganz überzeugen. Während die Hauptfiguren und auch weite Teile der Nebencharaktere gut in Szene gesetzt sind und die Action vor allem in Bewegung eine gute Figur von sich gibt, wirkt die Spielwelt recht steril. Die Inszenierung passt so gesehen gut zur Thematik des Spiels, doch fehlt mir in vielen Arealen das gewisse Etwas, um von wirklichen Grafik-Highlights sprechen zu können. Höhepunkte gibt es für die Ohren dafür umso mehr. Der Soundtrack ist fantastisch ausgefallen und schafft es, das dynamische Geschehen perfekt zu untermalen. Dabei sind die Klänge abwechslungsreich und unterstützen die actionreichen, emotionalen und skurrilen Momente geschickt. Die Sprachausgabe liegt in Englisch und Japanisch vor. Beide Varianten geben einen soliden Eindruck ab. Deutsche Untertitel lassen sich zum Verständnis einschalten.

Wertung im Einzelnen
Story
9.5
Gameplay
9
Inhalt und Umfang
9
Grafik
7
Sound
9
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Hey Leute, ich bin der Dominik, Redakteur, und stürze mich für euch gerne in die aktuellsten News und Reviews der PS4 :)