Releasetermin: 12.12.2017
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Adventure
Entwickler: Clover Studio
Herausgeber: Capcom
Okami hat inzwischen schon eine lange Reise hinter sich. Die erstmalige Veröffentlichung des Spiels erfolgte 2006, dieses Jahr feiert das Action-Adventure also bereits seinen zwölften Geburtstag. In der Zeit dazwischen gab es aber noch recht zeitnah eine Wii-Version, 2012 eine HD-Umsetzung auf Sonys Playstation 3 und seit vergangenem Monat ist Okami auch für PS4, Xbox One und den PC erhältlich. Doch was genau verbirgt sich hinter Okami, dass Capcom es für notwendig hält, das Spiel über drei Konsolengenerationen hinweg zu veröffentlichen? Ob Okami HD auch Jahre nach der Erstveröffentlichung noch begeistern kann oder ob das alternde Abenteuer heutzutage nicht mehr zeitgemäß ist, klären wir im Test.
Zeichnerisch die Welt retten
Schon gewusst? Hinter dem Namen des Spiels verbirgt sich eigentlich ein Wortspiel: das Wort Okami heißt im Japanischen „Wolf“, die formenden Kanji-Schriftzeichen des Titeln bedeuten aber auch „große Gottheit“ und wenn man die Schriftzeichen anders schreibt, aber gleich ausspricht, steht das Wort für „großes Papier“. Was dieser kleine Fremdsprach- und Wikipedia-Exkurs soll? Im Grunde lässt sich dieses Videospiel mit diesen drei Wörtern hervorragend zusammenfassen. Aber fangen wir ganz von Vorne an: das Land Nippon wurde durch die dämonische Kreatur Orichi abermals in Dunkelheit und Verderbnis gehüllt. Die gesamte Hoffnung der Bewohner liegt in Okami Amaterasu, einer göttlichen Wölfin mit übernatürlichen Kräften. Amaterasu verfügt nämlich über spezielle Pinselfähigkeiten, mit denen sie ihre Umgebung beeinflussen und Nippon so retten kann.
Doch Amaterasu verfügt zum Zeitpunkt ihres Erwachens nicht über alle benötigten Kräfte. Ausgehend von einem kleinen Dorf namens Kamiki liegt die Aufgabe des Spielers daher darin, das restliche Land zu bereisen, durch Begegnungen mit anderen Gottheiten weitere Pinseltechniken zu lernen und den sogenannten Wächtersprösslingen wieder zu neuer Blüte zu verhelfen. Durch blühende Wächtersprösslinge kehrt das Leben in umliegende Gebiete zurück, wodurch die Umgebungen nicht weiter von trister Dunkelheit, sondern von farbenfroher Vegetation und Lebensfreude dominiert werden. Während eurer Reise werdet ihr von Issun – einem selbsternannten wandelnden Künstler – begleitet. Ähnlich wie Navi oder Midna aus den Zelda-Spielen versorgt euch auch Issun mit nützlichen Tipps und erzählerischen Zusätzen, besonders gut gefielen mir aber die humorvollen Kommentare, die er zwischendurch abgibt.
Spürbare Inspirationen im Game-Design
Generell erinnert Okami in seiner Aufmachung und diversen Spielelementen besonders zu Beginn stark an die Meisterwerke der The-Legend-of-Zelda-Reihe. Ihr bereist verschiedene Dörfer, durchstreift Wälder und Dungeons, löst diverse Rätsel und müsst euch in Kämpfen gegen Monster behaupten. Doch auch wenn der Vergleich zurecht gezogen wird, hat Okami dennoch eine ganz eigene Identität. Das ist vor allem den Pinseltechniken zuzuschreiben, die sich maßgeblich auf das Gameplay auswirken. Durch verschiedenste Fähigkeiten kann Amaterasu mit ihrer Umgebung interagieren. Durch Restauration können alte Brücken wiederhergestellt werden, malt ihr einen Kreis in die Luft wird die Nacht zum Tag und mit einer weiteren Technik könnt ihr Seerosen auf einem Fluss entstehen lassen. Doch nicht nur in der Spielwelt und bei Rätseln kommen diese Fähigkeiten zum Einsatz, auch in den Kämpfen seid ihr auf eure Zeichenkünste angewiesen.
Lauft ihr in der offenen Welt Nippons Gegnern in die Quere, wird das umgebene Areal kurzerhand abgegrenzt und der Kampf unmittelbar eingeleitet. Neben Standard-Angriffen und der Verwendung verschiedener Waffen könnt ihr in den Auseinandersetzungen auch auf euren Pinsel zurückgreifen. Ein einfacher Knopfdruck stoppt die Action, hüllt das Kampfgeschehen in Papieroptik und gibt euch Zeit, den Pinsel zu nutzen. Zu Beginn könnt ihr dank „Kraftstreich“ über das Zeichnen simpler Linien Schaden anrichten, später malt ihr beispielsweise auch Bomben um den Widersachen einzuheizen. Besonders gut haben mir die abwechslungsreichen dämonischen Kreaturen gefallen. Einige graben sich während des Kampfes ein und werden am besten von hinten attackiert, fliegende Fische müssen zuerst mit einem Kraftstreich aus der Luft geholt werden und bestimmten Kobolden könnt ihr mit gezielten Linien besonders starken Schaden zufügen. Okami wechselt zwischen Kämpfen gegen mehrere Feinde und Duellen gegen stärkere Bosse. Das Ausprobieren verschiedener Taktiken lohnt sich: je schneller der Kampf beendet ist, desto größere Belohnungen warten auf euch. Mit dem erhaltenen Geld könnt ihr euch mit hilfreichen Items ausrüsten oder in Kampf-Dojos neue Kampffähigkeiten erlernen.
Ein Abenteuer mit Charakter
Zusätzlich bietet Okami kleinere Nebentätigkeiten, versteckte Geheimnisse und einige Sammelgegenstände. Was erstmal nach generischen Methoden zur Verlängerung der Spielzeit klingt, ist in Okami deutlich mehr. Das gesamte Universum hat etwas Magisches, das euch mit jedem Charakter, jedem neuen Gebiet und sogar dank einfacher Items kontinuierlich mehr ans Herz wächst. Der Humor einiger Nebenfiguren, die traditionell japanische Musik und die wunderschön präsentierte Geschichte wecken euren Erkundungsdrang und werden euch an das Spiel fesseln. Den Unterschied zwischen einem guten und einem hervorragenden Videospiel beweist Okami mit der Detailverliebtheit und Feinheiten. Wie zum Beispiel der absolut niedlich dargestellten Möglichkeit, andere Tiere zu füttern und so „Glück“ zu sammeln, mit dem Amaterasu anschließend einige ihrer Werte verbessern kann. Oder die optisch grandiosen Zwischensequenzen nach der Rettung eines Wächtersprösslings, bei denen die tristen Umgebungen plötzlich mit Wellen aus Blumen überrollt werden und sämtliche Pflanzen zu Blühen beginnen.
Dass die Cutscenes so ansehnlich sind ist aber nicht nur der Regie, sondern vor allem dem einzigartigen Grafikstil von Okami zuzuschreiben. Mit einem Mix aus Cel-Shading und der Pinsel-/Tusche-Optik schafft es der Artstyle nicht nur das Spielprinzip zu unterstreichen, sondern ferner für bildschöne Momente zu sorgen. Charaktere bleiben im Gedächtnis, in den sympathisch gestalteten Dörfer fühlt man sich einfach wohl und das Monsterdesign ist mitunter überaus kreativ. Wäre Okami erst dieses Jahr entstanden, wären die grafischen Möglichkeiten sicherlich größer gewesen und teilweise verwaschene Texturen würden der Vergangenheit angehören. Dank des etwas aufgehübschten und ohnehin zeitlosen Cel-Shading-Looks lässt sich Okami aber auch heute noch genießen. Zusätzlich ist aber auch ein gewisser Retro-Charme vorhanden – wer es ganz oldschool möchte, kann sogar das originale Bildformat von 4:3 einstellen.