Releasetermin: 07.10.2016
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Rennsimulation
Entwickler: Milestone S.r.l.
Herausgeber: Milestone S.r.l.
Erst zuletzt habe ich mit F1 2016 eine sehr gelungene Rennsimulation gespielt und darin auf den virtuellen Rennstrecken der Formel 1 einige Runden gedreht. Nur kurze Zeit später liegt in meiner Playstation 4 ein weiterer Vertreter des selben Genres, dieses Mal werden die Rennen jedoch auf Motorrädern bestritten. Ride 2 möchte an die Stärken des Vorgängers anschließen und zudem mit einigen Problemfeldern abschließen. Ich habe für euch in das Rennspiel reingespielt und werde euch nachfolgend meine Eindrücke schildern.
Komplexer Editor und starke Auswahl an Spielmodi
Zu Beginn des Spiels dürft ihr euch erstmal euren persönlichen Fahrer erstellen und ihm neben Namen und Geschlecht auch Nationalität und Hautfarbe zuweisen. Schade ist, dass man hier nicht beispielsweise auch eine Körperstatur festlegen kann und auch eine umfangreiche Veränderung der Kleidung fehlte mir etwas. Was sich aber sehr wohl später im Spiel noch einstellen lässt, ist die Haltung des Fahrers auf dem Motorrad. Was zunächst sehr albern klingt, wurde in Ride 2 in einer unglaublichen Komplexität umgesetzt. Die Schulterhöhe, die Schulterdrehung, die Sitzposition, der Winkel des Ellenbogens, der Winkel in dem sich der Kopf neigt – dieses Feature fällt wohl sehr eindeutig in die Kategorie der Funktionen, die wohl kaum jemand wirklich verwenden wird, die aber einigen ihre Freude bereiten wird.
Nach der Charaktererstellung erhielt ich mein erstes Motorrad und mein nächster Blick fiel auf die Auswahl an Spielmodi, die beinahe niemanden enttäuscht zurücklassen sollte. Die sogenannten World Tour Events lassen euch auf verschiedenen Schwierigkeitsstufen und in unterschiedlichen Motorradklassen acht Einzelrennen hintereinander absolvieren. Neben dem Verdienen von Credits, die später noch wichtig sein werden, ist die Teilnahme an diesen Events auch unumgänglich, um weitere Modi freizuspielen. Ihr spielt euch in den World Tour Events nämlich in einer Rangliste von 300 Fahrern nach oben und bei jeder guten Platzierung erhaltet ihr einige Punkte, die euch im Anschluss Plätze nach oben katapultieren. Mit dem Erhalt von Goldmedaillen schaltet ihr weitere Meisterschaften frei, ab einer bestimmten Platzierung in der Einzelrangliste stehen euch auch die Teamrennen zur Auswahl. Hier kämpft ihr in zwei Viererteams um den Podiumsplatz, das Team mit der letztlich besseren Gesamtwertung erhält den Sieg. Wenn ihr gesammelte Tokens verwendet, könnt ihr auch andere Teammitglieder verpflichten, um erfolgreicher in der Teamrangliste aufzusteigen.
Großer Umfang, leider ohne wirkliche Karriere
Um an diese Tokens zu gelangen stehen euch wöchentliche und tägliche Herausforderungen zur Verfügung, die euch stets unter bestimmten Bedingungen, wie etwa vorgegebener Motorradklasse und Strecke auf die Piste schicken und euch bei bestimmten Ergebnissen entlohnen. Wer sich einfach nur schnell auf sein Zweirad schwingen möchte, kann dies in einfachen Rennen machen, die sich alternativ auch im lokalen Splitscreen fahren lassen. Ein Feature, das in aktuellen Rennspielen meiner Meinung nach leider viel zu selten Anwendung findet! Außerdem gibt es natürlich auch den typischen Zeitfahrmodus, in dem ihr eure Bestzeiten auf den Rennstrecken aufstellen könnt. Der beträchtliche Umfang wird mit den Online-Rennen abgerundet, die zwar keine nie dagewesenen Funktionen bieten, aber in meinem Test keine Verbindungsprobleme aufwiesen. Trotz der ganzen Auswahlmöglichkeiten hat mir aber irgendwie ein zentraler Karrieremodus gefehlt. Die World Tour Events suggerieren mit dem Aufstieg in der Fahrerliste zwar einen gewissen persönlichen Fortschritt, aber in der Präsentation wirkt auch dies etwas trocken und auch wenn mir das Konzept der verflochtenen Modi, die ihre Freischaltung gegenseitig bedingen, grundsätzlich gefällt, hätte ein wenig Story sicherlich nicht geschadet.
Unterwegs auf der Piste
Doch eine große Palette an Spielmöglichkeiten bringt nichts, wenn das grundlegende Gerüst, also die Rennen, nichts taugen. Glücklicherweise kann Ride 2 aber auch in dieser Kategorie mit einer tollen Fahrphysik und einem angenehmen Fahrgefühl punkten. Das Motorradspiel verfolgt einen realistischen Ansatz, wer also auf ein Need for Speed mit Zweirädern gehofft hat, ist hier an der falschen Adresse. Wer jedoch noch nie eine Rennsimulation gespielt hat, sollte Ride 2 trotzdem nicht abschreiben. Wählt ihr einen einsteigerfreundlichen Schwierigkeitsgrad aus und greift auf die einfache Fahrphysikseinstellung zurück, lassen sich schon schnell Erfolge erzielen. Stabilisierung des Fahrzeugs und eine Abbremshilfe in den Kurven nehmen euch sehr an die Hand, natürlich hilft auch die sichtbare Ideallinie. Steigert ihr euch schrittweise hoch, erhöht das auch den Anspruch der Rennen. Plötzlich wird der Kontakt mit Mitstreitern schneller bestraft, unebene Untergründe lassen euch schneller Wegrutschen und jede Kurve wird zu einem schwierigeren Unterfangen. Optional steht euch im Singleplayer aber auch die Rückspulfunktion zur Verfügung.
Natürlich ist auch die Wahl des Motorrads entscheidend, und davon bietet das Spiel von Milestone so einige. Insgesamt 177 Modelle namhafter Hersteller (Yamaha, Suzuki, BMW uvm.) stehen euch nach und nach zum Kauf oder zur Freischaltung zur Verfügung. Hier finden auch die verdienten Credits ihren Einsatz, von denen ihr oftmals nicht wenige braucht, um euch ein neues Fahrzeug zuzulegen. Interessant ist aber der Ansatz, mit dem das Spiel euer Können belohnt. Würdet ihr für den ersten Platz in einem World Tour Event normalerweise mit 5000 Credits belohnt werden, könnt ihr das je nach Einstellungsset noch etwas in die Höhe treiben. Deaktiviert ihr nämlich zum Beispiel die Bremshilfe und die Rückspulfunktion und stellt den Schwierigkeitsgrad hoch, bekommt ihr für jede dieser Optionen einen gewissen Prozentsatz an Credits oben drauf.
Fahrzeugwerte & Tuningmöglichkeiten
Beim Einkauf neuer Motorräder werden euch dann fünf interessante Werte angezeigt: Beschleunigung, Bremskraft, Höchstgeschwindigkeit und Fahrverhalten zeigen die Stärken des Motorrads in verschiedenen Kategorien an. Zum Schluss gibt es noch den LP-Wert, der laut dem Spiel ein genereller Indikator für die Renntauglichkeit, also Gesamtstärke des Zweirads ist. Und die Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen sind nicht zu vernachlässigen! Ein hoher Fahrverhaltenswert spielt euch gerade zu Beginn sehr in die Karten, auf der anderen Seite gibt es kaum einen motivierenderen Moment als den, wenn ihr zum ersten Mal ein Motorrad mit signifikant höherer Höchstgeschwindigkeit freischaltet. Gut gefallen hat mir auch die Tatsache, dass ihr euer Motorrad noch weiter anpassen könnt. Abgesehen von den optischen Veränderungen, bei denen ihr eurem Favoriten mit farbigen Griffen oder einer persönlichen Startnummer einen ganz eigenen Anstrich verpassen könnt, wird es besonders bei der Wahl neuer Teile für euren Motor, die Bremsen oder die Felgen interessant. Hier lässt sich aus eurem Fahrgerät nämlich noch so einiges mehr rausholen, wodurch die Grundwerte einige Punkte nach oben schießen können. Während der Fahrt dürft ihr übrigens zwischen mehreren Perspektiven wählen. Grundeinstellung ist eine Sicht von hinten auf das Motorrad, die sich auch in der Entfernung verändern lässt. Hier ist der Überblick sehr gut, das beste Geschwindigkeitsgefühl bekommt ihr aber, wenn ihr eine der Egoperspektiven auswählt.
Leiden die schönen Strecken unter mittelmäßiger Technik?
Definitiv auf einem hohen Level ist auch die Zusammenstellung an Rennstrecken. Ihr werdet auf etwa dreißig Strecken unterwegs sein, die in verschiedenen Abschnitten und unter unterschiedlichen Wetterbedingungen befahrbar sind. Mein erster Anlauf auf der Nordschleife beschäftigte mich rund acht Minuten, genauso gibt es aber auch Strecken die mit einer Länge von 3000 Metern nur einen Bruchteil der Zeit in Anspruch nehmen. Außerdem gibt es neben flachen Rennstrecken auch Ausflüge durch Städte oder in Wälder und Gebirge. Deutlich wird hier die Genauigkeit, mit der die Entwickler an die Kreierung der Umgebungen herangegangen sind. Die generelle Präsentation von Ride 2 wirkt zwar etwas angestaubt und kann keineswegs mit den fotorealistischen Grafikqualitäten aktueller Genregrößen wie Forza Horizon 3 oder Project Cars mithalten. Das fällt einfach beim Blick auf die Motorräder, auf die Texturen und auf die Animationen der Zuschauer auf. Trotzdem machte es dank des tollen Streckendesigns und der ansehnlichen Wetter- sowie Tag-Nacht-Effekte einfach Spaß, die Strecken entlang zu düsen. Bei der Entwicklung von Ride 2 wurde das technische Augenmerk offensichtlich auf die Erzielung einer durchweg konstanten Bildrate gelegt, die bei einem Rennspiel zum Standardrepertoire gehören sollte.
Lange Ladezeiten, Audio und der Fotomodus
Zum Abschluss noch ein paar Kleinigkeiten. Leider plagen das Spiel nicht selten sehr lange Ladezeiten beim Start und zwischen den Rennen. Das ist gerade dann ärgerlich, wenn man einfach nur mal kurz in das Spiel einsteigen und ein bis zwei Rennen bestreiten möchte, ohne sich lange an der Konsole aufzuhalten. Die generelle Audioausgabe des Spiels ist nicht sonderlich erwähnenswert. Die Motorengeräusche sind ziemlich durchschnittlich, beim Soundtrack war ich auch überwiegend unbeeindruckt. Einige rockige Stücke blieben mir hier aber positiv in Erinnerung. Ein tolles Feature, das einem fast entgeht, ist außerdem der Fotomodus. Pausiert ihr während des Rennens, könnt ihr die Kamera in einem bestimmten Gebiet um euch herum frei bewegen, justieren, im Winkel verändern und am Ende einen schön in Szene gesetzten Schnappschuss schießen. Hier gibt es sogar Filter zu Auswahl, in denen unter anderem sogar die Kontraste oder die Sättigung einstellbar sind. Abschließend noch eine Kleinigkeit, die besonders echten Motorradfans gefallen wird: in den Ladebildschirmen oder beim Motorradeinkauf gibt es zu jedem Modell einen recht langen Text, der neben den Spezifikationen auch gerne mal etwas über die Entstehungsgeschichte oder Firmenhistorie preisgibt.