Releasetermin: 26.05.2017
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Adventure
Entwickler: Tequila Works
Herausgeber: Grey Box Games
Als PS4-Exklusivtitel angekündigt, von den Deadlight-Machern geschaffen und nach turbulenter Entwicklungsgeschichte schließlich als Multiplattform-Titel erschienen. Doch was für ein Spiel steckt hinter Rime, dem Adventure von Tequila Works, das im Vorfeld insbesondere durch seinen Cel-Shading-Look aufgefallen ist? Oder auch durch vorhandene Parallelen zu kunstvoll angehauchten Titeln wie Ico oder Journey? Von der Erzählung oder dem Rätsel-Gameplay war mir bis zu meinen ersten Spielminuten nur sehr wenig bekannt – doch wieso auch sollte ich mich im Vorfeld großartig informieren? Schließlich haben mir gerade Spiele wie die von thatgamecompany und Team Ico gezeigt, dass man mit möglichst wenig Vorwissen vielleicht die beste Erfahrung aus solchen Titeln zieht.
Auf der Suche nach einer Geschichte
Doch um an dieser Stelle bereits zu viel zu verraten, müsste ich bei Rime schon ganz ans Ende der Geschichte gehen. Als der namens- und bewusstlose Protagonist am Anfang der Geschichte an eine einsame Insel angespült wird, ist das eigentliche Thema nämlich noch gar nicht absehbar. Auf der Suche nach der eigenen Vergangenheit wird aber schnell die Insel zur eigentlichen Entdeckungsreise: der Spieler entdeckt interessante Punkte in der Ferne und wird durch Licht oder durchdachte Kameraregie geleitet. Dann wäre da noch der magische Fuchs, der mich auf spezielle Orte aufmerksam machen möchte und sich anschließend immer wieder in Luft auflöst. Und wer ist dieser schwarze Mann im roten Mantel, der stets verschwindet, kurz bevor ich ihm nah genug kommen kann? Gesprochene Dialoge oder Bildschirmtexte gibt es keine, erzählt wird die Geschichte allein über Bildkommunikation und Symbolik: statt Sprache lassen mich Wandmalereien und ominöse Figuren etwas in die Spielwelt hineininterpretieren.
In Rime werdet ihr dadurch zwar nicht an der Hand geführt – wohin es als nächstes geht ist aber zumeist offensichtlich. Statt einer offenen Erkundung der Insel winkt ein linearer Storyablauf, der einen aber in der Bewegung nie zu stark einschränkt. Das funktioniert eigentlich ziemlich gut, vermeidet das Spiel dadurch nämlich unnötige Längen oder Frust durch lange Rumsucherei. Genauso wie Rime mir einen aufbrechbaren Rahmen in der Bewegung bietet, ist auch die Interpretation in einigen Punkten gesteuert, in anderen wiederrum sehr offen. Auf der Suche nach dem Hintergrund der ganzen Story empfand ich Gefühlsnuancen zwischen Mitgefühl und Schuld, während ich selbst noch gar nicht ganz wusste, wieso ich überhaupt so fühle. Und selbst nach dem halbwegs aufklärenden Ende musste ich viele Momente Revue passieren lassen und neu verarbeiten – dies sah ich definitiv als eine der großen Stärken von Rime.
Mit Rätseln zum Ziel
Auf der Entdeckungsreise werdet ihr durchgängig auch mit Rätseln verschiedenen Umfangs konfrontiert. Primär bekommt ihr es hier mit Schiebe-, Kletter- und Optikrätseln zu tun, was in der Realität aber wesentlich interessanter ist als es zunächst klingt. Die Knobeleien werden meist recht sinnvoll in die unterschiedlichen Schauplätze der Insel integriert und verfügen über intelligente Ansätze und Ideen. Wenn auch in nicht so kreativer Umsetzung wie beispielsweise bei einem The Witness, ist die Verbindung von Licht, der Umgebung und klassischen Elementen von Puzzle-Adventures recht gelungen. Auch wenn in Berichten zu Rime bereits anderes zu Wort kam, so fand ich die Aufgaben meist recht simpel. Dadurch, dass wir es hier meist mit sehr zentrierten Rätseln zu tun bekommen, gibt es nicht viel Hin- und Hergelaufe und man muss meist nur die vorhandenen Möglichkeiten abwägen. Selbst durch etwas größere Rätsel, die sich beispielsweise über mehrere Ebenen eines Gebäudes erstrecken, wird man in der Regel recht linear geführt. Vielleicht muss man mal einen Stein zweimal umdrehen und manchmal ist das Spiel sehr penibel beim Aktionsradius des Charakters, wirklich frustrierend wird Rime dadurch aber nie. Im Gegenteil: das klassische, belohnende „Zelda-Gefühl“ nach dem Knacken eines umfangreichen und schwierigen Rätselkomplexes bleibt leider aus.
Den markanten Cel-Shading-Grafikstil des Spiels erwähnte ich eingangs bereits. In der Tat dürfen sich Spieler auf eine sehr schöne optische Gestaltung des Adventures freuen, die im Stile von Titeln wie The Legend of Zelda: The Wind Waker nicht nur zeitlos, sondern auch stringent ausgeführt erscheint. Auffällig ist dabei auch die Auswahl der Farben: Bauwerke erstrahlen zumeist in einem Weißton, auf dem besonders das rotfarbige Cape des Protagonisten deutlich auffällt. Auch der magische Fuchs und die fremde, ebenfalls rotgekleidete Person heben sich von den Umgebungsfarben merklich ab. Trotzdem gelingt es den Entwicklern, klare Unterschiede zwischen den einzelnen Spielabschnitten zu schaffen: das sehr helle erste Kapitel steht in starkem Gegensatz zum Wüstenschauplatz des zweiten Kapitels oder den düsteren Gebieten gegen Ende des Spiels. Stilistisch machten die Entwickler bei Rime also eine sehr passende Entscheidung, die sich nicht nur optisch, sondern auch spielerisch und sogar erzählerisch auswirkt. Ähnlich stark ist auch die akustische Untermalung von Rime: David García Díaz zaubert einen magischen, perfekt auf die Atmosphäre abgestimmten Soundtrack, der mich mit feinen Klavier- und Violinenklängen hervorragend durch das Erkundungsabenteuer geleitet hat.
Schwächen in Technik und Erzählung
Leider gibt es aber auch einige Sachen zu bemängeln. Auf technischer Seite wären hier zum Beispiel diverse Ruckler, die über das gesamte Spiel verteilt auftreten. Zwar ist der Spieler in Rime nicht auf schnelle Spieleingaben angewiesen, trotzdem stören die Bildrateneinbrüche den Spielfluss gerade wegen ihres doch recht häufigen Vorkommens. Zusätzlich sorgt ein merkwürdiges Kameraverhalten zum Beispiel beim Tauchen zwischenzeitlich für Verwirrung und macht eine Art Verfolgungsjagd in der Mitte des Spiels zu einer etwas frustrierenden Angelegenheit. Und auch auf der erzählerischen Ebene bin ich nicht vollkommen überzeugt: hätte mich das Finale des Spiels wirklich beeindrucken sollen, wäre eine festere emotionale Bindung zu meinem Charakter nötig gewesen. Diese versuchen die Entwickler zwar aufzubauen, leider schafft der teilweise etwas identitätslose Protagonist es aber nicht, seine Gefühle, Gedanken und Ideen ausreichend zu kommunizieren. Genauso wird auch ein Spielabschnitt, der mit einem Zweiergespann auf den Spuren von The Last Guardian wandelt, zwar zu einem spaßigen, gefühlstechnisch aber weitestgehend unberührenden Kapitel.