Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich diesen Testbericht zu Star Wars Battlefront 2 strukturieren sollte. Selbstverständlich wäre es einfach, eine konventionelle Kritik anzufertigen: ein paar Worte zur neuen Kampagne, den Spielmodi und Klassen des Multiplayers sowie Vor- und Nachteilen von Grafik, Sound und weiteren Features. Wäre alles kein Problem, gäbe es da nicht diese gigantische Kontroverse rund um die DLC-Politik von Electronic Arts, die alle spielerischen Qualitäten des Spieles ohnehin in den Schatten stellt. Wieso die Debatte aber weit über Kritik an Star Wars Battlefront 2 hinaus geht und warum ich mich wegen des aktuellen Stands des Spiels nicht dazu in der Lage sehe, einen herkömmlichen Test abzuliefern, erfahrt ihr in den untenstehenden Absätzen.

Es war einmal ein Reddit-Post…

Die Geschichte sollte inzwischen allen bekannt sein: der EA-Support erklärte in den Reddit-Foren, dass einige namhafte Star-Wars-Charaktere – einschließlich Darth Vader – nicht zu Beginn freigeschaltet seien, sondern erst erspielt werden müssen. Ungefähr 40 Stunden sollten benötigt werden, bis man Darth Vader spielen könnte, „um den Spielern einen Erfolgsmoment zu bescheren“. Euch ist das zu viel? Es gibt natürlich auch einen Alternativ-Weg: die benötigten Kredits käuflich erwerben und so die lange Wartezeit verkürzen. Diese „aufgezwungenen“ Mikrotransaktionen gingen vielen Spielern gegen den Strich: EAs Reddit-Kommentar erhielt hunderttausende Negativ-Bewertungen, was letztlich zum Zurückrudern des Konzerns führte. Da jedoch auch die verringerten Kosten viele Spieler nicht zufriedenstellten und weiterhin vielerorts im Internet zum Boykott des Titels aufgerufen wurde, hat EA die Mikrotransaktionen kurz nach Release komplett auf Eis gelegt – zumindest vorrübergehend.

Doch warum ist das Ganze überhaupt so ein großes Thema? Schließlich ist Star Wars Battlefront 2 bei Weitem nicht der erste Titel, der auf Echtgeld-Kaufoptionen zurückgreift. Für mich hat die ganze Thematik drei vollkommen nachvollziehbare Gründe, die den Spaßfaktor von Star Wars Battlefront 2 wesentlich einschränken.

1. Ich habe 70€ für das Spiel gezahlt

Wenn ein Free2Play-Titel wie League of Legends Spieler für weitere Helden zur Kasse bittet, beschwert sich kaum jemand – das Spiel bleibt weiterhin kostenlos spielbar, versucht sich an fairem Balancing und liefert über Jahre neue Inhalte. Ich kenne genügend Leute, die über die letzten Jahren Beträge im zwei- oder sogar dreistelligen Bereich in das MOBA von Riot Games investiert haben und nichts bereuen, genauso zocken andere Spieler den Titel seit Jahren ohne auch nur einen Cent gezahlt zu haben. Auch bei den kosmetischen Extras eines Rocket League gibt es keine großartigen Beschwerden: zwar wird hier inzwischen auch für Fahrzeuge Geld verlangt, durch zahlreiche Events, Gratis-Items und den treuen Entwickler-Support wirkt die DLC-Politik aber gerechtfertigt. Und auch von EA vertriebene Spiele können diesbezüglich einiges richtig machen: Titanfall 2 lieferte monatelang neue kostenlose Karten, wer wollte, konnte jedoch auch Geld für kosmetische Zusätze ausgeben.

Bei Star Wars Battlefront 2 sieht das aber ganz anders aus: trotz des Preises von knapp 70 Euro hat man als Käufer nicht das Gefühl, die kompletten Inhalte erworben zu haben. Selbstverständlich ist der komplette Content inbegriffen und irgendwie erspielbar, diese gekünstelten Kaufanreize durch ewig langes Warten auf die Fan-Favoriten unter den Charakteren haben jedoch einen sehr faden Beigeschmack. Da hilft das PR-Geschwafel rund um Motivation und Errungenschaft nicht viel: dies wär auch nach der Spieldauer von zehn statt vierzig Stunden gegeben, das weiß auch EA – aber dann würde doch niemand mehr Geld investieren.

2. Lootboxen machen einfach keinen Spaß

Zudem macht das Prinzip der Lootboxen auch einfach keinen Spaß. Wo mich andere Shooter wie Titanfall 2 oder Call of Duty teilweise mit ähnlichen, aber wesentlich faireren Mechaniken motivieren, wirken die Freischaltmethoden von Star Wars Battlefront 2 viel zu willkürlich. Abgeschlossene Matches geben euch Kredits, mit diesen könnt ihr Lootboxen freischalten, die wiederrum Star-Karten oder Crafting-Materialien beinhalten. Mit Star-Karten könnt ihr eure Charaktere ausrüsten und diese so verbessern – euch winken also tatsächlich erhebliche spielerische Vorteile. Das Problem ist aber zusätzlich, dass ihr bei Investition eurer Kredits nicht wissen könnt, was euch erwartet – statt der Star-Karte, die ihr haben wollt, können genauso gut irgendwelche Skins, andere Star-Karten oder sonstige Belohnungen herausspringen. Dieses Fortschritts-System gibt einem zwar das Gefühl, ständig und durch sämtliche Herausforderungen etwas freizuschalten, ließ mich persönlich aber sehr schnell kalt. Die Willkür war zu groß, das gezielte Formen meines Charakters nicht möglich und die Fairness mitunter eingeschränkt.

3. Star Wars Battlefront 2 könnte der letzte Tropfen sein

Anfangs waren es Add-Ons, später Bezahl-DLCs, Preorder-Boni, Mikrotransaktionen und Lotterien für kosmetische Items. Dass in Star Wars Battlefront 2 jedoch sogar zum Kauf von spielerischen Vorteilen, die sehr begehrenswert sein können, motiviert wird, scheint der nächste Schritt zu sein. Nicht nur bei Spielen von EA, sondern auch bei Praktiken von Publishern wie Warner Bros., 2K oder Capcom gab es bereits massive Kritik. Schlussendlich kriegt Star Wars Battlefront 2 durch die populäre Kontroverse also vielleicht mehr Kritik ab als es eigentlich verdient hat, doch dies macht die DLC-Politik längst nicht besser. Dass es trotz immer größer und teurer werdender Videospielproduktionen auch möglich ist, ohne Glücksspiele oder aus dem Spiel herausgeschnittene Inhalte ein erfolgreiches Spiel zu veröffentlichen, beweisen jährlich zahlreiche Videospielentwickler. Da EA schon seit Jahren neue Bezahlmodelle in alle Richtungen ausprobiert und damit oftmals auf Kritik gestoßen ist, sind sie einfach ein leichtes Ziel. Dass sie damit zum großen Sündenbock für eine jahrelange Entwicklung der Videospielbranche werden, ist aber nicht unbedingt gerechtfertigt – schließlich gibt es vergleichbare Praktiken auch woanders. Trotzdem bin ich der offenbar konsequenten Haltung vieler Fans sehr dankbar – im Endeffekt wird sich nämlich nichts ändern, wenn die Spieler weiterhin blind die Spiele kaufen.

Die Probleme, die Star Wars Battlefront 2 mit sich bringt, sind also nicht von der Hand zu weisen. Selbstverständlich hängt die Einschätzung der ganzen Mikrotransaktions-Problematik im Endeffekt noch immer von einem selbst ab. Doch kommen wir zu dem Grund, warum ich diese ganze Debatte persönlich so unglaublich schade finde:

Star Wars Battlefront 2 ist ein fantastisches Spiel.

Star Wars Battlefront 2 ist eigentlich ein hervorragendes Spiel geworden. Zugegeben, trotz des Zurückruderns der Entwickler motiviert mich das Fortschritt-System nicht wirklich, zudem weiß man nach wie vor nicht, wie die möglichen überarbeiteten Bezahlmodelle aussehen werden. Aber das Kernfeature des Spiels, der Mehrspielermodus, ist ein fantastisches Erlebnis. Die Grafik des Spiels ist abermals bombastisch, die Weltraumschlachten absolut episch inszeniert und die verschiedenen Online-Spielmodi dank ständig wechselnder Ziele und unterschiedlicher Klassen sehr abwechslungsreich. Das Shooter-Gameplay scheint seit dem Vorgänger noch weiteres Feintuning erhalten zu haben und besticht durch spaßige Waffen, fahrbare Vehikel und die Möglichkeit, im Laufe eines Matches verschiedenste Charaktere aus dem Star-Wars-Universum spielen zu können. Fanservice wird groß geschrieben: neben Figuren wie Meister Yoda, Chewbacca oder Darth Vader dürft ihr euch auch auf authentisch nachgebildete Schauplätze der Filme freuen. Das Trefferfeedback ist grandios, der Sound absolut wuchtig und voller Original-Stücke. Kurzum: der Multiplayer von Star Wars Battlefront 2 ist eigentlich erneut ein absolutes Fest, wird durch die ganze DLC-Problematik aber unnötig heruntergezogen.

Nicht ganz so gut ist den Entwicklern von DICE der neue Kampagnen-Modus gelungen. Zwar kann man sich auch hier auf das unterhaltsame Gun-Play und die technischen Finessen des Shooters freuen, abseits davon bleibt aber nur wenig hängen. Die anfangs vielversprechende Geschichte rund um Iden Versio verpasst aufgrund vieler Nebenstränge die Chance, dem Spieler eine wirklich interessante Perspektive auf den Konflikt zwischen Imperium und den Rebellen zu verschaffen. Zusätzlich ist spielerische Abwechslung eher rar gesät: Wechsel zwischen klassischen Schussgefechten und immersiven Weltraumschlachten gibt es zwar, der generelle Levelaufbau ist aber größtenteils sehr generisch und bietet nur wenig Variation. Oft müsst ihr euch gegen Wellen von Gegnern behaupten, euch im Level weiter fortbewegen um dort auf weitere Widersacher zu treffen. Nach 4-5 Stunden ist der Spaß dann auch schon wieder vorbei. Das sehr durchschnittliche Gameplay wird aber hervorragend verpackt: effektreiche Explosionen, teilweise starke Inszenierung, eine gelungene deutsche Synchronisation und ikonische Schauplätze werten den Gesamteindruck erheblich auf – im Endeffekt bleibt der eher durchschnittliche Einzelspielerpart qualitativ aber deutlich hinter dem Mehrspielermodus zurück.

Wertung im Einzelnen
Grafik
9,5
Sound
9,5
Gameplay
9
Einzelspieler
7
Mehrspieler
9
DLC-Politik & Fortschritts-System
1
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