Tales of Berseria im Test

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Releasetermin: 27.01.2017

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Rollenspiel
Entwickler: Bandai Namco Studios
Herausgeber: Bandai Namco

 

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Ich habe schon wirklich schöne Momente mit der Tales of-Serie erlebt. Die Rollenspiele sind ulkig präsentiert und bieten zumeist ein grundsolides Spielgeschehen, das Freunde des Genres stundenlang bestens unterhält. Die Serie hat nicht nur in Japan viele Fans, sondern kann auch im Westen Erfolge verbuchen. So dürfte es niemanden wundern, dass mit Tales of Berseria nun der nächste Titel erschienen ist. Der neueste Ableger ist in Japan zwar schon seit August 2016 draußen, doch freue ich mich darüber, dass wir das Spiel trotz Verspätung in Englisch lokalisiert erhalten. Hat sich das Warten gelohnt? Wie schneidet Berseria im Vergleich zu vorherigen Tales of-Titeln ab? Finden wir es heraus.

Kein Entkommen vor der Dämonenpest

Tales of Berseria braucht nicht lange, um in Fahrt zu kommen. In einem Dorf im Königreich Midgand wütet die schreckliche Dämonenpest, die die Bewohner zu Dämonen macht. Die Protagonistin Velvet Crowe übersteht die “Nacht der Dämmerung” unversehrt – doch kommt es wenige Jahre später noch viel schlimmer. Sie verliert durch einen Schicksalsschlag nicht nur eine geliebte Person, sondern wird durch die Rückkehr der Damönenpest ebenfalls zum Dämon. In Rage bringt Velvet sämtliche überlebenden Dämonen um und landet zur Strafe hinter Gittern. Während sie ihre Zeit weggesperrt verbringt, ist ihr lediglich eine Sache im Sinn: Sie will Rache nehmen an der Person, die inmitten des Chaos der Dämonenpest das Leben eines ganz besonderen Menschen nahm.  

Im Vergleich zu den vorangegangenen Spielen der Serie bietet Berseria einen düsteren Ton. Die Ausgangslage ist grausam, Velvet Crowe als Hauptfigur kühl, abgestumpft und rücksichtslos. Die Rachehandlung ist es tatsächlich, die mich bei der Stange hielt. Die Geschichte wird gelungen erzählt und ist eben nicht die klassische Heldenstory, die wir schon so oft erlebt haben. Es fühlt sich fast schon an, als würden Spieler in die Rolle der Bösewichte schlüpfen – was wirklich eine willkommene Abwechslung darstellt.

 

Doch fährt das Abenteuer nicht permanent diese düstere Schiene. Velvet macht sich zwar auf den Weg, um Rache zu nehmen. Mit jeder Menge liebenswürdiger Figuren in petto kann das Spiel aber auch eine lockere Atmosphäre aufbauen, die zudem von Humor profitiert. Das Charakteraufgebot ist vielfältig und eine Stärke des Titels. Auch wenn gewisse Anime-Stereotypen erfüllt werden, geben sich die Figuren Mühe, die Geschichte mit interessanten Nebenhandlungen zu erweitern. In den Story-Zwischensequenzen und in optionalen Konversation überzeugen die Charaktere weitestgehend. Manche Gespräche sind so bekloppt wie eh und je, wodurch der Tales-Charme hier nicht zu kurz kommt. Ich wurde insgesamt positiv von Tales of Berseria überrascht: Die schwermütige Handlung balanciert sich gut mit den aufgelockerten Figureninteraktionen aus.

Kaum Gameplay-Innovationen, dafür schlicht gut umgesetzte Ideen

Das Spielgeschehen überrascht hingegen keinen JRPG-Fan, denn wird das klassische Konzept des Genres übernommen. Wir suchen Städte auf, in denen wir mit Items handeln und neue Ausrüstung erwerben können. Anschließend begeben sich Spieler in einen Dungeon, in dem es viele Kämpfe zu bewältigen gibt. Schlussendlich wartet ein Boss darauf, besiegt zu werden. Im Anschluss wiederholt sich das Geschehen und so reisen wir zur nächsten oder einer bereits besuchten Stadt, um uns für den nächsten Dungeon vorzubereiten. Auch wenn das Prinzip monoton klingt, bringt Tales of Berseria sein Geschehen grundsätzlich gut herüber.

Viele kleinere Elemente sorgen dafür, dass durch den repetitiven Spielvorgang dennoch keine Langeweile aufkommt. Ich hatte stets Spaß daran, mich in den Städten für die kommenden Herausforderungen zu rüsten und unterwegs jeden Loot mit Vorfreude zu plündern. Ich tobte mich mit den verfügbaren Waffen und Kleidungsstücken aus, denn hat jedes Teil unterschiedliche Statistik-Boosts oder besondere Fähigkeiten inne. Spieler können sich auf neue Rüstungen stürzen und stets variierende Vorteile einstreichen. Alternativ können sie bestehendes Equipment nach und nach aufstufen, um einen bestimmten Spielstil zu zementieren. Das System ist recht simpel gehalten, macht aber erstaunlich süchtig. So gelingt es Berseria, mit immer besserer Ausrüstung ein angenehmes Fortschrittsgefühl zu bewirken.

Lineare Areale als Rückgang

Während der Titel in vielen klassischen Aspekten des Genres so einiges richtig macht, kommt er auch mit seinen Schwächen daher. Manche Areale und allen voran manche Dungeons wirken lieblos gestaltet. Das trifft nicht nur auf die optische Darstellung zu, sondern auch auf die Gestaltung des Levels. Auf schlauchartigen Wegen schreiten wir voran und müssen hin und wieder seichte Umgebungsrätsel lösen, die aber viel zu oft nicht überzeugen können. Simples Betätigen von Schaltern fügt dem Spiel schlichtweg keinen großen Mehrwert hinzu. Das Navigieren durch die Gebiete ist gelegentlich eine lästige Angelegenheit. Vorbei ist die Experimentierphase mit größeren Arealen aus Tales of Zestiria, die zur Erkundung einluden. Denn sind sowohl Dungeons als auch Überbrückungswege eng und linear gehalten, was in einem altbackenen Spielgefühl resultiert. Zum Glück macht das Kampfsystem diese Schwäche wieder wett. Denn bevor tatsächlich Langeweile aufkommt, sorgen Gegnerbegegnungen für unterhaltsame Momente.

Mit Seelen in den Kampf

Sehr schnell fiel mir auf, dass das Kampfsystem mehr Freiheiten gewährt, als ich es von vorherigen Teilen in Erinnerung hatte. Wir können uns frei auf dem Kampffeld bewegen und auch die Kamera nach Belieben rotieren, sodass wir stets die Action gut im Blick haben. Über die X-, Kreis-, Dreieck- und Viereck-Tasten läuft das Geschehen hauptsächlich ab. Jeder Knopf kann mit individuellen Angriffsketten angepasst werden. Jede Figur hat dabei verschiedene Stärken und Schwächen, die wir auf unsere Gegner abstimmen sollten. Es kann stets von Vorteil sein, Feinde zu betäuben oder gar mehrere Gegner anzugreifen. Mit den manuellen Kombinationen oder der Auto-Kombo-Funktion hauen wir spaßig auf die Feinde ein und schießen mit Magie-Attacken um uns.

 

Ich muss zugeben, dass das Kampfsystem sich für mich fast schon eine Spur zu sehr Richtung Hack’n’Slay anfühlte. Wir kommen mit Button-Mashing tatsächlich oft auch zum Ziel, was zwar den Einstieg erleichtert, aber auf lange Sicht zu monoton werden würde. Ich freute mich daher, dass wir den Schwierigkeitsgrad hochdrehen können. Denn auf der höheren Stufe hat mich die KI der Party-Bots und auch die der Gegner überzeugt. Nicht selten enden Kämpfe hier in knackigen Herausforderungen, die bei einem Sieg umso spaßiger waren. Dieses System wird mit vier Charakteren in der eigenen Party ausgeübt. Per Knopfdruck lässt sich die aktive Figur wechseln, was allen voran ein Segen ist, wenn der aktuelle Charakter fast keine Gesundheitspunkte mehr übrig hat. Beim Figurenwechsel wird zwar eine andere Leiste aufgebraucht, doch regeneriert sich diese wieder recht schnell.

Tales of Berseria mag zwar Parallelen mit dem Hack’n’Slay-Genre haben. Doch bringt der Titel auch ausreichend strategische Aspekte ein, um mehr als ein simpler Button-Masher zu sein. Das System dreht sich voll und ganz um Seelen. Denn gibt es keine Magiepunkte oder Ähnliches, dafür aber die Seelen, die bei der Benutzung von Angriffen aufgebraucht werden. Je mächtiger eine Attacke, desto höher der Seelenverbrauch. Haben wir hingegen keine Seelen mehr übrig, sind Angriffe zwar weiterhin möglich. Diese sind folglich aber schwach und leicht zu blocken. Die Seelenenergie regeneriert sich, wenn wir aufhören zu attackieren.

Dadurch werden Spieler dazu getrieben, nicht ununterbrochen auf Feinde einzudreschen, sondern mit mehr Überlegung an die Sache heranzugehen. Die Seelenleiste macht auch besondere Manöver möglich. Ist die Leiste mit mindestens 3 der 5 Seelen gefüllt, können Spieler einen mächtigen Status aktivieren, der das Kombo-Limit aufhebt und spezielle Effekte ermöglicht. Wir müssen uns jedoch gut überlegen, wann wir den sogenannten “Break Soul” aktivieren. Nutzen wir ihn nämlich nicht gut aus, stehen wir fortan mit wenigen Seelen da und können nur schwache Kombos ausführen. Doch auch die Ansammlung vieler Seelen spielt gegen uns: Je mehr Seelen eine Figur hat, desto unwahrscheinlich ist es, bei einem Feind einen Status-Effekt auszulösen. Außerdem ist in diesen Fällen unsere Verteidigung schwächer.

Das Seelen-Konzept hat viele Facetten und peppt das sonst recht simple Kampfgeschehen gehörig auf. Gelegentlich fühlte ich mich von dem System etwas überwältigt, doch lernt man mit der Zeit, mit den Seelen clever umzugehen. Wem das viele Kämpfen zu viel wird, kann vielen Begegnungen auch aus dem Weg gehen. Da das Kampfsystem aber letztendlich spaßig ist und die Aufstufung der Figuren durch Erfahrungspunkte ebenfalls motiviert, habe ich die Kämpfe nur in Ausnahmefällen gemieden.

Hübsche Figuren, teils triste Umgebungen – und ein glanzloser Soundtrack

Optisch gehört Tales of Berseria nicht zur Grafik-Elite der PS4. Mit seinen knallbunten Farben bietet das Spiel aber durchaus den einen oder anderen hübschen Anblick. Besonders können manche Landschaften in der Ferne punkten. Leider aber fällt Berseria auch durch seine matschigen Texturen und lieblos gestalteten Dungeons auf. Die Figurengestaltungen hingegen gefallen mir mit einer Art Zeichnungs-Stil gut. Zudem scheinen die Animationen im Vergleich zu den Vorgängern verbessert worden zu sein und laufen sehr flüssig über den Bildschirm.

Ich habe auf der PS4 Pro gespielt, auf der keine Verbesserungen zu bemerken sind. Da der Titel schon im letzten Jahr in Japan erschienen ist, als die neue Konsole noch nicht erschienen war, ist die Begründung schnell gefunden. Die Performance des Spiels weiß aber zu überzeugen und so gibt es recht stabile 60 FPS zu bestaunen, die sämtliche Animationen und Effekte im Kampf gut in Szene setzen. Mit guten Figurenmodellen, bunten Effekten, flüssigen Animationen und so manch ansehnlicher Landschaft auf der einen Seite, aber vielen hässlichen Texturen auf der anderen, bietet Tales of Berseria nicht die größte Grafikpracht. Doch geht die Optik des Spiels unterm Strich völlig in Ordnung und so muss ich allen voran die hohe Framerate loben.

 
Gerne würde ich auch gute Worte über den Soundtrack des Titels verlieren, doch habe ich ihn schlicht absolut nicht im Ohr. Die Klänge passen zwar stets gut zum Geschehen, brannten sich mir aber nicht so sehr ins Gedächtnis wie bei älteren Tales-Spielen. Auch haben mir die englischen Stimmen nur bedingt gefallen. Die Hauptfiguren leisten stimmlich einen guten Job, doch klingen viele NPCs schrecklich. Schön deshalb, dass wir die Wahl zwischen japanischem Original und Englisch haben! Deutsche Untertitel und Bildschirmtexte sind ebenso eine tolle Umsetzung.

Fazit

Tales of Berseria ist für mich das beste Tales, das ich in den letzten Jahren gespielt habe. Ich hatte mit dem Titel gar mehr Spaß als mit Xillia, das auf der PS3 zu meinen Lieblingen des Genres gehörte. Berseria hat mir unter anderem wegen der Story so gut gefallen. Die düstere Rache-Geschichte um die rücksichtslose Truppe ist nun einmal eine gelungene Abwechslung zum immer gleichen Helden-Epos. Ein vielfältiges Figurenaufgebot und der eigentümliche Humor gleichen die kühle Protagonistin währenddessen erfolgreich aus. Das Kampfsystem bietet mehr Freiheiten und überzeugt mit simplem Kerngedanken, der durch verschiedene Seelen-Elemente taktisch angehaucht wird.

 
Die Aufgaben machen Spaß und auch das Ausrüstungssystem hat mir gefallen, macht die Verbesserung der Kleidungsteile zum motivierenden Faktor. Negativ ist mir aber die Gestaltung vieler Level- und Dungeonpassagen aufgefallen. Der Rückgang von offeneren Gebieten mit Erkundungspotential zu schlauchartigen, engen Arealen präsentiert sich als fragwürdige Entscheidung. Insgesamt aber habe ich großen Gefallen an der Story und dem Kampfsystem gefunden, sodass ich Berseria als bestes Spiel der Serie seit Vesperia bezeichnen würde. JRPG-Fans haben ihr erstes Highlight des Jahres!

Positiv-Icon Toller Story-Ansatz mit erstaunlich düsterer Aufmachung

Positiv-Icon Klasse Figurenaufgebot, zumeist guter Humor und Charme

Positiv-Icon Jede Menge zu tun

Positiv-Icon Spaßiges Kampfgeschehen mit simplem Grundprinzip und cleveren Zusatzideen

Positiv-Icon Aufrüstung und Aufleveln macht süchtig

Positiv-Icon Hübscher, bunter Grafikstil, gelungene Framerate

Negativ-Icon Schlauchartige, lineare Levels sorgen gelegentlich für ein altbackenes Spielgefühl

Negativ-Icon Soundtrack bleibt erstaunlich blass

Negativ-Icon Viele Umgebungstexturen wirken nicht zeitgemäß

 

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Hey Leute, ich bin der Dominik, Redakteur, und stürze mich für euch gerne in die aktuellsten News und Reviews der PS4 :)