Releasetermin: 09.02.2016
Medientyp: Download
Genre: Platforming, Puzzle
Entwickler: Coldwood
Herausgeber: Electronic Arts
Auf der E3 hat EA im letzten Jahr für eine Überraschung gesorgt: Der kreative Platformer Unravel wurde angekündigt. Solch ein kleineres Projekt von einem Indie-Studio weckt für gewöhnlich nicht das Interesse eines großen Publishers, doch EA ist voll und ganz überzeugt vom Spiel von Coldwood. Doch kann der knuddelige Yarny wirklich überzeugen? Was versteckt sich hinter dem interessanten Spielkonzept um Wolle? Wir haben es herausgefunden.
Das Konzept von Unravel ist simpel und doch kreativ. Wir übernehmen die Rolle von Yarny, der vollständig aus Wolle geformt ist. Im mysteriösen Auftakt wird der Protagonist aus einem Ball an Wolle kreiert, der aus dem Korb einer alten Frau fällt. Der zunächst unklare Beginn wird im Spielverlauf nach und nach aufgelöst. Denn während wir fortschreiten, lernen wir neue Erinnerungen der alten Frau kennen. Der Titel setzt ernste, emotionale Töne, ohne aufdringlich auf die Tränendüse zu drücken. Dies endet in einer seichten Handlung, die zum Nachdenken anregt, ohne allzu schwer verdaulich zu sein. Die Präsentation der Geschichte ist charmant, was nicht zuletzt am unheimlich niedlichen Hauptcharakter liegt.
Das Spielgeschehen dreht sich um einen Aspekt: Als Wollfigur ist Yarnys Reichweite begrenzt. Ist die Wolle ausgerollt, kommt die knuffige Figur nicht weiter voran. Während seiner Reise in der nordischen Landschaft trifft Yarny allerdings auf weitere Wollebausche, die nicht nur als Checkpoint fungieren, sondern der kleinen Figur auch wieder Wolle zurückgeben. Unravel präsentiert sich nicht als simpler 2D-Platformer, sondern zeichnet sich allen voran durch Umgebungsrätsel aus. Allzu hoch kann die Wollfigur nämlich nicht springen, doch kann sie an Haken durch einen präzisen Wurf des Garns hinaufklettern oder Objekte zu sich heranziehen. Die Rätsel sind Dreh- und Angelpunkt des Spielgeschehens und erfordern von Yarny zumeist eine clevere Aneinanderreihung verschiedener Objekte. Um beispielsweise Tore zu öffnen oder gar um gegen wilde Tiere zu bestehen, verlangt das Spiel, mehrere Objekte auf dem Bildschirm mit Wolle zu verbinden. So sind komplexe Verbindungen diverser Teile von Nöten, um zum Beispiel eine Maschine zum Laufen zu bringen. Die Rätsel sind Physik-basiert, doch gibt das Spiel uns keinerlei Hilfe zur Lösung. Hier präsentiert sich ein Punkt, der mir persönlich nicht gefallen hat. Einige der Puzzle-Segmente erfordern eine viel zu komplizierte Lösung. Oftmals wusste ich schnell, was das Spiel von mir wollte, doch war ich der Lösung dennoch weit entfernt. Die Reihenfolge der Aneinanderkettungen und Ereignisse erschließt sich mir nach wie vor nicht in jedem Fall. Wenige Male habe ich sogar tatsächlich auch das „Rätsel“ gelöst, ohne überhaupt zu wissen, was denn nun der entscheidende Punkt war. Die Rätsel von Unravel vermissen eine strenge Konsistenz, die diesen Aspekt zum befriedigenden Erlebnis gemacht hätten. Gelegentlich steht unserem Protagonisten eine Art Trampolin-Brücke zur Verfügung, mit der er Hindernisse in der Umgebung überwindet. In vielen anderen Situationen, in denen diese Brücke mindestens genau so hilfreich wäre, ist sie natürlich nicht verfügbar. Zudem hilft es nicht, dass Yarny bei kleinen Stürzen bereits ins virtuelle Gras beißt und auch nicht lange im Wasser verbleiben kann. All diese Elemente führten bei mir das ein oder andere Mal zu Frust, was den einstigen Charme des Spiels für mich zeitweise zerstörte. Das heißt aber nicht, dass der Rätsel-Aspekt dem Titel schadet. Unravel hält auch viele gelungene Rätsel parat, die sich logisch entfalten lassen und perfekt die Woll-Elemente von Yarny ausnutzen. Mit einigen frustrierenden Passagen und durchwachsenen Platforming-Möglichkeiten entfaltet das Spiel allerdings nicht sein vollständiges Potential. Mit einer Spielzeit von rund 4-6 Stunden hat Unravel nicht die längste Dauer für einen digitalen 20€-Titel. In jedem der 12 Level sind allerdings eine handvoll Geheimnisse verteilt, die in Sammelobjekten münden. Wer die Areale also noch einmal angeht und auf der Suche nach den Geheimnissen besonders Acht gibt, kommt auf eine etwas längere Spielzeit.
Viel Charme des Titels ruft die Optik auf den Plan. Allen voran präsentiert sich Yarny in seinem Woll-Design äußerst liebenswert. Seine Animationen sind herrlich knuffig und das Verhalten des Wollgarns ist weitestgehend realistisch. Die Umgebungen sind wahnsinnig detailliert gestaltet und sorgen für eine unterschiedliche Atmosphäre. Neben sonnigen Arealen mit strahlend blauen Himmel driftet Unravel auch in düstere Umgebungen ab, was sich entsprechend auf die Stimmung auswirkt. Die Effekte in der Natur zeigen sich wundervoll. Blätter wehen realistisch umher, die Wellen des Wassers ziehen realitätsgetreu nach, wenn Yarny auf einem Floß transportiert wird. Mit am besten hat mir das Schnee-Level gefallen, in dem Yarny mehrmals einen Schneeball vor sich her gerollt hat, was ansehnlich inszeniert ist. Unravel hat ein nicht so großes Ausmaß wie viele andere Spiele, ist optisch aber mindestens genau so beeindruckend und gehört zum grafisch Besten der PS4. Die 2D-Umgebungen sind mit viel Liebe gestaltet worden, das virtuelle Material der Objekte sieht stets realistisch aus und allen voran der Protagonist überzeugt mit hinreißender Darstellung. Während Yarny den Norden erforscht, ertönt zudem ein stimmiger Soundtrack. Dieser unterstreicht stets die Atmosphäre, die die Levels mit ihrer Ausrichtung erzeugen.
Fazit
Kaum ein Spiel der letzten Monate hat mich so sehr mit seinem puren Charme verzaubern können wie Unravel. Der Protagonist punktet voll und ganz mit seiner Wollbeschaffenheit, die einige interessante Spielmechaniken ermöglicht. Auch wenn die Platforming-Elemente nicht voll ausgereizt werden und einige Umgebungsrätsel unnötig kompliziert sind, hatte ich Spaß an der Bewältigung der 12 cleveren Areale. Verpackt wird das Abenteuer in eine emotionale Reise, die zum Charme des Gesamtpakets beiträgt. Trotz spielerischer Schwächen empfehle ich Unravel daher als besonderes Erlebnis, das mir meine Zeit mehr als wert war.
 Charmante Story regt zum Nachdenken an
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 Platforming mit Schwächen
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