Wolfenstein: The New Order im Test

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Releasetermin: 20.05.2014

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: First-Person-Shooter
Entwickler: MachineGames
Herausgeber: Bethesda

 

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Die Nazis konnten mit einer Atombombe auf Manhatten den Zweiten Weltkrieg für sich gewinnen. Die mächtigsten Nationen fallen wie Dominosteine eine nach der anderen dem faschistischem Regime zum Opfer. So sieht die traurige, zum Glück virtuelle Realität aus, der sich B.J. Blazkowicz gegenübersteht. Schon seit mehr als 30 Jahren schlägt sich der Protagonist mit polnischen Wurzeln in mehreren Wolfenstein-Titeln gegen die Nazis durch. Den neusten Teil, Wolfenstein: The New Order, haben wir uns vorgeknüpft und einen ausführlichen Test unterzogen.

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Alternative Geschichte

Wolfenstein: The New Order greift die bereits genannte Ausgangslage als alternative Geschichte auf. Doch bevor die Story an die Ereignisse anknüpfen kann, werden wir mit B.J. Blazkowicz in einen ausführlichen Prolog versetzt. Im Jahre 1946 greifen wir mit ihm eine Nazi-Festung an, was sich über mehr als eine Stunde erstreckt und hauptsächlich dazu dient, uns die Steuerung und das Konzept näher zu bringen. Der Angriff entpuppt sich als großer Fehler, da das Team von Blazkowicz gefangen wird und auch nicht mehr vollzählig entkommen kann. Der Hauptcharakter erleidet schwere Verletzungen und wird für eine lange Genesungszeit unter die Obhut der Krankenschwester Anya gebracht. Ganze 14 Jahre dauert Blazkowicz Erholung an, während der regelmäßig Nazi-Gruppierungen im Krankenhaus erscheinen, für Terror sorgen und Patienten für ihre perfiden Experimente mitnehmen. B.J. muss aufgrund seines Zustands tatenlos zusehen, bis die Nazis einen größeren Angriff starten. Blazkowicz ist endlich bereit, sich gegen die Widerwärtigkeiten zu wehren, seinen Rachefeldzug zu starten. Hier, im Jahre 1960, fängt erst die eigentliche Handlung an, die an die eingangs dargestellte Situation anknüpft. Überraschenderweise bietet uns sich eine solide Story, was bei einem Shooter heutzutage keine Selbstverständlichkeit ist. Es gibt allerdings einige Momente, die an einen klischeehaften B-Movie erinnern. Einige Dialoge sorgen eher unfreiwillig für Lacher, was der Handlung aber nicht schadet. Inmitten all der Gewalt der Nazis, die entsprechend grausam dargestellt werden, sind die kitschigen Momente eine nette Abwechslung. Die ernsten Töne kommen durch eine bildgewaltige Darstellung zustande, zu denen auch unser Hauptcharakter Blazkowicz beiträgt. Während er in den vorherigen Spielen als eindimensionale Killermaschine dargestellt wurde, wird ihm in The New Order mehr Persönlichkeit zugeschrieben. Wir stehen ihm zur Seite, wenn er sich den neuen Umständen nach seiner langen Koma-Phase anpassen muss. Doch nicht nur die Figur des Blazkowicz wird näher beleuchtet, auch andere Charaktere erhalten wichtige Szenen. Leider sind die meisten Nebencharaktere allerdings dermaßen in den Hintergrund gedrängt, dass keine Figur wirklich heraussticht und mir im Kopf geblieben ist. The New Order bietet eine interessante Ausgangslage, die eine bedrückte Stimmung mit sich bringt. Uns wird hier keine Oscar reife Darbietung geboten, allerdings sticht der neue Wolfenstein Titel mit einer soliden Handlung und einem gut durchleuchteten Protagonisten aus dem Shooter-Standard heraus.

 

Stupide Ballerei – aber es macht Spaß

Der Prolog führt die Spieler nicht nur in die Handlung ein, sondern auch in das Spielgeschehen. Dennoch wartet die Einführung mit einem Gefühl von „Old School“ auf uns, was sich im Rest des Spiels nur bedingt wieder zeigt. Zu Beginn sind wir hauptsächlich in engen Korridoren unterwegs und arbeiten uns in schlauchartigen Gängen voran. Nachdem wir das Ausmaß der Story erfahren und im 1960er Abschnitt landen, nimmt das Geschehen allerdings andere Formen an. Wir werden zwar nicht durch eine offene Welt begrüßt, die Spielareale sind weiterhin begrenzt. Allerdings sind die verschiedenen Wege zu größeren Levels verbunden, die es erlauben, Missionsziele auf unterschiedliche Weise anzugehen. Uns wird eine gehörige Portion Freiheit in unserer Vorgehensweise gewährt, was dem Spielgeschehen definitiv gut tut. Dieser Aspekt führt zu einem weiteren Element, das in Shootern mittlerweile nicht mehr unüblich, allerdings meist gern gesehen ist – Stealth. Wolfenstein ist natürlich bekannt für chaotische Ballerorgien, wie lässt sich da eine vorsichtige Spielweise belohnen? In vielen Bereichen des Spiels sind Kommandanten platziert, die mit Wissen über alle Sammelobjekte der Umgebung bespickt sind. Gelingt es uns, solch einen Kommandanten unentdeckt aus dem Verkehr zu ziehen, eignen wir uns dieses Wissen an und können auf Sammlerjagd gehen. Werden wir allerdings entdeckt, rufen die Befehlshaber sofort Verstärkung, sodass Unmengen an Nazis auf uns gehetzt werden. Dieses Element ist eine nette Ergänzung zur Balleraction und lässt sich durch die gut gestalteten Areale gut ausleben. Schade allerdings, dass die Gegner-KI die Spannung der Stealth-Einlagen etwas dämpft. Die Nazis wirken etwas kurzsichtig und nicht allzu aufmerksam, was die Stealth-Möglichkeiten abschwächt. Die Feinde gehen stupide ihren Patroullie-Routen nach, sind somit sehr leicht zu durchschauen, sie verhalten sich selten unerwartet. Anstatt uns in der Hitze des Gefechts zu flankieren, warten sie lieber hinter ihrer Deckung und zeigen regelmäßig ihre Köpfe, die wir ohne Probleme mit unseren Waffen ins Visier nehmen können. Auf einem hohen Schwierigkeitsgrad beißt man natürlich schnell ins Gras, wenn man unüberlegt ins Gefecht rennt und 6-7 Nazis gegenübersteht. Mit ein wenig Vorsicht im Vorgehen sind allerdings alle Hürden zu meistern – teilweise etwas zu einfach. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die Ballerei in Wolfenstein: The New Order einfach nur Spaß macht. Der Umgang mit den Waffen ist mitunter die größte Stärke des Spiels. Es war noch nie befriedigender, den virtuellen Nazis mit zwei Schrotflinten gleichzeitig die Köpfe wegzupusten. Es macht jedes Mal aufs Neue Spaß, sich so richtig mit den mächtigen Waffen auszutoben. Die Möglichkeit des Akimbo-Stils, also mit beiden Händern je eine Waffe zu bedienen – nicht nur mit der rechten, wie es seit jeher der Standard im Shooter-Genre war – trägt umso mehr zum unbekümmerten Spaß bei. Wolfenstein zeichnet sich durch diese stupiden, aber eben doch durchaus spaßigen Schusswechsel aus. The New Order bedient sich diverser Eigenheiten, die in moderneren Shootern schon länger nicht mehr zum Einsatz kommen. Hier müssen die Munition und die Gesundheitspakete mühselig manuell aufgehoben werden. Auch wenn sich das etwas altbacken anfühlt, spiegelt sich dadurch die lange Vergangenheit und Tradition der Wolfenstein Serie aus. Es mag in der Tat etwas nervig sein, immer direkt über der einzusammelnden Munition stehen zu müssen und diese dann per Knopfdruck einzustecken. Dennoch ist das ein Aspekt, an dem man sich während dem Durchgang gewöhnt und nicht wirklich etwas vom Spielspaß wegnimmt. Weiterhin in der Gegend versteckt sind diverse Sammlerobjekte, die sich aus Tonaufzeichnungen, Unterlagen, Schätzen und rätselhaften Codes, die insgesamt vier neue Spielmodi freischalten, zusammensetzen. Noch dazu gibt es jede Menge Waffenaufrüstungen freizuschalten. Dies wird allerdings nicht über typische Sammelarbeiten erledigt, sondern durch das Erreichen verschiedener Herausforderungen der entsprechenden Waffen. Darin steckt der hauptsächliche Wiederspielwert des Spiels. Neben Upgrades und freischaltbaren Modi ist nämlich keine Multiplayerkomponente mit dabei. In einem Shooter ist dies durchaus ungewöhnlich, allerdings ist uns diese Entscheidung lieber, als einen belanglosen Multiplayer vorgesetzt zu bekommen. Ein Durchgang der Story verschlingt etwa 15 Stunden eurer Zeit, was einen soliden Umfang ausmacht. Andere Titel liefern natürlich weitaus mehr Spielstunden für das Geld, daher sollte jeder für sich ausmachen, ob eine annehmbare Spieldauer, eine solide Handlung und stupide, aber wahnsinnig spaßige Ballerei den Vollpreis wert ist.

 

Technisch durchaus solide

Wolfenstein The New Order läuft auf der Id Tech 5 Engine, die erstmals in RAGE zum Einsatz kam. Auf der PS3 hatte die Engine noch ihre Probleme, doch auf der PS4 macht sie in Wolfenstein eine bessere Figur. Die Framerate macht kaum Probleme und kann sich weitestgehend stabil bei 60 FPS halten. Dafür sind einige Texturen etwas verwaschen und wirken matschig, was sich jedoch in Grenzen hält. Das Charakterdesign der wichtigen Figuren wie auch das der unzähligen Nazis ist gelungen. Die Kleidung ist detailliert gestaltet, Helme fliegen beim Abschießen herunter, das Blut spritzt in Massen. Trotz recht brutaler Darstellung müssen deutsche Spieler in dieser Hinsicht keine Abstriche machen – nur den Verzicht von Swastikas müssen wir wie erwartet hinnehmen. Auch die Umgebungen sind sehr abwechslungsreich und reichen von eher tristeren, farbarmen Schauplätzen zu futuristischen, bunten Arealen. Das Sounddesign hat Entwickler MachineGames ebenso überzeugend umgesetzt. Die Soundeffekte tragen gut zur Atmosphäre bei. Türen öffnen sich mit einem ungeheuerlichen Quietschen, das Umschalten eines Hebels gibt passende Geräusche von sich und der brachiale, bassgeladene Sound der Waffen macht das Ballern umso befriedigender. Auch die musikalische Untermalung trägt toll zur Stimmung bei. Mal gibt es ruhigere Töne, mal bedrohlich wirkende Industriegeräusche. Das Voiceacting ist ebenfalls gelungen und wartet mit passenden Stimmen auf euch. Allerdings gehen die Stimmen teilweise in der Fülle der Hintergrundgeräusche unter. Hier hat man sich beim Abmischen etwas verschätzt, was allerdings auch kein allzu großes Problem darstellt.

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Fazit

Wolfenstein The New Order wird wohl leider nur in ganz wenigen Spiel des Jahres-Listen auftauchen. Einige Aspekte zeigen, dass ein wenig mehr Entwicklungszeit nicht geschadet hätte, um wirklich alles auf Hochglanz zu bringen. Das Fehlen eines Multiplayers wird einige Shooter-Fans abschrecken, doch The New Order macht einfach nur Spaß. In kaum einem Genreverwandten habe ich ein dermaßen befriedigendes Waffensystem festgestellt. Wolfensteins größte Stärke sind die stupiden, aber eben spaßigen Ballereien. Auch die solide Handlung kann punkten, das Spiel sieht hübsch aus und lässt die Boxen mit tollen Soundeffekten so richtig krachen. Der neue Wolfenstein Teil ist ein amüsanter Singleplayer-Shooter, dem alle Genre Fans Beachtung schenken sollten.

 

Positiv-Icon Unterhaltsame Story

Positiv-Icon Unheimlich befriedigendes Waffenhandling

Positiv-Icon Solide Länge der Kampagne…

Positiv-Icon Grafik und Sound überzeugen

Positiv-Icon Stealth-Aspekte sorgen für Abwechslung

Negativ-Icon KI läuft immer gleiche Routen ab

Negativ-Icon Schwache Texturen trüben Grafikeindruck, Abmischung beim Sound nicht optimal

Negativ-Icon …was aufgrund des fehlenden Multiplayers trotzdem für einen etwas geringen Umfang sorgt

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Hey Leute, ich bin der Dominik, Redakteur, und stürze mich für euch gerne in die aktuellsten News und Reviews der PS4 :)