Releasetermin: 14.02.2017

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Adventure
Entwickler: Ubisoft
Herausgeber: Ubisoft

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Einzel- und Mehrspielererlebnisse verknüpfen – das macht Ubisoft in letzter Zeit sehr gerne. Auch For Honor möchte sowohl Inhalte für Solisten als auch für Online-Spieler bieten und folgt damit dem Beispiel jüngster Titel des französischen Publishers. Dazu stampfen die Entwickler in For Honor ein komplett neues Fantasy-Universum aus dem Boden, das sich in den Trailern auch als wahrer Hingucker präsentiert hat. Die Ambitionen sind also groß, die Möglichkeit ihnen nicht gerecht zu werden aber mindestens genauso. Ob der vielversprechende Titel halten kann, was er verspricht, klären wir im Test.

Tolle Fassade, aber nichts dahinter

So ganz nach dem Schema von Titeln wie The Division oder The Crew läuft es in For Honor dann aber doch nicht ab – die Einzelspielerkampagne ist nämlich klar von dem Multiplayerpart des Spiels getrennt. Als großer Fan von Soloerfahrungen war ich sehr gespannt auf die Kampagne, befürchtete aber schon im Voraus, Ubisoft könnte den Fokus der Entwicklung zu stark auf den Mehrspieler gelegt haben. Und ich sollte recht behalten: leider ist For Honor für Solisten eine Enttäuschung. In der fiktiven Welt des Nahkampfspiels stehen sich Ritter, Wikinger und Samurai in einem langjährigen Krieg gegenüber, dem ihr in der Kampagne für wenige Stunden beiwohnt. For Honor versucht eine aufregende Geschichte rund um den Konflikt zu erzählen, schafft es aber weder das Universum oder den Krieg spannend aufzuziehen, noch mit interessanten Charakteren zu punkten. Inszenatorisch werden einige der Gefechte zwar hervorragend in Szene gesetzt und in den Zwischensequenzen besticht der Titel zudem mit einer aufwendigen deutschen Synchronisation – all das kann aber nicht vertrösten, dass die gesamte Handlung unfassbar beliebig und austauschbar bleibt. Insbesondere durch ständige Wechsel der spielbaren Figuren wird mir kein Charakter näher bekannt und auch auf Seiten der Antagonisten bleibt es leider überaus blass. Selbst die zwischenzeitlich leicht durchscheinende Thematik des willkürlichen Mordens oder gelegentliche Humoreinsätze scheitern, da sie im Gesamtbild zu selten platziert werden. Als Sammelobjekte fungieren in der Kampagne zusätzliche Einblicke in das Universum, doch selbst diese Erzählstichproben haben nicht verhindert, dass ich nach Abschluss der Geschichte schon fast wieder vergessen hatte, was ich in den vergangenen Stunden eigentlich erlebte.

Aber kann For Honor in der Kampagne denn wenigstens spielerisch punkten? Sowohl im Einzelspieler als auch im Multiplayer liegt dem Streich von Ubisoft dieselbe Spielmechanik zugrunde und hier kann ich euch beruhigen: diese macht einfach Spaß. Auf Fernkampfwaffen verzichtet man in der Fantasy-Welt zumindest auf Seiten der Spieler fast vollkommen, stattdessen stehen nervenaufreibende Nahkampfduelle im Mittelpunkt. Visiert ihr einen Gegner an, könnt ihr in drei verschiedene Richtungen Angreifen oder auch Blocken. Attackiert ihr an eine ungeschützte Stelle, fügt ihr eurem Gegner entsprechend Schaden zu. Das simple Grundgerüst wird aber natürlich durch diverse taktische Möglichkeiten erst wirklich interessant. Ihr könnt einfache und schwere Hiebe ausführen, gegnerische Angriffe parieren oder ihnen geschickt ausweichen. Durch diverse Kombos könnt ihr zudem noch kraftvollere Angriffe starten, ihr könnt die Deckung des Feindes aushebeln und ihn mit einem gewissen Geschick sogar Abgründe herunterwerfen. Der wichtigste Faktor in den Kämpfen von For Honor ist dabei definitiv Timing: wer wild drauflos metzelt wird nur gelegentlich einen Glückstreffer landen können, mehr Erfolge werden jene feiern können, die mit Geduld, Taktik und schnellen Reaktionen handeln. Gut gefallen hat mir bei For Honor besonders, dass das Kampfsystem fair ist und trotz der großen Wichtigkeit des taktischen Vorgehens nicht zu langsam und starr wird.

Kampagne als Tutorial?

Aufgeteilt in drei Story-Pfade schlüpft ihr in die Rollen verschiedener Krieger und durchspielt Schlachten, Eroberungen und Befreiungen im Krieg der drei Fraktionen. Kämpfen müsst ihr dabei im Wechsel alleine und mit Unterstützung gegen einzelne starke Krieger und ganze Kriegertruppen. Während ihr gegen Erstere auf das Deckungsspiel und platzierte Hiebe zurückgreifen müsst, lassen sich Kriegergruppen auch etwas blinder angreifen – nach Dynasty Warriors sieht For Honor aber an diesen Punkten trotzdem nicht aus. Nach den Missionen wird gewechselt, ihr bekommt verschiedene Krieger zu Gesicht, die neben verschiedenen Waffen auch verschiedene Kombos und Fähigkeiten besitzen. Ich merke schon: die Kämpfe machen im Einzelspieler zwar schon viel Spaß, im Endeffekt möchte mich Ubisoft hier aber nur für den Mehrspielermodus schulen. Zwischen den einzelnen Kapiteln steige ich in Stufen auf und schalte neue Gaben frei, mit denen ich mich vor einem neuen Einsatz ausrüsten kann. Hier gibt es sowohl passive Fähigkeiten wie ein ständiger Regenerations-Boost als auch aktive Fähigkeiten wie vorrübergehend erhöhte Schadensverursachung. Über gelegentlich in den Gebieten verstreute Items kann ich weitere aktive Fähigkeiten und sogar Fernwaffen einsammeln, welche mir noch zusätzliche taktische Möglichkeiten offenbaren. Schade finde ich nur ein wenig, dass mir For Honor beim Lösen der Aufgaben nicht so viel Freiheit lässt, wie ich es gerne hätte. Zwar sind die Burgen oder Dörfer, die häufig als Schauplatz dienen, weitläufig gestaltet, mir hätte es aber gut gefallen, wenn ich meine Feldzüge planen könnte um eine Burg zum Beispiel von einer bestimmten Richtung zu flankieren. Außerdem schwankte mir persönlich der Schwierigkeitsgrad der Kampagne an einigen Stellen zu sehr. Zwar lässt dieser sich optional vor einer Mission regulieren, teilweise wurden aber auch einzelne Begegnungen innerhalb einer Mission zu unerwartet anspruchsvollen Kämpfen.

Eine wirklich positive Meldung ist in Zeiten ewiger Downgrade-Diskussionen rund um Ubisoft-Titel die Tatsache, dass For Honor ausgesprochen gut aussieht. Nicht nur der beeindruckende CGI-Film zu Beginn und die diversen Zwischensequenzen machen grafisch einiges her, auch im Gameplay beeindrucken authentische Umgebungen, gute Animationen und hervorragende Arbeit an den detaillierten Rüstungen der Krieger. Es sind die vielen Kleinigkeiten und Effekte, welche besonders die großen Schlachten der Kampagne zu wirklich epischen Momenten heranwachsen lassen. Bereits einzelne Kämpfe sind packend inszeniert, brillieren mit angemessener Gewaltdarstellung und wirken nicht nur wie einer von vielen, sondern wie ein wirklich entscheidender Kampf für ein größeres Ziel. Wenn die eigene Fraktion dann noch mit zwanzig Mann eine Burg stürmt und am Tor gegen doppelt so viele Feinde ankommen muss, während von allen Seiten Katapulte ihre Munition verschießen, entsteht einfach ein beeindruckendes Mittendrin-Gefühl. Auch die Umgebungen sind hübsch und ausreichend abwechslungsreich gestaltet, lediglich die Optik des Feuers möchte sich nicht so ganz in das Gesamtbild einfügen.

Epischer Mehrspielermodus

Kampagne abgehakt, widmen wir uns endlich dem wesentlich wichtigeren Mehrspielermodus. Hier steht ihr zwar plötzlich gegnerischen Spieler aus aller Welt gegenüber, am Kampfsystem selbst ändert das aber nicht viel: weiterhin basiert das Gameplay auf Angriff, Blocken und einer Menge Timing. Auch wenn sich die KI im Storymodus nicht dumm anstellt, so kann man nach einiger Zeit doch gewisse Schemata in ihren Angriffen erkennen, die jetzt im Mehrspielermodus endlich aufgebrochen werden. Stelle ich mich dem Kampf oder ergreife ich doch lieber die Flucht? Wähle ich einen anderen Pfad oder stoße ich doch lieber mit meinen Mitstreitern vor? Im Kampf zeigt sich dann wer den ersten Angriff wagt, wer zu hektisch agiert und wer einen kühlen Kopf behalten kann. Zusätzlich wird teilweise auch der Standort des Kampfes zu einem entscheidenden Faktor: Höhenunterschiede sind genauso von Wichtigkeit wie Abgründe, in die Feinde herabgestoßen werden können. Genauso können Fluchten in einer Sackgasse fatal enden. Zudem gibt es im Multiplayer die Möglichkeit, gefallene Gegner wieder zurück ins Spiel zu holen, sofern sie nicht mit einer Exekution ausgeschaltet wurden – auch dies ist wegen des Zeitaufwandes aber ein ständiges Abwägen der Möglichkeiten. Einfach gesagt: For Honor erblüht in seinem Mehrspielermodus plötzlich vollkommen und wird zu einem Online-Wettstreit, der gleichermaßen fair und fordernd ist.

Zur Auswahl stehen in For Honor insgesamt fünf Mehrspieler-Modi. Wer nicht viel Drumherum braucht, kann sich ein einfaches Duell liefern. Hier stehen sich zwei Helden im Kampf gegenüber, die sich in maximal fünf Runden einen Kampf auf Leben und Tod liefern. Ähnlich sieht es in Handgemenge und Vernichtung aus: in Teams mit zwei bzw. vier Kämpfern gilt es auch hier die Gegner auszuschalten – Respawns gibt es keine. In diesen Modi kommt es ganz klar auf das individuelle Können der Spieler an, auch nur kleine Fehler werden sehr schnell mit einer Niederlage bestraft. Mit Scharmützel gibt es einen weiteren Team-Deathmatch-Modus, der jedoch Respawns erlaubt und neben Spielern auch KI-Mitstreiter auf das Feld bringt. In diesem Modus gilt es eine bestimmte Punktzahl zu erreichen, was sowohl durch das Ausschalten gegnerischer Spieler als auch durch Töten der KI-Krieger möglich ist. Mein persönliches Highlight ist aber definitiv Herrschaft. Auch hier begegnen sich Helden und KI, das Ziel ist jedoch das Erobern und Halten verschiedener Punkte auf dem Schlachtfeld. Hier hat mich beeindruckt, wie For Honor eine solch große Anzahl an Spielfiguren auf das Feld bringt und den Entwicklern auch im Mehrspieler durch Katapultgeschosse und brennende Umgebungen eine herausragende Inszenierung gelingt. Es ist ein bisschen der Titanfall-Effekt: dank der KI erstrahlen die Kämpfe lebendiger, authentischer und umfangreicher. Jedes Online-Match wirkt wie eine alles entscheidende Auseinandersetzung und Gruppenschlachten und Duelle wechseln sich gut gewichtet ab. Herrschaft ist für mich der beste Beweis, dass For Honor die Kampagne – zumindest in der Form wie sie das Spiel aktuell bietet – wirklich nicht gebraucht hätte. In Sachen Spannung zieht der Multiplayer nämlich keineswegs den Kürzeren. Schade nur: so wirklich groß ist die Auswahl der Modi leider nicht – ein bisschen mehr Abwechslung und Experimentierfreudigkeit hätte For Honor sicherlich gut getan um auch langfristig unterhalten zu können.

Pimp my Samurai

Zwischen den Kämpfen steige ich in meiner Stufe auf und erhalte neue Ausrüstung, mit der ich meinen Krieger weiter verbessern kann. Im Mehrspieler steht euch nämlich eine ganze Reihe von Kriegern zur Auswahl, die nicht nur sehr unterschiedliche Fähigkeiten bieten, sondern auch personalisiert werden können. Gefallen hat mir, dass die Aufrüstung meiner Nahkampfwaffen oder Rüstungen nicht nur spielerische Auswirkungen haben, sondern sich auch optisch auf meinen Krieger auswirken. For Honor bietet damit ein ganz ähnliches Rollenspielsystem wie das, was auch Call of Duty und Konsorten seit Jahren haben. Der Motivation der Stufenaufstiege und dem Erhalt neuer Items tut das aber keinen Abbruch. Toll sind auch zeitlich begrenzte Herausforderungen, in denen ihr beim Erfüllen bestimmter Aufgaben weitere Ingame-Belohnungen erhaltet. Ein Feature, das For Honor anfangs groß präsentiert, ist zudem der Territorialkampf. Zu Beginn eurer Online-Karriere wählt ihr die Fraktion aus, für die ihr Kämpfen wollt. Folglich sammelt ihr mit jeder Schlacht Ressourcen für eure Truppen, mit denen ihr im Anschluss beeinflussen könnt, wie der globale Kampf um die Schlachtgebiete verläuft. Ihr entscheidet, ob ihr an gewissen Fronten eher in die Verteidigung oder die Eroberung investieren wollt, was nach einigen Stunden Auswirkung auf die Verschiebung der Territorialgrenzen hat. Doch schon früh ermüdet dieser Ansatz, weil Auswirkungen erst spät sichtbar werden und die kleinen, dadurch verursachten optischen Änderungen an den Maps sowieso nicht großartig auffallen. Schade, da ein solches System mit der richtigen Ausführung sicherlich für große Motivation gesorgt hätte.

Wer jetzt übrigens wegen der teilweise sehr großen Kritik am Matchmaking von For Honor sehr mit einem Kauf zögert, sollte wissen dass diese Sorgen nicht unberechtigt sind, aber auch nicht als das entscheidende Kaufargument herangezogen werden müssen. Während meiner Testphase bekam ich es durchaus alle paar Spiele mal mit Spielunterbrechungen oder sogar -abbrüchen zu tun. Grund dafür ist die genutzte Peer-to-Peer-Netzwerkverbindung, über die For Honor seine Online-Matches austrägt. Hier steht kein Server seitens Ubisoft bereit, stattdessen dienen die Spieler selbst als Host für die Online-Schlachten. Das sorgt immer wieder für Probleme und ist besonders frustrierend, wenn man mitten aus einem Match geworfen wird. Natürlich wären auf Ubisoft bei der Wahl von herkömmlichen Servern definitiv höhere Kosten zugekommen, gerade bei einem Spiel wie For Honor wären diese aber gut angelegt. Trotzdem: auf jede Fehlermeldung kamen bei mir auch genügend Spiele, die einwandfrei liefen – ein absolut desolater und somit unspielbarer Zustand liegt bei For Honor also nicht vor. Problem- und frustloser Mehrspielermodus ist aber trotzdem etwas anderes.

Wertung im Einzelnen
Einzelspieler
6
Mehrspieler
9
Grafik
9
Kampfsystem
9
Abwechslung
8
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