Releasetermin: 20.04.2018

 

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Adventure
Entwickler: Santa Monica Studio
Herausgeber: Sony Interactive Entertainment Europe

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Kratos ist zurück! Fünf Jahre nach dem letzten Abenteuer in God of War: Ascension verpasst Santa Monica Studio der bekannten Playstation-Ikone einen brandneuen Ableger. Bereits im Vorfeld wurde klar, dass das PS4-Debüt eine radikale Neuausrichtung des Franchises werden würde. Die veränderte Kameraperspektive, der verstärkte Erzählfokus und ein Wechsel zur nordischen Mythologie hatten zur Folge, dass viele Fans nach der Ankündigung skeptisch zurückblieben. Ist das neue God of War ein famoser PS4-Start oder liegt dem neuen Spiel eine komplett falsche Zielrichtung in der Entwicklung zu Grunde?

Neuer alter Kratos

Den neuen Story-Ansatz sieht man God of War bereits in den ersten Minuten an. Statt unmittelbar mit Over-the-Top-Action und gigantischen Bosskämpfen einzusetzen, startet das Spiel unerwartet ruhig in einem verschneiten Waldareal. In der Welt der nordischen Mythologie lebt der sichtlich gealterte Kratos mit seinem Sohn Atreus fernab des griechischen Olymps. Atreus Mutter ist verstorben und ließ den letzten Willen zurück, dass ihre Asche auf dem höchsten Gipfel der Welt verstreut wird. Doch nicht nur aus diesem Grund bereiten sich Kratos und der Junge auf die Abreise vor – ein mächtiger Mann, der Kratos eindeutig nicht wohlgesonnen ist, stattet der versteckten Waldhütte einen Besuch ab. Nach einem blutigen Kampf erkennt Kratos, dass sie an diesem Ort nicht weiter sicher sind.

Natürlich bleibt die Wanderung durch die nordische Welt nicht unbeschwert: feindselige Kreaturen und nordische Gottheiten versuchen Kratos Aufstieg mit allen Mitteln zu verhindern. Mit den Motiven der Widersacher hält sich die Geschichte lange Zeit bedeckt – Kenner der Vorgänger können vieles mutmaßen, einige Aspekte bleiben aber zunächst im Ungewissen. Grundsätzlich erfordert God of War aber keinerlei Vorkenntnisse. Das liegt unter anderem daran, dass sämtliche Schauplätze und Figuren umfangreich eingeführt werden und zu großen Teilen sogar Erstauftritte sind. Besonders Kratos und Atreus werden nicht nur durch die hervorragenden deutschen Sprecher, sondern auch durch natürlich geschriebene Dialoge zu gehaltvollen Charakteren.

Erziehung mit Tücken

Denn auch wenn kriegerische Konflikte einen großen Teil der Geschichte ausmachen, so steht die komplexe Vater-Sohn-Beziehung im Vordergrund des Abenteuers. Kratos lehrt Atreus das Jagen und versucht ihm wichtige Lebensweisheiten zu vermitteln, zeigt bei Fehlschlägen seines Sohnes jedoch nur wenig Empathie. Er wirkt kühl, abweisend und äußert oft harsche Kritik. Bei Atreus trifft das Verhalten stets auf glaubwürdige, emotionale Reaktionen – die Gegenüberstellung beider Charaktere zieht sich als zentralen Punkt durch die gesamte Geschichte. Kratos ist in seiner Vaterrolle sichtlich überfordert, in seinen festgefahrenen Idealen aber auch irgendwo überraschend nachvollziehbar. Mit kleinen Dialogphrasen oder Aktionen lassen die Entwickler jedoch eine bröckelnde Fassade des Protagonisten durchsickern.

Durch das authentische Zusammenspiel der Figuren wird das neuste God of War zum Ableger mit dem größten erzählerischen Tiefgang – und das tut der Reihe unfassbar gut. Bei Kratos ist es besonders das Gesamtpaket, was überzeugt. Gespräche, Gestik und sein langsameres und entschlosseneres Verhalten im Kampf – der neue alte Kratos lässt deutlich spannendere Charakterstudien zu als sein Pendant aus den letzten Spielen. Mit den Nebencharakteren schaffen die Entwickler gleichzeitig einen gelungenen Kontrast: Die humoristischen Einlagen der Schmiede oder des späteren Begleiters Mimir sowie die geheimnisvolle Waldhexe Freya lockern das Geschehen willkommen auf. Zudem erhalten sie durch die hohe Spielzeit genügend Raum zur Entfaltung, ohne dabei die narrativen Ziele zu sehr zu verwässern.

Epische Kämpfe am Fließband

Doch keine Angst: auch die gewohnte Kampf-Action bleibt in God of War trotz des narrativen Fokus nicht aus. Da der neuste Ausflug von Kratos mit 20 bis 30 Stunden einen deutlich größeren Umfang als seine Vorgänger hat, wird auch spielerisch mehr Tiefgang geboten. Trotz der neuen Kamera, die jetzt wesentlich näher an Kratos positioniert ist, bleibt der kämpferische Grundgedanke der Gleiche. Mit seiner mächtigen Leviathanaxt ausgerüstet stellt sich der Protagonist sämtlichen Kreaturen, die ihm auf seiner Reise im Weg stehen – von kleinen Skeletten, über riesige Trolle bis hin zu noch viel gigantischeren Drachen bietet das gegnerische Feld sehr viel Variation. Während ihr zu Beginn nur einige Hiebe mit der Axt ausführt und eure Waffe gezielt auf Widersacher schleudert, steigt euer Repertoire an Angriffen über den Spielverlauf deutlich an. In einem Talentbaum schaltet ihr weitere Fähigkeiten und Kombos frei. Spieler, die sich zwischendrin fleißig umsehen, können auch durch Truhen ganz neue Spezial-Angriffe erhalten.

Durch ein gelungenes Ausweich- und Blocksystem nehme ich auch die Veränderung des gefassteren Kampfsystems gerne an. Wildes Hämmern auf den Controller führt nicht weit, stattdessen bringt nur gezieltes Vorgehen den gewünschten Erfolg. Neue Freischaltungen motivieren langfristig und sorgen dafür, dass auch mit voranschreitender Spielzeit immer wieder neue Herangehensweisen an Gegner ermöglicht werden. Das ist teilweise essenziell, da die Feinde nicht nur optisch große Unterschiede aufweisen, sondern auch spielerisch ganz verschiedene Taktiken verlangen. Fliegende Nachtmahr-Parasiten können andere Gegner befallen und so deutlich stärken, das toxische Erbrochene von Giftwölfen sollte man bestenfalls meiden und die untoten Draugare variieren je nach Bewaffnung mitunter stark in ihrem Kampfverhalten. Schon die Standardkämpfe gegen mehrere normale Gegner sind stets packend in Szene gesetzt, die Begegnungen mit den Bossen stellen jedoch erneut die inszenatorischen Highlights von God of War dar. Die schiere Größe der göttlichen Gegner, die unüblichen Kampfabläufe und nicht zuletzt die herrlich überzogenen Finishing-Moves sorgen nach Abschluss der kniffligen Auseinandersetzungen für ein befreiendes Aufatmen. Für meinen Geschmack hätten die mittelstarken Mini-Bosse aber etwas mehr Variation vertragen können.

Auf den Spuren eines Rollenspiels

Eine weitere große Neuerung stellt Atreus dar, der nicht nur narrativ, sondern auch im Kampf eine tragende Rolle spielt. Mit Pfeilen kann er Monster attackieren bzw. ablenken und in einigen Fällen sogar zu mächtigen Angriffen ausholen. Vieles davon geschieht automatisch, mit simplem Knopfdrücken kann der Spieler Atreus aber zusätzliche Befehle erteilen. Zudem wird der Junge zum wandelnden Lexikon: durch seine Kenntnisse alter Sprachen kann er auf der Reise diverse Schriften entziffern, die weitere Informationen zum Universum des Spiels verraten. Er führt sogar ein kleines Tagebuch über die Schwächen von Monstern sowie über seine Erkenntnisse zu den Hintergründen geschichtlicher Zusammenhänge. An dieser Stelle zeigt sich erneut, mit welcher Sorgfalt die Entwickler gearbeitet haben um die mythologisch inspirierte Story bis ins Detail mit Erzählungen über einzelne Gottheiten zu schmücken. Besonders zum späteren Nachlesen ist die Buchführung von Atreus sehr hilfreich, in einigen Fällen hätte ich mir aber gewünscht, dass neu erlangte Infos öfter auch in Gesprächen zwischen den Figuren behandelt werden.

God of War macht mit seiner Neuinterpretation deutliche Schritte in Richtung eines Rollenspiels. Bei den Schmieden kauft und verbessert ihr unter anderem verschiedene Brust- und Armrüstungen und stattet euch mit Talismanen, Waffen-Upgrades und verschiedenen Axtknäufen aus. Der Brustschutz lässt sich zudem mit Zaubern stärken, weiterhin schaltet ihr über die zahlreichen Fähigkeiten-Bäume allerhand nützlicher Angriffe frei. Unterteilt in Nah-, Fern-, Magie-, Experten-, Schild- und Ragekampf kann jeder Spieler Kratos frei nach Belieben immer stärker werden lassen. Obwohl ich mich auf der einen Seite über die zahlreichen, individuellen Möglichkeiten freue, fühlte ich mich besonders zu Beginn durch den Ausrüstungswahn überfordert. Das spiegelt sich als Resultat auch in der etwas überladenen Steuerung wieder. Manchmal ist weniger eben mehr – eine langsamere Heranführung an die einzelnen Elemente hätte God of War stellenweise sicherlich gut getan.

Erkunden und Rätseln

Neben epischen Kämpfen und Verbesserungen stehen erneut auch knifflige Rätsel auf der Agenda. Diese sind stets gelungen in die Schauplätze eingebunden und machen sehr guten Gebrauch von den speziellen Fähigkeiten der Charaktere. Mit besonderen Pfeilen kann Atreus etwa mysteriöse Kristalle zum Leuchten bringen, mit dem Frosteffekt seiner Axt kann Kratos hingegen diverse Objekte vereisen und so zum Beispiel Zahnräder anhalten. Manchmal öffnet ihr durch Puzzles verschlossene Tore oder verschiebt Minenwagen so, dass ihr bestimmte Areale erreicht. An anderen Stellen ordnet ihr antike Tafeln in der richtigen Reihenfolge an, damit ein großer Aufzug anschließend durch magische Weise wieder zum Leben erweckt wird. Wer um die Ecke denkt und sich in Gebieten ausreichend umsieht, wird zudem regelmäßig mit weiteren Hintergrundgeschichten, Items und fast schon zu vielen Sammelgegenständen belohnt.

Der Erkundungsaspekt wird in God of War zentraler denn je. Auch wenn das Spiel keine „klassische“ Open World bietet, so sind die verschiedenen Orte doch alle irgendwie verbunden. Durch Nebenmissionen oder kleinere Geheimnisse lohnt es sich daher, auch abseits des Hauptweges nach Aufgaben zu suchen. Mir persönlich hat die Hauptstory mit Abstand am besten gefallen, knifflige Zusatzkämpfe oder Nebengeschichten wurden aber zu einem willkommenen Zusatz für Spieler, die noch etwas mehr Zeit mit God of War verbringen wollen. Teilweise werden Gebiete auch innerhalb der Hauptstory mehrmals besucht – mit neuen Randbedingungen versuchten die Entwickler jedoch, jenes Backtracking so interessant wie möglich zu gestalten.

Ein technisches Feuerwerk

Als würden die hohen erzählerischen und spielerischen Qualitäten von God of War nicht schon genug sein, sorgt auch der technische Auftritt von God of War dafür, dass euch regelmäßig die Kinnlade herunterklappt. Die wunderbar frostigen Gebirgsabschnitte wirken dank sagenhafter Detailarbeit wie eine hervorragende Mischung aus Realismus und mythologischer Magie. Die gigantischen Bossgegner lassen beinahe auch Shadow of the Colossus alt aussehen, zudem ist durch das Bereisen anderer Welten auch die Abwechslung ausreichend gewährleistet. Ob finstere Lava-Höhlen, authentische Ruinen oder surreale High-Fantasy-Wälder – God of War ist eine absolute Augenweide. Mit Zwischensequenzen in Ingame-Grafik gelingt es Studio Santa Monica zudem, Schlüsselmomente durch Regie, Beleuchtung und Effekte grandios zu inszenieren. Auch beim Sound leisteten die Entwickler hervorragende Arbeit. Schon der orchestrale Soundtrack trägt bedeutend zur Stimmung bei, durch die absolut wuchtigen Soundeffekte wird God of War aber zu einem noch viel intensiveren Audio-Erlebnis.

Wertung im Einzelnen
Gameplay
9
Story
9
Grafik
9.5
Sound
9
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