Releasetermin: 18.01.2017
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Adventure
Entwickler: SIE Japan Studio, Project Siren
Herausgeber: Sony Interactive Entertainment
Kassenschlager gab es auf der Playstation Vita nicht viele – Geheimtipps dafür aber umso mehr. Obwohl es schon recht nah am Release des Handhelds erschienen ist, kann man Gravity Rush auch heute noch auf zahlreichen Toplisten wiederfinden. Begeistert hat das Action-Adventure vor allem mit seinem einzigartigen Setting, doch auch die vorbildliche Nutzung der Vita-Features wurde oftmals gelobt. Nach einer rund vierjährigen Exklusivität wurde Gravity Rush durch einen PS4-Port nachträglich einem wesentlich größeren Publikum bereitgestellt. Doch die Konsolenumsetzung diente nur als Vorbote, denn mit Gravity Rush 2 ist jetzt auch der direkte Nachfolger des Spiels erschienen – dieses Mal ausschließlich auf der Playstation 4.
Auf Wiedersehen Hekseville, hallo Jirga Pargo Lhao!
Gravity Rush 2 schließt nur kurze Zeit nach den Ereignissen des Erstlings an: ihr spielt erneut das Mädchen Kat, welches dank der mysteriösen Katze Dusty in der Lage ist, die Gravitation zu verändern. In Hekseville kannte man sie daher auch unter dem Namen Gravi-Königin, leider wurde sie jedoch von einem Gravitationssturm von ihrer Heimat getrennt. Inzwischen befindet sich Kat bei einer Flotte aus fliegenden Schiffen, deren Leute sich auf den Abbau und Handel von Erzen spezialisiert haben. Nach einiger Zeit legt die Flotte jedoch in der fliegenden Stadt Jirga Pargo Lhao an und fortan steht dem Spieler eine große offene Welt zur Erkundung bereit. Schnell fällt auf, dass man erzählerisch einiges aus dem Vorgänger voraussetzt. Zwar wird spielerisch bei null angefangen, ohne grundlegende Kenntnisse kommt man bei den Charakteren, Hekseville, Gravitationsstürmen und gewissen Zusammenhängen zu Beginn schnell durcheinander, auch wenn man sich einiges noch irgendwie zusammen reimen kann.
Doch im Grunde beherbergt das Fantasy-Universum aus Gravity Rush 2 spannende Geschichten, welche auch problemlos eigenständig funktionieren und mit Bravour umgesetzt worden sind. Jirga Pargo Lhao strotzt nur vor Lebendigkeit und liebevollen Details an allen Ecken, sorgt in der ersten Hälfte des Spiels durch die vorhandene gesellschaftliche Ungleichheit und eine korrupte Regierung jedoch allem voran für überraschend ernste Töne. Nach einem etwas überhasteten Abschluss der ersten Erzählung wird euch noch ein weiterer Schauplatz geöffnet, wo im Kontrast ein apokalyptisches Setting aufgefahren wird. Obwohl mir die Arm-Reich-Story durch seine Bodenständigkeit besser gefallen hat, war die zweite Hälfte sehr packend inszeniert und aufschlussreich in Bezug auf Kats bis dato unklare Vergangenheit.
Gravitation als Waffe
Doch genug zur Story – wie genau spielt sich Gravity Rush 2 überhaupt? Wer den Vorgänger kennt, wird sich direkt wie zu Hause fühlen: noch immer ist das Verändern der Gravitation das zentrale Element des Gameplays. Auf Knopfdruck beginnt die Protagonistin in der Luft zu schweben, daraufhin kann sie in beliebige Richtungen schweben oder auch Angriffe aus der Luft ausführen. Das ist nicht unwichtig, bekommt ihr es im Laufe des Spiels nämlich zuhauf sowohl mit menschlichen Gegnern als auch mit undefinierbaren schwarzen Kreaturen, den sogenannten Nevi, zu tun. Letztere gibt es zwar in unterschiedlichen Formen, gleichbleibend ist aber immer das Schwachstellensystem, das im Kampf zum Einsatz kommt. Offensichtlich rote Stellen am Körper zeigen die Verletzlichkeit der Nevi an, durch die auch die Wichtigkeit der Gravitation deutlich wird: während sie für das Erreichen fliegender Gegner ohnehin unerlässlich ist, helfen schnelle Flugmanöver auch dabei, Gegner von der bestmöglichen Richtung zu attackieren oder feindlichen Angriffen geschickt auszuweichen.
Ab und an bekommt ihr es auch mit kleineren Bossgegnern zu tun, bei denen es abgesehen von anderen Angriffsmustern auch mit Panzern verdeckte Körperteile sowie mehrere Schwachstellen zu attackieren gilt. Neben einfachen Tritten könnt ihr auch mit eurem Statisfeld einiges anrichten. Mülltonnen, Holzbretter oder ganze Personen aus der Umgebung beginnen um Kat zu schweben und können auf Gegner geschleudert werden. Zusätzlich gibt es noch verschiedene Spezialangriffe, die sich nach dem Füllen einer gewissen Anzeige einsetzen lassen. Neu sind in Gravity Rush 2 außerdem zwei neue Formen in die Kat sich im Laufe des Spiels verwandeln kann. Im Lunar-Modus ist sie wesentlich leichter, kann höhere Sprünge vollführen und greift zwar über kürzere Distanz, dafür aber wesentlich schneller an. Im Gegensatz dazu spielt sich der Jupiter-Modus schwerfälliger, hier können Gravitationstritte aber beispielsweise aufgeladen werden um einen Gebietsschaden zu verursachen.
Upgrades & Bosskämpfe
Ein bisschen Rollenspiel kann Gravity Rush 2 auch: gegen gesammelte Ingame-Währung lassen sich eure Fähigkeiten verbessern. Statt zwei Objekten schweben fortan drei in meinem Statisfeld und auch meine Kombomöglichkeiten habe ich steigern können. Zusätzliche helfen mir Talismane, gewisse Attribute aufzubessern – hiervon machte ich in meinem Spieldurchlauf ehrlich gesagt aber nur selten Gebrauch. Doch selbst wenn die verschiedenen Formen und Upgrades für Abwechslung sorgen, so richtig werde ich mit dem Kampfsystem auch in Gravity Rush 2 nicht warm – ein Problem, das auch schon der Vorgänger hatte. Sehr oft gestalten sich die Kämpfe zu ähnlich, was unter anderem daran liegt, dass sich das Schwachstellensystem nicht so stark auf die Kämpfe auswirkt, wie man es sich wünscht. Außerdem strotzen die Bosskämpfe nur vor Scripts, schöner wären hier faire, spielmechanisch anspruchsvolle Kämpfe gewesen. Auch Steuerung und Kamera stellen sich gelegentlich quer, aber dazu später mehr.
Abwechslungsreicher Genre-Mix mit Schwächen
Doch Kämpfe sind lange nicht alles, was euch in Gravity Rush 2 erwartet. Jump’n’Run-Einlagen, kleinere Puzzles, Suchaufgaben, Stealth-Abschnitte – an Abwechslung mangelt es Gravity Rush 2 definitiv nicht. Neben den Storymissionen gibt es auch diverse Nebenmissionen und Herausforderungen, mit denen ihr euch die Zeit neben dem Weltretten vertreiben könnt. Während ihr in Ersterem zum Beispiel mit dem Ausliefern von Päckchen oder dem Einfangen von Hühnern konfrontiert werdet, handelt es sich bei den Herausforderungen meistens um kleine Challenges auf Zeit. Nett ist auch der Fotomodus, mit dem ihr Kat in verschiedenen Posen und Outfits einfangen könnt. Mit diesem verbunden ist auch die kleine Online-Komponente von Gravity Rush 2: gelegentlich treffen Fotohinweise von anderen Spielern ein, anhand derer ihr euch auf der Suche nach versteckten Schätzen machen könnt. Wurdet ihr fündig, winken Belohnungen – anschließend müsst ihr ein neues Foto schießen um einem anderen Spieler die Suche zu ermöglichen.
Das Problem bei Gravity Rush 2 ist leider, dass es nicht so genau weiß, was es sein will. Es versucht besonders im Missionsdesign vieles aus, wirklich begeisternd ist davon aber nichts. Die Kämpfe werden irgendwann etwas eintönig, die Schleicheinlagen sind nur sehr oberflächlich und die Suchaufgaben sind belanglos und zeitraubend. Dazu kommen nervig lange Lauf- bzw. Flugwege, die ihr zwischen einzelnen Missionspunkten zurücklegen müsst. Das hat zur Folge, dass nur wenige Missionen als herausragend in Erinnerung geblieben sind, meistens war das Missionsdesign trotz der großen Abwechslung eher unspektakulär. Beeindruckt war ich persönlich aber von der Spieldauer: wenn ihr im Spieldurchlauf nur wenige Nebenmissionen abschließt, kommt ihr trotzdem locker auf 20 Spielstunden. Anschließend lässt sich die Spielzeit dank verschiedener Beschäftigungen noch um zehn Stunden erhöhen – wie sehr euch die Nebenbeschäftigungen dann aber noch bei Stange halten, ist vermutlich von Spieler zu Spieler unterschiedlich.
Ansprechender Anime-Stil
Doch auch wenn spielmechanisch nicht alles glatt läuft, großen Spaß hatte ich mit Gravity Rush 2 trotzdem. Das liegt vor allem an dem sehr einzigartigen Universum, dem das Gravitationsthema an jeder Ecke anzusehen ist. Das liegt an den sympathischen Charakteren, die auch abgesehen von der fast schon ikonischen Kat einen großen Wiedererkennungswert und diverse Eigenheiten aufweisen. Und das liegt vor allem auch wieder an der grandiosen Präsentation. Der farbenfrohe Anime-Stil des Vorgängers erstrahlt auf der Playstation 4 noch einmal schöner als schon auf dem Display des Playstation-Handhelds. Es gelingt den Entwicklern auch, die unterschiedlichen Stimmungen der verschiedenen Stadtteile erfolgreich einzufangen: auf dem Marktplatz von Jirga Pargo Lhao kann man die Lebensfreude dank der knallbunten Optik und der lebendigen Szenerie problemlos nachvollziehen, das heruntergekommene Armenviertel, was in ein matschiges Grün-Braun getaucht ist, versprüht hingegen eine deutlich tristere Atmosphäre. Das ist auch dem Soundtrack zu verdanken, welcher dank vieler verschiedener Stücke die Stimmungswechsel mindestens genauso stark beeinflusst. Fantastisch gefielen mir auch die Comic-Strips, in denen die Dialoge festgehalten sind und mit denen die Story hauptsächlich vorangetrieben wird. Zwar gibt es gelegentlich auch ansehnliche Zwischensequenzen, dank des hervorragenden Zeichenstils und des angenehm schnellen Erzähltempos gefielen mir die Comics aber am besten.
Zwar habe ich grafisch grundlegend nicht wirklich viel auszusetzen, die Kombination aus großer offener Welt und schneller Fortbewegung hat aber leider nicht selten zur Folge, das Umgebungsobjekte und Texturen zu spät geladen werden. Weiterhin funktionieren Kamera und Steuerung nicht durchweg einwandfrei. Auch wenn die ersten Orientierungsprobleme der unkonventionellen Anti-Gravitations-Steuerung schnell überwunden sind, fehlende Übersicht und Steuerungsschwierigkeiten kamen bei mir sogar bis zum Ende des Spiels noch vor. Besonders häufig geschieht dies, wenn man sich in sehr engen Arealen, beispielsweise in Höhlen oder zwischen Gebäuden, aufhält. Zwar ist es möglich, die Kamera durch Drücken des rechten Sticks wieder zu zentrieren, für Verwirrung ist trotzdem immer mal wieder gesorgt. Ich fühle mich einfach nicht in der Lage, meine Manöver exakt so präzise auszuführen, wie ich es gerne hätte – das bewusst anspruchsvolle Gravitationswechseln macht aber trotzdem weitestgehend viel Spaß.