Releasetermin: 07.09.2018

 

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action
Entwickler: Insomniac Games
Herausgeber: Sony Interactive Entertainment

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Mehr als 3,3 Millionen Exemplare innerhalb der ersten drei Tage: Spider-Man ist Sonys am schnellsten verkauftes First-Party-Spiel aller Zeiten. Die Videospiele rund um Marvels Superhelden-Franchise haben eine lange Historie hinter sich, konnten aber vor allem mit den letzten Titeln nur mittelmäßig überzeugen. An den neusten Teil, der schlicht Marvel’s Spider-Man getauft wurde, hatten Fans jedoch hohe Erwartungen. Das Spiel befand sich nicht nur lange in Entwicklung, sondern hatte mit Insomniac Games auch die mehr als fähigen Macher von Resistance und Sunset Overdrive im Rücken. Ob Spider-Man der hohen Erwartungshaltung gerecht wird, kläre ich im folgenden Test.

Der Held der Stadt

Die wichtigste Frage kläre ich am besten gleich zu Beginn: Ja, wenn man durch die Häuserschluchten New Yorks schwingt, fühlt man sich tatsächlich wie Spider-Man. Schon nach minimaler Eingewöhnungszeit manövrierte ich problemlos zwischen den Gebäuden umher, landete auf Schornsteinen oder nutzte Spinnen-Netze um mich auch in der Luft zusätzlich zu beschleunigen. Die Mechanik gelang den Entwicklern wirklich gut, da die Zielsuche überwiegend automatisch geschieht, sich aber stets an eurer angepeilten Richtung orientiert. Spider-Man kann dank seiner Spinnen-Fähigkeiten innerhalb kürzester Zeit von einem Stadtteil in den nächsten gelangen und gibt dem Spieler ein unglaubliches Gefühl von Freiheit. Ich persönlich habe mich beim Spielen oft an die Agilität von Cole aus InFamous: Second Son erinnert gefühlt. Bis auf das Kraxeln an Hauswänden – hier funktioniert die Steuerung bei exakten Manövern nicht immer ganz intuitiv – spielt sich Spider-Man einfach fantastisch.

Dieses Muster führt sich auch in den Kämpfen gegen die zahlreichen Verbrecher der Stadt fort. Als sympathischer Superheld sieht Spider-Man selbstverständlich ständig in New York nach dem Rechten und vereitelt die Vorhaben von allerlei Kriminellen. Zum Einsatz kommt dafür ein Kampfsystem, das auf den ersten Blick wie eine schnellere Variante des Batman-Pendants wirkt. Es verbindet den rasanten Nahkampf mit Spider-Mans Fähigkeiten aus der Ferne. Neben den normalen Spinnennetzen, mit denen ihr Gegner einspinnen und so vorübergehend außer Gefecht setzen könnt, gibt es auch eine Handvoll Gadgets, die euch das Leben vereinfachen. Die Spider-Drone attackiert Feinde zum Beispiel eigenständig, während ihr mit der Stolpermine geschickte Fallen stellen könnt. Das Elektronetz setzt die Kriminellen unter Strom, kann aber auch zum manipulieren von Stromkästen genutzt werden.

Kampf, Mission, Upgrade

Trotz der hohen Kampf-Geschwindigkeit bewahrt ihr in Spider-Man immer den Überblick. Droht ein feindlicher Angriff, sei es durch Hiebe oder explosive Geschosse, wird der Superheld von seinem Spinnen-Sinn gewarnt und ein Kreis erscheint um seinen Kopf. Heißt im Klartext: Möglichst schnell die Kreistaste drücken um der Gefahr rechtzeitig auszuweichen. Obwohl ihr gelegentlich sehr großen Gegnermassen gegenübersteht, funktioniert das System ausgezeichnet. Der Kombo-Zähler schießt nur so nach oben: Gegner mit Schlägen in die Lüfte katapultieren, kurz einem Schützen ausweichen, einen nächsten Feind mit Fäden einspinnen und anschließend wild durch die Gegend wirbeln. Auch die Umgebung kann genutzt werden: Ob auf den Straßen New Yorks oder innerhalb eines Gebäudes – irgendwo findet man immer Mülltonnen, Kisten oder sonstige Wurfgegenstände für den Kampf.

Um den immer stärker werdenden Gegnertypen auch im späteren Verlauf des Abenteuers gerecht zu werden, gewinnt auch Spider-Man stetig weiter an Kraft. Schließt ihr Missionen ab, erhaltet ihr durch Stufenanstiege sogenannte Fertigkeitspunkte, mit denen ihr euren Talentbaum ausbauen könnt. Hier warten unter anderem neue Moves, Konter und Entwaffnungsangriffe darauf, freigeschaltet zu werden. Nebenher könnt ihr eure Gadgets verbessern, bessere Spider-Man-Anzüge freischalten und Anzug-Mods ausrüsten. Das geschieht allerdings nicht umsonst, sondern durch den Einsatz verschiedener Marken, die ihr für diverse Nebenaktivitäten in New York erhaltet.

Geht ihr zum Beispiel der recht belanglosen Suche nach Spider-Mans alten Rucksäcken nach, werdet ihr zwar nicht mit großartigen Erfolgserlebnissen belohnt, dafür aber mit Rucksackmarken. Andere Marken-Typen bekommt ihr zum Beispiel indem ihr zufällige kriminelle Aktivitäten vereitelt, Fotos von Wahrzeichen der Stadt schießt oder Nebenmissionen absolviert. Mir hat gut gefallen, wie in Spider-Man auch die Figur des Peter Parkers unter dem Kostüm behandelt wurde. Dieser verfügt über große Kenntnisse in verschiedenen Naturwissenschaften und hilft seinem befreundeten Wissenschaftler Otto in kleinen Schaltkreis-Minispielen bei seinem Projekten – auch hier winken die wichtigen Marken für die Upgrades.

Zu dritt gegen Dämonen

Doch das ist alles nur Beiwerk der 20-stündigen Story, mit der euch Insomniac Games auch dramaturgisch unterhalten möchte. Auf den ersten Blick erwartet den Spieler eine typische Superhelden-Geschichte, in der die maskierte Dämonen-Organisation plötzlich die Stadt terrorisiert. Nachdem die Handlung etwas gebraucht hat um voll in Fahrt zu kommen und ihren Fokus zu erkennen, wurde ich aber weitestgehend gut unterhalten. Das liegt einerseits daran, dass im spätere Verlauf die Feindbilder verschwimmen und es Insomniac Games sogar gelingt, ruhige und emotionale Momente zu schaffen. Zwischen den langsam Dialogen und schnell geschnittenen Action-Zwischensequenzen liegt auch der ein oder andere Story-Twist – ich persönlich habe mit den meisten aber schon früh gerechnet.

Während ihr euch von Mission zu Mission schwingt (oder ab einem gewissen Punkt auf die Schnellreise-Funktion zurückgreift), werdet ihr stets von Telefonaten mit anderen Charakteren oder den unterhaltsamen Spider-Man-Hate-Podcasts von Jonah Jameson bei Laune gehalten. Auch in den einzelnen Kämpfen kommt der Humor nicht zu kurz: Spidey hat immer einen lustigen Spruch auf Lager und punktet mit einer Menge Situationskomik. Zwar seid ihr überwiegend als Spider-Man unterwegs, ab und an schlüpft ihr aber auch in zwei andere Rollen. Eine davon ist Peters Freundin Mary-Jane, die als investigative Journalistin auch hinter den Motiven der kriminellen Dämonen her ist. Außerdem spielt ihr gelegentlich auch Miles, den jugendlichen Sohn eines Polizisten.

Über Superhelden-Fähigkeiten verfügen diese jedoch nicht, sodass es sich hier stets um kleinere Schleich-Aufgaben handelt. Ruhig vorgehen, für Ablenkungen sorgen und bloß nicht auf umherliegende Glasscherben treten – der Rollentausch sorgt spielerisch für Abwechslung und gibt dem Spieler ein besseres Gefühl für die Nebenfiguren. Übrigens: Auch bei Spider-Mans Auftritten müsst ihr nicht immer direkt den brachialen Weg wählen – manchmal ist es besser, zunächst einige Feinde lautlos auszuschalten.

Beeindruckende Spielwelt mit Abstrichen

Auch optisch macht Spider-Man einiges her. Neue Maßstäbe werden nicht gesetzt, dafür punktet der Action-Titel aber mit einem nahezu tadellosen Gesamteindruck. Die Spielwelt wirkt dank nachgebauter Sehenswürdigkeiten authentisch und durch die vielen Passanten und Zufalls-Events recht lebendig. Was mich an der offenen Spielwelt anfangs am meisten gestört hat, war der Aufbau der einzelnen Nebenaktivitäten. Klar, es gibt enorm viel zu tun – das meiste kennt man aber schon sehr ähnlich aus anderen Vertretern des Genres.

Es fängt an mit den Überwachungstürmen, die man für eine aufdeckte Stadtkarte aktivieren muss, über gewöhnliche Sammelaufgaben bis hin zu den Lagern der Verbrecher. Die Forschungsstationen mit ihren Umweltaktivitäten und einige Nebenmissionen bieten die erfrischende Ausnahme, das meiste wiederholt sich aber recht schnell und wirkt uninspiriert. Trotzdem ist der Open-World-Ansatz gelungen: Spätestens wenn ihr auf den Dächern der Stadt effektreiche Kämpfe gegen die Haupt-Bösewichte absolviert, ist die offene Umgebung ein Traum. Auch der Soundtrack tut seinen Teil zum Superhelden-Setting, auch wenn er etwas weniger epochal als in den Kino-Blockbustern daherkommt.

Wertung im Einzelnen
Gameplay
8.5
Story
8.5
Grafik & Musik
8
Abwechslung & Umfang
8
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