Releasetermin: 25.04.2017
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: First-Person-Shooter
Entwickler: CI Games
Herausgeber: CI Games
Irgendwie ist die Sniper-Ghost-Warrior-Reihe bisher an mir vorbeigegangen. Auch wenn ich das Konzept der Spiele eigentlich ganz interessant finde, hielten mich die eher durchwachsenen Wertungen bisher davon ab, selbst einen Ausflug in die Scharfschützenabenteuer zu wagen. Trotzdem scheinen die Verkaufszahlen für den Publisher zufriedenstellend gewesen zu sein, schließlich gibt es nach recht langer Entwicklungszeit mit Sniper: Ghost Warrior 3 den inzwischen dritten Teil der Reihe. Und jetzt wage auch ich mal einen Versuch – ob es sich lohnt, erfahrt ihr im Test.
Unspektakuläres aus Georgien
Zum ersten mal in der Geschichte von Sniper Ghost Warrior wird uns in Teil 3 eine offene Spielwelt vorgesetzt. Den amerikanischen Profi-Scharfschützen Jon North verschlägt es nach Georgien, wo er nicht nur gegen die erstarkten prorussischen Seperatisten ankommen muss, sondern nebenbei auch noch Ausschau nach seinem verschollenen Bruder hält. Leider bekommt das Spiel schon hier seinen ersten starken Dämpfer: die Geschichte ist nicht nur in ihren Thematiken an vielen Stellen recht austauschbar, sie wird zusätzlich durch mieses Storytelling weiter nach unten gezogen. Die ohnehin schon schwachen Dialoge verkommen durch das grauenhafte deutsche Voice-Acting zu einem absoluten Trauerspiel: sogar der Protagonist Jon North wurde so emotionslos vertont, dass eine Charakteridentifikation quasi unmöglich wird. Der gefühlsvollere Story-Pfad rund um seinen Bruder verliert dadurch vollkommen an Bedeutung.
Doch auch die schwache Inszenierung sorgt für wenige Erinnerungen an die Geschichte. CI Games setzen uns eine völlig leblose offene Spielwelt vor, die zwar einerseits mehr spielerische Freiheiten als je zuvor suggeriert, auf der anderen Seite aber absolut nichts spannendes abseits der Storymissionen zu bieten hat. Dazu ist das Setting eintönig und auch optisch nur wenig ansprechend: hauptsächlich bekommen wir es hier mit sehr schwachen Texturen zu tun und auch die Charakteranimationen verfrachten mich in die letzte Konsolengeneration zurück. Die Spielwelt hat keinerlei sehenswürdige Punkte oder Naturphänomene, die in Erinnerung bleiben. Zwar lässt die Aufteilung der Karte in verschiedene Unterareale (Ladezeiten inklusive) auf landschaftliche Abwechslung hoffen, im Endeffekt wird der grün-braune Texturenmatsch hier aber nur weiß-grau angestrichen.
Durchschnittliches Schleichen
Doch kommen wir nach der äußeren Kritik zum Spielerischen. Sniper: Ghost Warrior 3 liegt ein First-Person-Shooter zugrunde, der, wie der Spiele-Titel stark vermuten lässt, sehr auf Schleich-Einlagen ausgelegt ist. Grundsätzlich dürft ihr euch hier auf sehr solide Stealth-Action freuen: ausgehend von eurem Lager wählt ihr die Missionen an, lauft oder fahrt zum Zielgebiet und habt dort verschiedene Aufgaben zu erfüllen. Ihr infiltriert feindliche Basen, entwendet Fahrzeuge, stört Kommunikationszentren, belauscht Gespräche, sprengt Züge in die Luft oder wohnt sogar unbemerkt einer Hochzeit bei. Eine große Stärke von Sniper: Ghost Warrior 3 ist definitiv die Abwechslung in den einzelnen Missionen. Diese unterscheiden sich nicht nur in den Schauplätzen teilweise stark voneinander, sondern verlangen euch auch verschiedene Herangehensweisen ab. Viele Elemente kennt man dabei schon aus diversen anderen Stealth-Titeln: Feinde können lautlos mit dem Scharfschützengewehr ausgeschaltet werden, mit dem Wurf eines Steins kann ich Personen ablenken, mit der Drohne kann ich das Gebiet zuvor auskundschaften und wenn ich mal auffliege, hilft das rabiatere Sturmgewehr. Zwischendrin wird sich versteckt: zwischen Büschen bleibe ich unentdeckt, werde ich verfolgt finde ich hingegen Unterschlupf in Schränken oder Müllcontainern.
Zwischen den einzelnen Missionen könnt ihr euch in eurem Lager mit anderen Waffen ausrüsten, Munition kaufen bzw. aus gesammelten Materialien zusammenbauen und euch auch anderweitig mit passender Ausrüstung für den nächsten Einsatz versorgen. Gut gefallen haben mir die einzelnen Gadgets wie Rauchgranaten, Wurfmesser, Warnmelder oder Minen, die mir durchaus Möglichkeiten zum kreativen Experimentieren bieten. Für Freiheiten sorgt auch der teilweise sehr durchdachte Aufbau der Levels: wer sich genügend umsieht entdeckt diverse alternative Wege und Möglichkeiten, die nicht nur erfolgsversprechend sind, sondern vom Spiel auch mit Erfahrungspunkten belohnt werden. Als ich ein Gebiet zum Beispiel durch ein Abflussrohr infiltriert habe, ploppen plötzlich Erfahrungspunkte auf, ähnlich verhält es sich bei optionalen Missionszielen oder kleineren Herausforderungen. Sämtliche Erfahrung könnt ihr dann in drei verschiedenen Fähigkeitsbäumen reinvestieren. Bei den Sniper-Skills kann ich zum Beispiel längeren Atem erhalten, bei den Geist-Skills wird Jon North resistenter gegenüber Explosionen und beim Krieger-Pendant erhalte ich unter anderem höhere Ausdauer.
Fehlende Liebe, fehlender Feinschliff
Neben der Haupt-Story versuchte CI Games die Spielwelt auch mit Nebenaufgaben zu füllen, was jedoch nur mittelmäßig gelungen ist. In der Theorie gibt es zum Beispiel in der Spielwelt verteilte Außenposten, die vergleichbar mit eben solchen in der Far-Cry-Reihe sind. Leider machen sie im Ubisoft-Konkurrenten aber bedeutsam mehr Spaß, strotzen vor Motivation und sind nicht zuletzt auch optisch ansprechender. Ähnlich verhält es sich mit den Nebenmissionen und der Suche nach den meistgesuchten Verbrechern – man merkt, dass man hier vor allem mit Umfang glänzen wollte. Zusätzlich gibt es auch an einigen Ecken noch sammelbare Gegenstände, die aber im Endeffekt genauso belanglos ausfallen. Der Versuch von CI Games einen umfangreicheren Titel als die bisherigen Sniper-Ghost-Warrior-Teile zu kreieren ist zwar ambitioniert, wurde aber leider nur sehr uninspiriert erfüllt.
Wie ihr seht, ist das Grundgerüst von Sniper: Ghost Warrior 3 zwar weitestgehend unspektakulär, aber spielerisch grundsolide. Ich könnte auch über die schwache Erzählung des Titels hinwegsehen und guten Gewissens eine eingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen, wären da nicht die zahlreichen technischen Schwierigkeiten, mit denen das Spiel zu kämpfen hat. Den Anfang machen dabei die vielfach kritisierten Ladezeiten, die insbesondere beim Spielstart immer wieder fünf Minuten beanspruchen, bevor man überhaupt anfangen kann zu spielen – und das ist keine Übertreibung! Wer nach dieser Zeit eine technisch einwandfreie Spielwelt erwartet, wird enttäuscht. Neben der ohnehin schon sehr schwachen grafischen Performance des Shooters plagen das Abenteuer zusätzlich aufploppende Objekte, flackernde Texturen, eine schlechte Physik und teilweise grottehafter Sound. Dazu kommen noch diverse Fehler, die auch mein spielerisches Vorgehen entscheidend beeinflussen. Versuche ich beispielsweise Feinde zu markieren, erfolgt dies teilweise erst sehr verspätet und funktioniert dann gelegentlich nicht einmal korrekt: statt der exakten Entfernung zu einem Seperatisten zeigt der Abstandsmesser dann durchgängig die gleiche Entfernung an. Dazu kommen diverse störende Lags und kleinere Bugs wie fehlerhaft ausgeführte Aktionen oder fehlende Lippenbewegungen in Zwischensequenzen. CI Games, das ist definitiv kein Zustand eines fertigen Spiels.