Releasetermin: 24.03.2017
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Visual Novel, Puzzle
Entwickler: Spike Chunsoft
Herausgeber: Aksys Games (PS4) / Spike Chunsoft (Steam)
Zero Escape: Zero Time Dilemma erschien im letzten Jahr. Wer bisher jedoch keine Handhelds besaß, wird zwar den Abschluss der Trilogie auf dem PC, aber noch nicht die ersten beiden Teile erlebt haben können. Letzteres ändert sich nun aber dank Zero Escape: The Nonary Games. Die Collection ist ab sofort für PC und PS4 erhältlich, ein Vita-Release folgt zudem im Laufe des Jahres. Was das Paket bietet und ob es sich lohnt, erfahrt ihr in unserem Test.
The Nonary Games enthält Zero Escape: 999 – 9 Hours, 9 Persons, 9 Doors und Zero Escape: Virtue’s Last Reward. Beide Titel stellen Visual Novels dar, die sich durch ihren düsteren Ton auszeichnen und neben jeder Menge Lesepassagen auch viele Rätsel bieten. In beiden Abenteuern werden jeweils 9 Leute entführt, die von Mastermind Zero in ein perfides Spiel verwickelt werden. So sind die Figuren gefangen und haben nur eine Chance, lebend aus der Sache hervorzugehen, wenn sie den Regeln von Zero trauen. Doch merken wir schnell, dass Zero gar nicht unbedingt das größte Übel ist. Denn ist es das Misstrauen gegenüber der anderen Charaktere, das die Geschichten erst so richtig in Fahrt bringt…
9 Hours, 9 Persons, 9 Doors
Die Collection bietet eine Premiere. Denn 999 ist nun erstmals seit Veröffentlichung auf der Originalplatform Nintendo DS in 2009 auch auf anderen Systemen spielbar. Zwar ist zwischendurch eine Umsetzung für iOS erschienen, doch bietet diese Unterschiede zum Spiel und enthält nicht einmal die Escape The Room-Puzzle. In 999 findet sich Junpei auf einem Schiff wieder, beraubt von allen Erinnerungen. Zu allem Überfluss scheint das Schiff auch noch unterzugehen. Der Gefahr des Ertrinkens fürs Erste entkommen, stößt Junpei sogleich auf eine Reihe von anderen Personen, die ebenso vorgeben, von einem Unbekannten entführt worden zu sein. Schnell wird das perverse Spiel von Zero – das “Nonary Game” – klar: Seine Spieler haben 9 Stunden Zeit, um von dem sinkenden Schiff zu entkommen.
Dafür sind sie mit Uhren ausgestattet, die von 1 bis 9 durchnummeriert sind. Es gilt fortan, eine Reihe von Türen zu durchschreiten, die sich nur mit der Quersumme der Uhrennummern öffnen lassen. Eine Tür mit der Aufschrift “5” lässt sich also beispielsweise von den Personen mit den Uhren 1, 4 und 9 (zusammen addiert = 14, Quersumme 5) betreten. Ebenfalls ist aber auch folgende Konstellation möglich: 3, 5, 6. Da jeweils eine Reihe von Kombinationen möglich sind, setzt das Spiel auf mehrere Durchgänge. Wenn wir erfahren wollen, was es mit dem Spiel von Zero auf sich hat, müssen wir den Titel des Öfteren durchspielen. Nur so wird gewährleistet, dass wir einmal hinter jede Tür kommen und Zeit mit allen Figuren verbringen.
Hinter den Türen verbergen sich kleine Rätsel, die Zero für seine Mitspieler inszeniert hat. Diese basieren zumeist auf dem beliebten “Escape the Room”-Konzept. Spieler sind in einem oder mehreren Räumen gefangen und müssen ihre Umgebung erkunden. Eine Abfolge von kleinen Puzzlesegmenten führen dabei zum Ziel. Es gilt, jeden Winkel auf hilfreiche Objekte abzusuchen und die Gegenstände gegebenenfalls miteinander zu kombinieren. Mit diesen Hilfsmitteln werden kleinere Logikrätsel gelöst, bis ein Ausweg aus dem gesperrten Raum gefunden wird. Diese Passagen sind gar nicht mal so leicht und erfordern Konzentration und Grips. Ich habe mir allen voran bei meinem ersten Durchgang die Zähne an einigen Rätseln ausgebissen. Doch schafft das Spiel es, dass Frust nicht aufkommt und die Schwierigkeit gerade richtig gewählt wurde, um gehörig zum Nachdenken anzuregen, ohne den Spieler zur Verzweiflung zu bringen.
Der Mix aus spannender Visual Novel und fordernden Kombinations- und Umgebungsrätseln ist wahrlich gelungen und sorgt unterm Strich für ein fantastisches Erlebnis. Das liegt allen voran an den brillanten Figuren und der grandiosen Story, die sich im Laufe von mehreren Durchgängen entfaltet. 999 wartet mit verstörenden und abrupten Enden auf seine Spieler, doch lohnt es sich, bis zum “True Ending” am Ball zu bleiben.
Virtue’s Last Reward
Virtue’s Last Reward führt die Stärken von 999 gelungen fort. Hier verkörpern wir die Rolle des Junpei, der sich einmal mehr mit weiteren Gefangenen in einem großen Komplex vorfindet, das an Lagerhallen erinnert. Wieder tragen die Teilnehmer des perfiden Spiels Uhren, doch sind diese hier nicht durchnummeriert. Stattdessen zeigen die Uhren Farben, die zum Durchschreiten von Türen gemischt werden müssen. Zwei gelbe und eine blaue Uhr können beispielsweise durch eine grüne Tür treten. Erneut sind viele verschiedene Konstellationen möglich, was wieder mehrere Enden zum Resultat hat. Durch den Fokus auf zahlreiche Durchgänge lernen wir die Figuren sehr gut kennen und erleben außerdem möglichst viele Rätsel.
Diese sind in Virtue’s Last Reward noch ein wenig kniffliger, da viele komplexe Ideen vorgestellt werden. Ich musste oftmals um die Ecke decken, um nach vermeintlicher Ratlosigkeit dann doch endlich aus dem Raum oder der Halle zu entkommen. So verzweifelt ich zeitweise bei manchen Rätsel war, so befriedigend war es auch stets, alle Elemente eines Puzzles gelöst zu haben. In vielerlei Hinsicht gleichen sich die beiden Spiele also. 999 hat fantastische Charaktere, eine spannende Ausgangslage, überraschende Wendungen und knifflige, aber faire Escape the Room-Abschnitte. Das trifft alles auch auf VLR zu.
Doch kommt bei Virtue’s Last Reward noch eine fiese Komponente beim Nonary Game dazu. Die Teilnehmer müssen 9 Punkte erreichen, um vom Schauplatz zu entkommen. Jeder startet mit 3 Punkten und kann sein Konto mit jeder Runde des Nonary Game erhöhen. Dabei werden die Teilnehmer voneinander getrennt und auf ihre Vertrauensbereitschaft geprüft. Im Optimalfall erhalten beide Parteien Punkte. Doch wer sein Gegenüber erfolgreich hintergeht, staubt mehr Punkte ab – die Hintergangenen verlieren gar Punkte. Dieses Spiel um Vertrauen basiert auf dem “Gefangenendilemma” und ist so simpel wie genial. Es treibt die Geschehnisse gelungen voran. Es schafft Freundschaften, Feindschaften und stiftet Misstrauen unter den Teilnehmern. Natürlich hat Zero für die Regeln des Nonary Game noch einige brisante Zusatzparagraphen auf Lager, doch möchte ich euch diese Überraschungen nicht vorwegnehmen.
Virtue’s Last Reward baut also toll auf den Vorgänger auf und macht einige Sachen besser. Das heißt aber nicht zwingend, dass es auch das bessere Spiel ist. Die komplexeren Rätsel können für manch einen zu schwer sein. Auch ging es mir persönlich in der Handlung manchmal fast schon zu sehr ab. Die vielen Enden sind spannend gestaltet, doch teils auch einfach wahnsinnig verrückt inszeniert. Ich habe wohl noch nie so viele “Mindfuck”-Momente erlebt, aber kann ich mir auch vorstellen, dass der ein oder andere zu sehr von den sich überschlagenden Ereignissen überrumpelt wird.
Und auch der Grafikstil steht zur Debatte. Während 999 gezeichnete 2D-Figuren präsentiert, sehen wir in VLR erstmals 3D-Charaktere. Ich gehöre auch zu dem Lager, das den Charme der alten Figuren besser findet. Wenn ich aber auf meine ersten Durchgänge mit beiden Spielen zurückblicke, nehmen sich die beiden Erlebnisse nicht viel. Auch wenn der dritte Teil, Zero Time Escape, gerne von Fans der Reihe zerrissen wird, ist zumindest Virtue’s Last Reward in jedem Fall ein würdiger Nachfolger zu 999. Dadurch bietet diese Collection hochqualitativen Inhalt durch und durch.
Collection bringt tolle Besserungen
Und in vielerlei Hinsicht wurden die Spiele für die Nonary Games Collection gar noch besser gemacht. Allen voran 999, das mittlerweile 7 Jahre auf dem Buckel hat, wurde gehörig überarbeitet. Fangen wir mit einer der erfreulichsten Nachrichten an. Genau wie VLR bietet 999 nun auch erstmals ein Flowchart-System. Beide Titel setzen quasi voraus, dass sie mehrfach durchgespielt werden. Durch immer andere Figuren-Grüppchen, andere Areale und andere Rätsel macht es auch durchaus Spaß, alle Routen anzugehen. Musste man in 999 zuvor das Spiel noch mehrere Male von vorne bis hinten durchspielen, können wir hier in der Überarbeitung auf den Routen in einem Ablaufdiagramm hin und herspringen. Bei jeder Entscheidung gibt es eine Abzweigung, auf die wir jederzeit zurückspringen können. Auch wenn es mich persönlich damals nicht stört hat, 999 öfters zu erleben, ist die Einführung des Flowchart-Konzepts dennoch willkommen. So werden einige Stunden an redundanter Spielzeit eingespart.
Eine weitere große Änderung stellt die Vertonung der Konversationen dar. In 2009 noch kam das Spiel ohne Sprachausgabe aus. In der Nonary Games Collection aber sind sowohl englische als auch japanische Stimmen enthalten, die die Gespräche vertonen. Die Stimmen haben mich wie schon bei Virtue’s Last Reward überzeugt und das ist auch hier der Fall. Es hat jedenfalls Spaß gemacht, den Titel nach einigen Jahren noch einmal mit passenden Stimmen zu erleben!
Zudem mussten die Entwickler für 999 einige Änderungen vornehmen, um der Hardware gerecht zu werden. Denn setzte das Spiel auf die beiden Bildschirme des Nintendo DS, die man auf PS4 und PC nun für gewöhnlich nicht hat. Wurden auf dem DS beide Bildschirme gefüllt und der untere zur Interaktion in Rätsel-Passagen genutzt, liegen nun zwei verschiedene Ansichten vor, zwischen denen jederzeit hin und her gewechselt werden kann. Der “ADV-Screen” und der “Novel-Screen” ersetzen nun quasi den unteren und oberen Bildschirm der Original-Hardware. Das funktioniert im Endeffekt recht gut.
Dennoch hatte ich auf dem Nintendo DS ein noch besseres Erlebnis. Ich werde keinesfalls verraten, warum dem so ist – und ich würde euch empfehlen, sämtliche Spoiler zur Story zu vermeiden. Sowohl 999 als auch VLR leben von ihren Überraschungen und so tut ihr euch keinen Gefallen damit, euch bei Google im Vorfeld zu den Titeln zuinformieren. Während mir ein bestimmtes Feature auf dem NDS also besser gefallen hat, ist die Umsetzung für PC und PS4 ebenfalls clever gelöst. Die Änderung war nötig und ist so gut es auf der Hardware nur ging gelungen.
VLR bleibt inhaltlich unberührt, da der Port auf der Vita-Version basiert, die ja bereits nur mit einem Bildschirm daherkam. Sämtliche Touch-Funktionen steuern sich auf dem PC mit der Maus, auf der PS4 kommt ein Cursor mit Steuerung per rechtem Stick zum Einsatz. Der PC hat ebenfalls optionalen Controller-Support. Davon abgesehen gleicht das Erlebnis dem, das ich in 2012 auf der Vita hatte. Ich will aber nicht vernachlässigen, wie toll mir die grafische Aufpolierung gefallen hat. Während manche Texturen den Ursprung der Titel preisgeben, sind allen voran die Figuren nun in hoher Auflösung präsentiert. Das Design mancher Charaktere von 999 wurde geringfügig verändert, doch bleiben die Gestaltungen dabei stets sehr nah am Original.
Die Darstellung der Figuren von VLR können am meisten überzeugen. Denn werden die 3D-Figuren gestochen scharf in nativer Auflösung dargestellt. Doch auch die Rätsel geben nur wenige Hinweise darauf, dass sämtliche Objekte und Darstellung einst für den kleine Bildschirme vorgesehen waren. Auf dem PC sieht das Gezeigte in 1440p abgesehen von den VLR-Charakteren zwar nicht wirklich scharf aus, doch stimmt der Gesamteindruck vor allem in 1080p.
Ich habe lediglich zwei Kritikpunkte bei der Collection: Die beiden Spiele sind nicht einzeln erhältlich. Es gibt sicherlich Leute, die keinen Nintendo DS besitzen, aber Virtue’s Last Reward bereits auf der Vita gespielt haben. Wer nun den Vorgänger 999 nachholen möchte, kann den Titel nicht separat erwerben. Da die PS4-Version auf Amazon.de mit stolzen 64€ plus Versand zu Buche schlägt, im Playstation Store 60€, wird es zum teuren Spaß, 999 nachzuholen. Auf Steam ist der Preis deutlich fairer, hier kostet The Nonary Games 42€. Dennoch hatte ich mich darüber gefreut, die beiden Titel auch getrennt voneinander kaufen zu können. Noch besser wäre es gewesen, wenn auch Zero Time Dilemma in der Collection enthalten wäre. Der dritte Teil hätte den etwas happigen Preis im Nu besser aussehen lassen.
Wer eine Vita besitzt, muss sich zudem noch eine Weile auf The Nonary Games gedulden. Hier kommt mein zweiter Kritikpunkt hervor: Die Vita-Version wurde hierzulande auf Ende des Jahres verschoben. Die portable Fassung ist in Amerika bereits erhältlich, warum müssen Europäer also warten? Ein Import ist möglich, doch enttäuscht mich, dass Europäer das Nachsehen haben.