Releasetermin: 29.05.2018
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Plattformer
Entwickler: D-Pad Studio
Herausgeber: D-Pad Studio
Die Entwicklerschmiede D-Pad Studio ist bislang noch ein recht unbeschriebenes Blatt. Zwar konnten sie mit dem Sidescrolling-Shooter Savant – Ascent vor einigen Jahren schon ein kreatives Debüt auf den Markt bringen, die große Aufmerksamkeit blieb allerdings aus. Vor ungefähr eineinhalb Jahren folgte der 2D-Plattformer Owlboy, der nicht nur diverse Traumwertungen einheimsen, sondern auch Fans auf der ganzen Welt begeistern konnte. Nachdem der Titel bis vor kurzem nur für PC-Spieler zugänglich war, folgten nun auch Versionen für Playstation 4, Xbox One und die Nintendo Switch. Ob das Abenteuer auch auf den Konsolen etwas taugt, kläre ich im folgenden Test.
Hoch hinaus
Und tatsächlich: Owlboy präsentiert von der ersten Sekunde an ein absolut bezauberndes Abenteuer. Die niedliche Geschichte des Spiels dreht sich um die junge Eule Otus, die in ihrem Leben mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Der stumme Vogel versagt immer wieder: er kann nicht so gut fliegen wie seine Artgenossen und wirkt schon von simplen Aufgaben seines Lehrers ziemlich überfordert. Und doch wird Otus zum zentralen Akteur als sein Heimatdorf plötzlich von den gefährlichen Himmelspiraten angegriffen wird. Molstrom, der Kapitän der fliegenden Piratenbande, versucht drei mysteriöse Eulen-Relikte und eine damit verbundene riesige Macht an sich zu reißen. In Begleitung seines menschlichen Freundes Geddy setzt sich Otus das Ziel, den Angreifern das Handwerk zu legen.
Die klassische Mischung aus Erkundung, simplen Rätseln und Kämpfen funktioniert auch bei Owlboy hervorragend. Als Alleinstellungsmerkmal dienen Otus‘ Flugkünste, dank derer die Eule nicht nur auf dem Boden hin und her springt, sondern auch durch die Lüfte schweben kann. Das ist auf dem Abenteuer sehr vorteilhaft, da die vertikal gestalteten Level in der Welt von Owlboy aus fliegenden Inseln, Tempeln und Höhlen aufgebaut sind. Seine grundlegenden Kampftechniken reichen jedoch alleine nicht aus, um sich in Kämpfen gegen lauernde Gegner zu behaupten. Doch Geddy kann mit seinem Blaster Abhilfe schaffen: nimmt Otus ihn zwischen seine Klauen, können die Beiden als fliegendes Zweiergespann durch die Lüfte düsen und aus der Ferne auf Widersacher feuern.
Weniger ist manchmal eben mehr
Auf ihrer Reise bleiben Otus und Geddy jedoch nicht alleine, auch weitere Figuren schließen sich dem Anti-Piraten-Team im Laufe des Spiels an. So auch der Ex-Pirat Alphonse, der mit seiner ausgerüsteten Schrotflinte für brachiale Unterstützung sorgt. Als Resultat wechselt ihr im Spiel ständig zwischen den Charakteren, die ihr als Otus zwischen euren Klauen haltet: das Blaster-Schnellfeuer ist effektiv gegen tierische Ungeheuer aller Art, um jedoch auch Hindernisse auf dem Weg zu beseitigen zu können, seid ihr zwingend auf Alphonses Fähigkeiten angewiesen. Doch nicht nur im Kampf, sondern auch bei den Puzzles profitiert ihr von den Eigenheiten der Begleiter. Wollt ihr zum Beispiel einen großen Bodenschalter aktivieren, reicht das Gewicht des schlaksigen Geddy nicht aus – hier müsst ihr die zusätzlichen Kilos von Alphonse ausnutzen.
Die Faszination der Mischung aus Rätseln und Kämpfen funktioniert in Kombination mit den unterschiedlichen Assistenten mindestens genauso gut wie in vergleichbaren Titeln des Genres. Obwohl die einzelnen Abschnitte des Spiels in Owlboy im Stile von Metroidvania-Spielen ineinander verlaufen, kommt es nur selten zu Backtracking. Das tut besonders der Abwechslung gut: die verschiedenen Schauplätze werden sinnvoll verbunden und kreieren so eine sehr glaubwürdige Fantasy-Welt. Anders als andere Plattformer, die häufig auch RPG-Elemente in ihre Titel verbauen, bleibt Owlboy sehr minimalistisch. Otus und seine Begleiter werden im Verlauf des Spiels nicht stärker, verfügen über keinerlei Skill-Trees und auch um Waffen-Management müsst ihr euch nicht kümmern. In einem Geschäft ist es zwar möglich, auf der Reise gefundene Münzen in kleine optische Extras und Erweiterungen der Lebensleiste zu investieren – das war’s dann aber auch schon.
Schweiß und Tränen
Passionierten Rollenspielern könnte das nach zu wenig Tiefgang aussehen, in der Praxis passt dieser Ansatz aber sehr gut zu Owlboy. Das recht begrenzte Repertoire an Angriffen muss, besonders wenn ihr mehreren Gegnern gleichzeitig begegnet, sehr präzise genutzt werden. Schwebende Stachelkugeln, aggressive Bienen und mysteriöse Gnome sind nur ein kleiner Auszug aus der Liste von anspruchsvollen Gefahren in Owlboy. Ab dem zweiten Drittel werden auch die knackigen Bosskämpfe zu kniffligen Aufgaben. Diese sind meist sehr cool in Szene gesetzt, bringen durch die hektischen Momente aber auch die Steuerung manchmal an ihre Grenzen: Aufheben von Gegenständen, Dauerwechseln zwischen Otus‘ Begleitern und punktgenaue Angriffsmanöver werden durch die ungünstige Controller-Belegung manchmal zu einem ziemlichen Krampf.
Diese Störfaktoren sind aber schnell vergessen, wenn man sich wenige Sekunden später wieder in einem neuen Setting befindet, das einmal mehr die grandiosen Grafikqualitäten von Owlboy zum Vorschein bringt. Da wären zum Beispiel die detaillierten Gestaltungen eines jeden Levelabschnitts, die im markanten 2D-Pixellook dank kräftiger Farben sehr stark zur Geltung kommen. Es ist das Auge für Kleinigkeiten, das Owlboy so wunderschön macht: raschelnde Büsche in dichtbewachsenen Wäldern, flackernde Lichter in giftig-lilanen Höhlen sowie ein strahlend blauer Himmel, wenn ihr über ein Meer aus Blumen flattert. Genauso habe ich mich aber auch in die Charaktermodelle verliebt: es ist schlichtweg beeindruckend, wie viel Persönlichkeit die Entwickler in den minimalen Mimik- und Gestikausdrücke der Figuren untergebracht haben.
Rundum wunderschön
Und durch eben diese Details wird ein guter Plattformer zu einem noch viel besseren Spiel. Zu Beginn ist nicht einmal wirklich abzusehen, dass sich die zunächst simple Story langsam um philosophische Gedanken über das Wichtige im Leben dreht. Nach den ersten zwei bis drei Stunden hätte ich nicht erwartet, dass mich Owlboy letztendlich nachdenklich nach einem verwirrenden Ende zurücklassen würde. Das Spiel wird von Minute zu Minute besser, da man sich zunehmend in dem Universum des Spiels verliert. Die Charaktere bleiben im Gedächtnis, die Umgebungen sind wunderschön und das klassische Gameplay unterhält dank einigen frischen Impulsen. Und dann wäre da noch der fantastische Soundtrack von Jonathan Geer, der die Reise von Otus durch Stücke zwischen Rollenspiel-Nostalgie und moderneren Einschlägen erst zu dem atmosphärischen Abenteuer macht, das Owlboy geworden ist.