Releasetermin: 07.02.2018

 

Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Adventure
Entwickler: Team ICO, Bluepoint Games
Herausgeber: Sony

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Diesen Monat servierte Sony uns ein absolutes Gaming-Highlight. Shadow of the Colossus zählt seit seiner Erstveröffentlichung auf der Playstation 2 unter Kennern zu den wichtigsten Videospiel-Meilensteinen überhaupt. Ungefähr 13 Jahre später erscheint der PS2-Titel als Remake auf Sonys aktueller Heimkonsole. In dieser Zeit hat sich auf dem Videospielmarkt einiges getan, zahlreiche moderne Gaming-Klassiker sind entstanden und auch die technischen Sprünge sind beeindruckend. Kann Shadow of the Colossus auch heute noch mithalten oder hätte man die Legende lieber in seiner Zeit gelassen?

In der Welt der Kolosse

Eines vorweg: hinter Shadow of the Colossus verbirgt sich eindeutig kein gewöhnliches Spiel. Wer bereits einen anderen Titel des Schöpfers von ICO oder The Last Guardian gespielt hat, weiß, dass Fumito Uedas Videospiele stets sehr einzigartige Erfahrungen sind. Auch Shadow of the Colossus beginnt mystisch: auf einem tiefschwarzen Pferd transportiert ein junger Mann ein regungsloses Mädchen durch regnerische Wälder und Gebirgspfade. Schließlich erreicht er eine tempelartige Ruine, in der er zu einer übernatürlichen Macht spricht. Das offenbar unschuldige Mädchen wurde geopfert und Wander – so der Name des Protagonisten – möchte sie um jeden Preis wieder zum Leben erwecken. Die Chancen stehen nicht gerade gut, doch eine Möglichkeit gibt es laut der mysteriösen Stimme: wenn Wander alle sechzehn Kolosse der umliegenden Landschaft bezwingt, soll das Mädchen wieder zu neuem Leben erwachen.

Nach dieser erzählerischen Einführung ist der Spieler ganz auf sich allein gestellt und wird bis auf ein wenig Eigeninterpretation für die nächsten fünf Stunden kein aktives Storytelling mehr erfahren. Stattdessen widmet ihr euch einzig und allein der Aufgabe, die riesigen Kreaturen der Spielwelt auszuschalten. Damit ihr in der gigantischen Welt nicht komplett verloren seid, kann euer magisches Schwert euch die grobe Richtung des nächsten Kolosses zeigen. Ausgehend von der Ruine reitet ihr durch die Landschaft zu den einzelnen Giganten und müsst dabei ab und an kleinere Kletterpassagen absolvieren. Vor allem begegnet ihr auf den Ausflügen aber sehr viel Leere. Ihr trefft keine Menschenseele, kein Anzeichen auf Zivilisation und bis auf wenige Echsen oder Vögel scheint die Welt von Shadow of the Colossus auch vom Tierreich verlassen.

Mit Blick auf das Ziel

Entsprechend gibt es abgesehen von eurem Hauptziel auch fast keine weiteren Aufgaben. Generell wurde Shadow of the Colossus spielerisch bewusst absolut rudimentär gehalten. Keine ablenkende Mini-Map mit blinkenden Symbolen für Neben-Quests, keine verzweigten Skill-Trees mit zusätzlichen Fähigkeiten und keinerlei Rüstungs- oder Waffenupgrades. Stattdessen ist Wander einzig und allein mit seinem Schwert und einem Bogen ausgerüstet. Und trotzdem spielt die Erkundung der Spielwelt eine große Rolle. Alleine die Weite und Einsamkeit der Landschaft gibt dem Spieler das unbehagliche Gefühl, welches das Setting aus Shadow of the Colossus so unkonventionell macht. Zugegeben, gerade gegen Ende des Spiels war ich froh, wenn ich endlich den weit entfernten Koloss erreicht hatte. Doch bis dahin begeisterte mich die abwechslungsreiche Gestaltung der einzelnen Areale enorm. Obwohl die Spielweit in ihrer Größe nicht im geringsten an Spiele wie The Witcher 3 herankommt, so schafft sie es dennoch, trockene Wüstengebiete, schwindelerregende Schluchten, düstere Höhlen und dicht bewachsene Wälder glaubwürdig aneinanderzureihen.

Doch das Herzstück des Spiels sind ohne Frage die einzelnen Kämpfe des Boss-Marathons. Shadow of the Colossus stellt euch ganz im Stile von David gegen Goliath wiederholt Kolossen gegenüber, die finale Endgegner anderer Videospiele absolut alt aussehen lassen. Ob eine Affenkreatur, die hunderte Meter in den Himmel ragt, ein gigantisches beflügeltes Ungeheuer oder eine elektrisierende Wasserschlange – bei der Gestaltung der epochalen Kolosse haben die Entwickler ohne Frage Kreativität bewiesen. Jede Begegnung scheint zunächst aussichtslos, doch das Austüfteln einer Kampftaktik stellt die Quintessenz der Kämpfe dar. Einen gefiederten Widersacher müssen wir zum Beispiel erst mit einigen Pfeilen auf uns aufmerksam machen, um uns anschließend bei seinem Sturzflug an seinen Flügeln festzuhalten. Einen anderen Koloss müssen wir zunächst durch Attacken auf seine Füße zu Fall bringen, um danach über seinen Bauch an ihm hochzuklettern.

Motivierende Schwachstellensuche

Gewisse Elemente sind aber bei allen Giganten ähnlich. So kann zum Beispiel stets an fellüberzogenen Körperregionen gekraxelt werden. Zudem markieren blaue Fellzonen die Schwachstellen des Gegners – stecht ihr (mehrmals) in diese ein, geht auch der größte Koloss irgendwann zu Boden. Dabei müsst ihr stets auch auf eure Ausdauer achten und euch zu rechten Zeiten erholen, damit ihr nicht urplötzlich vom Riesen fallt. Bis auf wenige Ausnahmen sind diese Bosskämpfe stets intensiv, abwechslungsreich und belohnen den Spieler zum Schluss mit einem unglaublichen Erfolgsgefühl. Mal ist euer Pferd eine große Hilfe, ein anderes Mal müsst ihr die Umgebung taktisch nutzen und bei einem dritten Boss ist es vor allem Geduld, die euch letztendlich zum Sieg verhilft. Solltet ihr in einer Kampf mal vollkommen auf dem Schlauch stehen, werden auch mal kleinere Tipps eingeblendet. Dass die Kämpfe so episch sind, ist auch dem hervorragenden Soundtrack von Kow Otani zu verdanken. Irgendwo zwischen Chorgesängen und abenteuerlichen Fanfaren inszeniert der Komponist ein musikalisches Feuerwerk, das durchweg hollywoodreif ist.

Apropos Hollywood: auch die Regie von Shadow of the Colossus war seinerzeit revolutionär und hat auch heute ein Alleinstellungsmerkmal. Nicht nur in den bildhübschen Zwischensequenzen, sondern auch im normalen Spielablauf versuchten sich die Entwickler an einer innovativen Perspektive. Statt die Kamera direkt hinter dem Protagonisten zu platzieren, entschied man sich dazu, den Reiter und sein Pferd zum Beispiel in eine der unteren Ecken zu setzen. Als Folge wirken die Landschaften noch malerischer und machen aus jedem Moment des Spiels eine Bildvorlage für ein Poster. Auch technisch kann Shadow of the Colossus heutzutage noch problemlos mithalten: die aufgehübschte Variante ließ mich besonders in den Waldgebieten durch die detaillierte Vegetation und beeindruckende Lichteffekte staunen. Zudem erkennt man nach wie vor die klare Pinselführung, dank der jede Szene aus Shadow of the Colossus eindeutig keinem anderen Titel entspringen könnte.

Bröckelnder Meilenstein

Leider ist Shadow of the Colossus aber kein makelloses Meisterwerk. Egal wie interessant die Kameraregie auch ist, in vielen Kämpfen des Spiels wird sie schnell zu einem größeren Problem als der Koloss selbst. Gepaart mit den Tücken der Steuerung sorgt Shadow of the Colossus auch im Remake nach wie vor für Frust, der nicht zwingend sein müsste. Zudem gab es diverse Kleinigkeiten im Game-Design, die mir absolut nicht gefallen haben. Wird Wander beispielsweise von einem Angriff getroffen, bleibt er stets eine gefühlte Ewigkeit liegen, bevor er wieder vom Spieler bewegt werden kann. Das sorgt besonders bei einem bestimmten Koloss für unfaire Kampfsituationen, da ihr euch aus den Dauerangriffen des Gegners kaum befreien könnt. Auch das Speichersystem hat mich gestört: als ich zum zweiten Mal durch einen Fehler beim Klettern in den Tod fiel und den minutenlangen – wohlgemerkt vollkommen leeren – Weg zum Koloss in Angriff nehmen musste, konnte mich auch die schöne Umgebung nicht mehr bei Laune halten.

Zudem wurde ich mit der Erzählung des Spiels nicht ganz warm. Erst in der letzten halben Stunde bekomme ich ein weiteres Mal wirkliche Zwischensequenzen zu sehen und auch danach bleiben große Teile der Interpretation meiner Fantasie überlassen. Gerade durch das Ende wird die Geschichte wirklich interessant, leider zündeten die emotionalen Momente bei mir jedoch kaum. The Last Guardian, das in seiner Steuerung oder Kameratechnik durchaus ähnliche Probleme wie Shadow of the Colossus aufzeigte, konnte mich zusätzlich auf einer persönlichen Ebene treffen und ließ mich mit einem ähnlich offenen Ende wesentlich länger reflektieren.

Wertung im Einzelnen
Grafik
9
Gameplay
9
Sound
9.5
Kamera/Steuerung
7.5
Story
8
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