Releasetermin: 17.10.2017
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Rollenspiel
Entwickler: Ubisoft
Herausgeber: Ubisoft
Was habe ich mich auf South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe gefreut! Als riesiger Fan der Animationsserie fieberte ich dem Release des Rollenspiels seit seiner Ankündigung entgegen. Schon South Park: Der Stab der Wahrheit begeisterte Fans rund um den Globus, weswegen ich mir beim Nachfolger schon im Vorhinein sicher war, dass er mich keinesfalls enttäuschen würde. Mit Vorfreude auf eine ganze Menge Lachmuskeltraining begab ich mich also in Colorados beliebte Cartoon-Kleinstadt – ob meine hohen Erwartungen erfüllt wurden, erfahrt ihr im Test.
South Park bleibt South Park
In South Park verschwinden massenhaft Katzen und einige der Erwachsenen verhalten sich seit Neustem sehr merkwürdig. Grund genug für die Gruppe rund um Eric Cartman, Stan Marsh, Kyle Broflovski und Kenny McCormick Superheld zu spielen um das bevorstehende Unheil abzuwenden. Zwischen den South-Park-Kids stoßt auch ihr nach einem kurzen Charaktereditor als neues Kind in die Stadt und werdet schnell zur zentralen Schlüsselfigur der „Coon and Friends“, Cartmans Superhelden-Franchise. Bei treuen South-Park-Zuschauern werden schon jetzt die Glocken läuten, schließlich wurde die Superhelden-Thematik auch in der TV-Serie schon mehrmals umgesetzt. Generell ist Die rektakuläre Zerreißprobe von vorne bis hinten gefüllt mit jeder Menge großartigem Fanservice. Sämtliche Charaktere, egal ob regelmäßige Nebencharaktere wie Butters oder Timmy oder seltene Auftritte wie Kanye West oder Jared, finden irgendwie in der Story des Spiels ihren Platz. Euch sagen diese Namen nichts? Das ist in meinen Augen nicht zwingend ein Genickbruch. Natürlich bleiben euch diverse Anspielungen und Running Gags verwehrt, South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe spielt allerdings auch zu Genüge mit Witzen, die es selbst im Spiel erst etabliert.
Vor allem steckt in South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe aber 1:1 der Humor, den man auch aus der Serie kennt. Kein Wunder, schließlich haben Trey Parker und Matt Stone, die Schöpfer von South Park, selbst am Spiel mitgewirkt. Viel schwieriger wird es für den Genuss des Spiels also, wenn ihr mit der Art, wie South Park seine Witze präsentiert, nicht klar kommt. Die rektakuläre Zerreißprobe ist – als würde es der Name nicht schon implizieren – vulgär, ekelhaft, an vielen Stellen ziemlich flach und an anderen durchaus kontrovers. Ihr werdet es mit furzenden Zeitreisen, mutierten Sechstklässlern, Drogensüchtigen und krimineller Prostitution zu tun bekommen. Das Spiel spielt dabei gekonnt mit Klischees gegenüber Randgruppen, Ethnien oder Religionen und ist gespickt mit witzigen Parodien auf Trends und Popkultur. South-Park-Fans bekommen genau was sie wollen, für Personen, die mit schwarzem Humor nicht viel anfangen können, ist der Titel aber definitiv die falsche Wahl. Doch besonders die hohe Gag-Dichte spricht für das Spiel: klar, einige der wiederkehrenden Witze laufen sich mit der Zeit etwas tot, die Liebe zum Detail ist aber an jeder Ecke spürbar. Selbst kurze Dialogzeilen der Figuren während der Kämpfe oder die Namen und Kategorien einiger gefundener Items (eine aufgesammelte Bibel wandert sofort in die Kategorie „Schrott“) sind immer wieder für einen Lacher gut.
Ein spaßiges Rollenspiel
Wirklich überzeugt bin ich von South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe jedoch nur, weil es unter Gewand des Humors auch ein wirklich brauchbares Rollenspiel ist. Im rundenbasierten Kampfsystem tretet ihr mit bis zu drei weiteren Superhelden gegen feindliche Gruppen an, wobei die Positionen der einzelnen Charaktere eine zentrale Rolle spielen. Jede Figur kann in einem Zug eine bestimmte Anzahl an Feldern gehen und anschließend eine von drei Fähigkeiten ausführen. Während manche Angriffe nur gegen Nebenstehende gewirkt werden können, kann man mit anderen über eine gewisse Entfernung oder sogar in verschiedene Richtungen gleichzeitig attackieren. Auch ist es möglich Mitstreiter zu heilen oder ihnen einen Verteidigungs-Boost zu verleihen. In Kombination mit verschiedenen Statuseffekten bietet das System viel Raum für taktisches Vorgehen: einige Angriffe verlangsamen Gegner und manche lösen durch Verbrennungen oder blutige Wunden auch in Folgerunden noch Schaden an.
Und glücklicherweise trauten sich die Entwickler auch, mit diesem Gerüst zu spielen: Standard-Kämpfe gibt es nur wenige, viel öfter bekommt ihr es mit Auseinandersetzungen zu tun, die über irgendeine Besonderheit verfügen. Zum Beispiel durch Hindernisse in der Kampfarena, durch zusätzliche heranrückende Feinde oder durch die verschiedenen Gegnertypen, die es im Spiel gibt. Ob Schüler, Ninjas, Besoffene, Prostituierte, Krebs-Menschen oder die verfeindeten Superhelden der Freedom Pals – zwar sind die Unterschiede nicht immer gewaltig, jedoch verfügt jede Klasse über gewisse Eigenheiten oder spezielle Fähigkeiten, die für ausreichend Abwechslung sorgen.
Seichte Charakterentwicklung, viele Nebenmissionen
Planung ist also essenziell. Bockschwer wird Die rektakuläre Zerreißprobe auf dem normalen Schwierigkeitsgrad zwar nicht, unvorbereitet sollte man aber trotzdem nicht in die Missionen ziehen. Stufenanstiege im regulären Sinne gibt es keine, stattdessen bekommt man in der Regel für das Abschließen von Kämpfen oder Missionen gewisse Erfahrungspunkte, die euch nach und nach ermöglichen zusätzliche Artefakte auszurüsten. Diese geben euch wiederum Werteverbesserungen und sonstige Modifikatoren. Dadurch entfällt erstens nerviges Grinding und zweitens wird man motiviert, auch mal an der Seite von anderen Charakteren zu kämpfen. Da die verschiedenen South-Park-Kids durch dieses Konzept keine klaren Stärke-Unterschiede haben, sondern eher taktische Eigenheiten mitbringen, ist man ständig geneigt zu experimentieren. Im Laufe des Spiels könnt ihr zudem mehrere Klassen wählen, mit denen ihr euer Move-Set erweitern könnt und erhaltet diverse Furzfähigkeiten, die dem Kampf zusätzliche Perspektiven verleihen. So könnt ihr mit den Zeitfürzen unter anderem die Zeit zurückdrehen und so einem Gegenspieler einen Zug klauen oder die Zeit anhalten um so unbeschwert auf Gegner einzuprügeln.
Abseits der Kämpfe könnt ihr South Park als offene Spielwelt erkunden und sämtliche Häuser betreten. Parallel zur Hauptstory gibt es massenhaft Nebenmissionen, die von Sammelaufgaben bis zu besonderen Kämpfen reichen. Dabei könnt ihr zum Beispiel weitere Artefakte sammeln oder eure Gruppe stärken – mir ging es aber eher um die witzigen Nebengeschichten, die ich in den Side-Quests erleben konnte. Zusätzlich gibt es viele Rätsel, die von euch gelöst werden können. Mich erinnert das Konzept ein wenig an die Lego-Spiele: schon beim ersten Durchlaufen der Welt fallen euch viele Kleinigkeiten in der Umgebung auf, mit denen ihr früh im Spiel aber noch nicht viel anfangen könnt. Mit steigendem Fortschritt in der Geschichte erhaltet ihr aber viele Helferfähigkeiten, die euch außerhalb des Kampfes nützlich werden. Mit der Hilfe von Professor Chaos könnt ihr Leitungen hacken, dank Kyle gelangt ihr an hohe Orte und mit euren Zeitfürzen könnt ihr für wenige Sekunden Orte durchqueren, die euch bei laufender Zeit unzugänglich sind. Witzig sind auch die verschiedenen Minispiele. Ob ein absurdes Klogang-Minispiel (das ihr bei sämtlichen Klos der Stadt in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden wiederholen könnt) oder ein Lap-Dance-Spielchen, bei dem ihr wie wild durch die Gegend furzt – auch wenn diese Beigaben aus spielerischer Sicht absolut banal sind, kann der vordergründige Humor definitiv punkten.
Optik & Akustik wie im Original
Für den absoluten Fanservice sorgt auch das tadellose Äußere von South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe. Das Spiel sieht in jeder Szene genauso aus wie man es aus der Animationsserie gewohnt ist und macht dank teilweise absolut überzeichneter Charaktere und Szenerien schon beim Zusehen eine Menge Spaß. Auch hier steckt die Liebe im Detail: viele kleine Eastereggs im Hintergrund zeigen, dass sich die Entwickler Gedanken gemacht haben, wie man Suchende belohnen kann. Auch von akustischer Seite wurde großartige Arbeit geleistet: für die deutsche Synchronisation konnten zahlreiche Original-Stimmen verpflichtet werden, sodass eine Umgewöhnung ausbleibt. Und selbst der Soundtrack ist voller Humor: pseudo-epische Chorlieder parodieren Videospiele, einige Stücke sind typisch für Superheldenfilme und das Beste ist, dass trotzdem jegliche musikalische Untermalung gut produziert ist. Leider trat bei meinem Durchlauf aber mehrmals ein Fehler auf, bei dem Stimmen verspätet einsetzten oder komplett ausblieben – schade!