Releasetermin: 09.07.2020
Medientyp: Blu-ray Disc, Download
Genre: Action-Rollenspiel
Entwickler: Bandai Namco Entertainment, Aquria
Herausgeber: Bandai Namco Entertainment
Mit Sword Art Online: Alicization Lycoris schickt Bandai Namco einen weiteren Ableger der berüchtigten Sword Art Online Anime und Manga Reihe ins Rennen und möchte die JRPG Formel weiter ausbauen. Das Spiel richtet sich an die offizielle dritte Staffel der Serie und gleichzeitig will man der Story eine besondere Würze durch einen weiteren Charakter verleihen, der so in der Vorlage nicht vorkam. Die typischen Rollenspielelemente und das damit verbundene Kampfsystem sollen aber auch nicht zu kurz kommen. Ob das den Entwicklern gelungen ist, klärt sich im Test.
Erlebt die Geschehnisse in Underworld
Die Handlung dreht sich zunächst um die Geschehnisse aus der dritten Staffel der Serie. Fans sollten sich demnach direkt in Underworld heimisch fühlen und geliebte Charaktere schnell wiedererkennen. Doch worum geht es dabei eigentlich?
Protagonist Kirito findet sich plötzlich in einer ihm unbekannten VR-Spielwelt namens Underworld wieder. Dort trifft er auf den jungen Eugeo, der sein Leben dem Fällen eines riesigen schwarzen Baums widmet. Kirito fragt, wie er sich wieder aus dem Spiel ausloggen kann, bemerkt daraufhin aber schnell, dass sein Gegenüber keine Ahnung hat, wovon Kirito eigentlich spricht. Dann wird schnell klar, dass sich die Bewohner von Underworld gar nicht so verhalten wie übliche NPCs in einem Computerspiel. Die Lebewesen von Underworld verfügen über ein eigenes Bewusstsein und eine eigene Seele, die einem normalen Menschen aus der echten Welt gleichkommt.
Zusammen mit Eugeo beginnt ihr eine innige Freundschaft und sucht begebt euch auf die Suche einer Kindheitsfreundin, die in jungen Jahren von Integrationsrittern verschleppt worden ist. Dabei stellt ihr fest, dass in der Welt von Sword Art Online: Alicization Lycoris alles nicht so richtig abläuft, wie es normalerweise der Fall sein sollte…
Anders als in anderen Anime/Manga Lizenzspielen müssen Spieler sich hierbei aber keine Sorgen machen, nicht abgeholt zu werden. Das Spiel richtet sich zwar in erster Linie an Fans, aber auch Neulinge, die nichts mit der Serie anfangen können, werden ausreichend mit ins Boot geholt. Kenner des Anime dürfen sich aber auch auf Neuerungen freuen. Mit Medina erhält das Spiel einen komplett neuen Charakter, der ebenfalls die Story beeinflusst und über den die Handlung nach Abschluss des ersten Kapitels fortgesetzt wird. Die Geschichte wird also bis ins kleinste Detail nacherzählt und versorgt euch mit allen Infos, die auch im Anime angesprochen werden. Manchmal erfolgt dies über umfangreiche Videosequenzen, im Großteil aber über Visual-Novel Style Panels. Trotz der recht detailreichen Erzählung der Story komme ich hier aber zum großen Problem des ersten Kapitels.
Schlechtes Pacing in den ersten Stunden des Spiels
Zu Beginn wird sich extrem auf die Erzählung des Spiels fokussiert. Damit ihr komplett in Underworld eintauchen könnt, erhaltet ihr jede Menge Informationen in Form von Dialogen und Interaktionen der einzelnen Charaktere. Leider bemerkt man ab einem gewissen Punkt aber über eine lange Zeit keinen Fortschritt im Spiel, da ihr euch über Stunden und viele viele Ingame Tage am gleichen Ort befindet und immer wieder Minuten bis Stunden lange Dialoge mit Bildchen der Figuren lesen dürft. Zwischendurch erfolgt mal eben eine kurze Monsterjagd außerhalb der Stadt und dann geht es weiter mit dem Konsumieren von Text und Bild–Gesprächen. Dieser ganze Teil kann dann schon einmal um die 4 Stunden insgesamt in Anspruch nehmen bis es dann wieder etwas spannend in der eigentlichen Handlung wird. Aber auch im finalen Akt des ersten Kapitels konfrontiert euch das Spiel mit jede Menge Dialoge und Cutscenes. Es folgt eine Art Boss – Dialog – Boss – Dialog – Boss – Dialog Sequenz bis das Kapitel abgeschlossen ist. Unglücklicherweise sind dabei aber auch die Speicherpunkte sehr rar gesetzt worden.
Das Spiel speichert an gewissen Punkten automatisch, bietet aber auch die Möglichkeit, an festgesetzten Punkten manuell zu speichern. Der letzte Akt des ersten Kapitels läuft aber etwas linear ab, weshalb man aber so schnell nicht mehr zur eigentlichen Hub Welt des Spiels und den damit verbundenen Speicher-Terminals zurückkommt. Mir ist es also passiert, dass ich etwas gespielt habe, 30 Minuten Dialoge gelesen habe, einen Boss bekämpft habe und wieder Dialoge lesen durfte. Da ich aber so langsam aus dem Haus musste, war ich gezwungen das Spiel frühzeitig zu beenden, in der Hoffnung die automatische Speicherung hätte zwischendurch mal den Job übernommen. Nach dem nächsten Einschalten musste ich mit Bedauern aber feststellen, dass ich einen Großteil erneut spielen musste und nach ein paar Cutscenes nicht zwischengespeichert wurde. Häufigeres automatische Speichern hätte dies verhindern können. Glücklicherweise bessert sich das Pacing im späteren Verlauf des Spiels wieder (dazu später mehr).
Also nochmal zusammengefasst: Sword Art Online erzählt seine Handlung sehr ausführlich, wodurch auch Neueinsteiger etwas mit dieser anfangen können und man auch einiges an Spielzeit rausschlagen kann. Leider wird es dann aber manchmal so gründlich, dass die Geschichte sich stellenweise etwas strecken kann. Wie sieht es aber nun mit dem eigentlichen Gameplay aus?
Was bietet Alicization Lycoris abseits der Story?
Wie in einem JRPG typisch, erkundet ihr auch in diesem Spiel die Welt als Gruppe, schlachtet Monster, erfüllt Quests von NPCs, rüstet euch mit besserem EQ aus, craftet Zubehör und vieles mehr. Dank umfangreichen Tutorials werden euch die einzelnen Features des Spiels nach und nach nähergebracht.
Bereits zu Beginn könnt ihr beispielsweise Nebenquests von NPCs aus der Welt abschließen. Dabei sollte man aber keine Aktivitäten auf Witcher 3 Niveau erwarten. Meist spielt ihr erneut den Laufburschen für Sammelbares oder schlachtet Monster auf Abruf. Besonders originell spielen sich die Nebenquests also nicht, lohnen sich aber dennoch, da man so an hochwertiges Loot wie neue Ringe kommt, die euch mit wertvollen Perks belohnen.
Wer die Welt genau erkundet, findet zudem viele Belohnungen und wertvolle Materialien fürs Crafting. Die Welt selbst ist in mehrere kleine Abschnitte gegliedert, die sich nach Belieben erforschen lassen. Dort findet ihr zwar viele Gefahren, aber auch Kisten, die euch mit neuen und teilweise auch sehr mächtigen Waffen oder anderen Ausrüstungsgegenständen entlohnen. Wer besonders ausführlich stöbert und mit den vielen Statuen agiert, stößt manchmal auch auf neue Skills oder Magiefertigkeiten. Besonders schön ist, dass sich die einzelnen Areale auch teilweise deutlich voneinander unterscheiden, auch wenn die Technik hier nicht immer mitspielt. Kantenflimmern, niedrig auflösende Texturen, häufige Ladezeiten und Frame Drops sollten demnach zu erwarten sein (gespielt auf PS4 Pro). Bandai Namco und die Entwickler des Spiels wirken dem mit einigen Patches zwar noch immer entgegen, komplett behoben ist es aber bis heute noch nicht. Nichts desto trotz ist Sword Art Online: Alicization Lycoris bis dato das schönste Spiel, das für die Anime Reihe umgesetzt worden ist. Auch die Kämpfe heben sich positiv von seinen Vorgängern ab.
Facettenreiche Kämpfe
Wir haben es hier mit einem freien actionorientierten Kampfsystem in Echtzeit zu tun. Es ist also möglich per Knopfdruck schöne Kombos auf den Bildschirm zu zaubern und diese mit bis zu 4 ausgerüsteten Skills jederzeit zu kombinieren. Wer lieber Magie verwendet, kann auf die sogenannten “Heiligen Künste” zurückgreifen. Das sind Magiefähigkeiten, mit denen ihr euch und eure Truppe buffen oder feindliche Gegner schaden könnt. Neben diesen Mechaniken ist es aber auch möglich besondere Teamattacken, mächtige Waffen-basierte Spezialattacken oder Kettenangriffe durchzuführen. Auch Blocks und Paraden sind möglich. Das ganze System ist also tiefgreifend, gleichzeitig aber auch nicht all zu fordernd.
Zudem könnt ihr jederzeit zu einem eurer Teammitglieder wechseln und diese steuern. Jedes Teammitglied kann eine bestimmte Waffengattung nutzen, von denen es sehr viele im Spiel gibt. Egal ob Einhandschwerter, Breitschwerter, Doppelschwerter, Ketten, Peitschen, Bögen, Katanas und vieles mehr: Hier dürfte jeder Geschmack bedient werden. Nur Protagonist Kirito ist in der Lage jede Waffe auszurüsten. Die Kämpfe sind an sich zwar actionorientiert, spielen sich aber etwas langsamer als in ähnlichen Titeln. Es dauert demnach etwas länger einen Skill oder Magie zu casten und ist etwas gewöhnungsbedürftig. Das wirklich umfangreiche Skillsystem macht dies aber wieder wett.
Umfangreiches Skillsystem
In Sword Art Online: Alicization Lycoris werden Spieler mit erwerbbaren Skills nur so zugeworfen. Der komplette Skillbaum ist riesig und lässt sich mit auffindbaren Skills zusätzlich erweitern. Selbst wenn man einen dieser Skills freigeschaltet hat, kann man diesen noch mit zusätzlichen Effekten erweitern. Der Skillbaum teilt sich in mehrere Skillarten auf: passive, aktive Skills oder Buffs sind enthalten. Einige dieser sind also dafür vorgesehen, eure Widersacher mit eindrucksvollen Attacken einzuheizen, andere verstärken temporär euren Angriff, erhöhen Geschwindigkeiten usw.
Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs, denn jede Waffe verfügt über einen eigenen Fähigkeitsbaum, der Unmengen an ausführbaren Skills, Buffs und passiven Fähigkeiten enthält. Und bei der Menge an Waffen kann man außerordentlich viel Zeit in das Freispielen reinstecken. Motivation ist hier also definitiv gegeben.
Ausflug nach Centoria
Die Hauptstadt Centoria dient als Hub-Welt für das Spiel. Hier findet ihr jede Menge Händler für Ausrüstung, Tränke und Mats oder Stationen, bei denen ihr selbst etwas nach Rezepten herstellen könnt oder NPCs, die euch mit neuen Aktivitäten versorgen. Später im Spiel könnt ihr euch in eurem Zelt aufhalten und dort die Tageszeit ändern, euren Charakter mittels Editor anpassen, die Enzyklopädie lesen, Videosequenzen nochmals ansehen und vieles mehr.
Darüber hinaus habt ihr hier Zugriff auf die unterschiedlichen Areale, die ihr im Spiel bereisen könnt. Centoria dient also quasi als Mittelpunkt der Welt, in dem ihr euch eine Auszeit gönnen könnt.
Nach der ersten Handlung öffnet sich das Spiel
Richtig los geht es aber eigentlich erst nach dem ersten Kapitel der Story, das sich mit dem ersten Arc der Underworld Staffel aus dem Anime beschäftigt. Nach ungefähr 12-15 Stunden Spielzeit solltet ihr mit dem ersten Kapitel durch sein und habt dann Zugriff auf jede Menge zusätzliche Features, Gebiete usw., die euch das Spiel anfangs noch vorenthalten hat. Die Geschichte wird dann mit 5 weiteren Kapiteln forterzählt und dreht sich dann eher in Richtung Medina und die dunklen Hinterlassenschaften der bösen Mächte des Reiches.
Neben dem weiteren Handlungsverlauf werden auch neue Features eingeführt. Bossgegner, die besonders legendäre Waffen fallen lassen, neue Freundschaftsquests, umherstreifende NPC Truppen, die euch im Kampf zur Seite stehen, Kiritos Zelt zum Anpassen des eigenen Charakters und einiges mehr wird nun zugänglich. Auch erhalten Spieler nach und nach neue Charaktere permanent in ihr Team, die sie jederzeit steuern können.
Die ersten zwölf Stunden dienen also quasi mehr als Tutorial und das eigentliche Spiel entfaltet erst danach seine Wirkung. Wer mag kann sich zudem Hilfe von Spielern aus aller Welt holen. Das Spiel ist demnach auch problemlos im online Koop spielbar.
Ein wenig Fanservice gefällig?
Zu guter Letzt dürfen sich Fans der Reihe auch über etwas Fanservice freuen. Jeder Charakter verfügt über einen besonderen Bindungsstatus zu euch, der sich bei zusammen ausgetragenen Kämpfen erhöht. Ihr könnt ihn aber auch an bestimmten Orten im Spiel durch Dialoge steigern. Es öffnet sich eine Art Mini-Quests bei dem ihr zum richtigen Zeitpunkt ein Gespräch starten müsst und die Bindung wird gesteigert. Wer es schafft, die Anzeige auf 100% zu heben, ist erfolgreich eine Partnerschaft mit seinem Gegenüber eingegangen. Es ist nun möglich Händchen zu halten, den Partner zu tragen und vieles mehr. Wer mit dem Partner zusammen ins Bett geht, darf sich über einen kurzen Dialog freuen, indem sich die beiden über ihre gemeinsame Vergangenheit und ihre neuen Gefühle zueinander austauschen. Wer auf jetzt auf *schmutzige* Inhalte hofft, werde ich aber an dieser Stelle enttäuschen müssen, denn damit solltet ihr nicht rechnen.
Ob man davon Gebrauch machen möchte, darf an dieser Stelle jeder für sich entscheiden. Ich poste hier dennoch ein paar Bilder dazu, um euch einen Eindruck davon zu vermitteln.