Als Besitzer einer HTC Vive und eines Playstation VR-Headsets habe ich mittlerweile schon so einige faszinierenden Erlebnisse in der virtuellen Welt gehabt. Auf der gamescom 2018 hat mich allerdings die bisher wohl beste Erfahrung erwartet. Ich durfte die Arizona Sunshine LB VR Edition ausprobieren. Was es damit auf sich hat, erfahrt ihr in meinem Bericht.

Die niederländischen Entwickler von Vertigo Games haben mit Arizona Sunshine VR vor rund zwei Jahren einen hochwertigen Shooter herausgebracht, der das virtuelle Überleben einer Zombie-Apokalypse auf ein neues Level gehoben hat. Mit cleverer Bewegungssteuerung und nettem Leveldesign zeigte der Titel schon recht früh, was für tolle Abenteuer VR möglich macht. Seit Release haben die Entwickler nicht nur kostenlose Updates veröffentlicht, sondern auch einen Inhalts-DLC herausgebracht, der eine neue spielbare Passage zum Basistitel hinzufügt. Die “Location Based Edition” von der gamescom basierte grob auf diesem ”Dead Man”-DLC, doch gab es eine entscheidende Änderung. In der regulären Erfahrung bewegt man sich hauptsächlich entweder per Teleportation oder künstlicher Steuerung fort. Room-Scale-Bewegung ist auch möglich, durch den begrenzten Platz des Spielbereichs, den die meisten Spieler haben werden, entfaltet sie aber nicht ihre vollen Möglichkeiten.

Die LB Experience lockert diese Grenzen auf und verlagert sein Spielgeschehen in einen großen Raum, der in meinem Fall auf der Gamescom 36 Quadratmeter maß. Noch dazu wurde das Leveldesign so abgestimmt, dass Spieler verschiedene Areale durchstreifen, auch wenn sie stets in diesem einen Raum herumlaufen. Denn nachdem einige Zombies zunächst in einer Art Militäranlage im Freien erledigt werden, geht es mit einem Aufzug in die Tiefe der Anlage. Der Aufzug ist eine clevere Idee, den immer gleich großen Raum in verschiedenen Variationen darzustellen. Der Spieler muss unter anderem auch auf einer langen Planke laufen und über einen Abgrund springen, was in VR zum großen Nervenkitzel wird. Die Illusion ist so gelungen, dass ich das erste Mal während eines VR-Ausfluges tatsächlich das Gefühl hatte, völlige Freiheit zu genießen. Das Spielfeld war einerseits bereits sehr groß, doch so wirklich gelungen präsentierte sich diese Umsetzung erst durch die tolle virtuelle Darstellung.

Die Freiheit kam auch daher zustande, dass ich auf einer HTC Vive Pro gespielt habe, die mit dem offiziellen Vive Wireless Adapter ausgestattet war. Vom Headset führte lediglich ein Kabel in meine hintere Hosentasche, wo ich eine kleine Powerbank verstaut hatte. Diese habe ich beim Spielen aber ebenfalls total vergessen, sodass wirklich der Eindruck einer komplett kabelfreien VR-Erfahrung entstand. Ich bemerkte keinerlei Verzögerung bei der Bilddarstellung, alle Bewegungen von mir wurden umgehend über die Brille wiedergegeben. Selbst wenn es in der Theorie eine Latenz von wenigen Millisekunden geben dürfte, habe ich diese absolut nicht bemerkt. Auch ist mir kein “Ghosting Effekt” und auch keine schwankende Qualität der Grafik aufgefallen. Kabelloses VR-Gaming ist heutzutage also durchaus schon eine tolle Option. Wenn auch eine teure: Der offizielle Wireless Adapter von HTC, der in Zusammenarbeit mit Intel und Displaylink entworfen wurde, steht ab dem 24. September zum Preis von 345€ (HTC Vive) und 420€ (HTC Vive Pro) zur Verfügung.

Einen groben Eindruck über das Erlebnis vermittelt folgendes Video:

Neben dem Wireless Adapter wartete ein weiterer Bonus auf mich. Vertigo Games stellte zwei Pistolen aus Plastik bereit, die mit je einem Vive Tracker ausgestattet waren. Die Wummen fühlten sich um einiges realistischer an als die Vive Controller, was die Erfahrung nur weiter verbessert hat. Etwas enttäuscht war ich von der Ausübung des Nachladens, da dies nur per einfachem Knopfdruck erfolgte. Ich mag es in VR besonders gern, wenn Waffen durch realistische Bewegungen nachgeladen werden. Da ich aber mit zwei Waffen auf einmal spielte, kann ich dann doch verstehen, warum man nicht selbstständig das Magazin austauschen musste – ich hatte schlicht keine Hand frei dafür. Die Pistolen fühlten sich sehr präzise an und sorgten für eine verstärkte Immersion.

Die LB VR Edition kann mit bis zu drei weiteren Spielern in einem Raum gespielt werden. Da ich die virtuellen Spieler jederzeit sah, gab es auch keinen Moment, in dem man gegeneinander krachte. Ich bin es bereits gewohnt, in VR online mit anderen Leuten zu spielen. Auch Arizona Sunshine habe ich bereits im Online-Koop gespielt. Deshalb hat mich das VR-Koop-Geschehen der Experience nicht allzu sehr überrascht. Im Nachhinein betrachtet finde ich es jedoch sehr faszinierend, dass während meiner Session insgesamt 3 Spieler gleichzeitig in einem Raum aktiv waren. Wir passten instinktiv aufeinander auf und beschützten uns vor anstürmenden Zombies. Die Erfahrung erfordert gutes Teamwork, da die Spieler oftmals gemeinsam arbeiten müssen, um im Level voranzuschreiten. Allzu schwer war das Erlebnis letzten Endes nicht, weshalb ich es sehr gerne noch einmal in einer höheren Schwierigkeitsstufe spielen möchte. In meinem Testdurchgang war die Gruppendynamik schon recht gut, doch ich bin mir sicher, dass bei einer kniffligeren Herausforderung ein noch besseres Erlebnis das Resultat wäre.

Fazit

Abschließend kann ich sagen, dass meine Zeit mit der Arizona Sunshine LB VR Edition das wohl beeindruckendste VR-Erlebnis war, das ich bisher hatte. Das lag nicht nur daran, dass mit einer HTC Vive Pro und zwei Pistolen, ausgestattet mit Vive Trackern, die neueste Technik genutzt wurde. Den größten Eindruck hinterließ der Wireless Adapter in Kombination mit dem großen Raum, der mir bisher unbekannte Freiheiten in VR beschert hatte. Das clevere Leveldesign verstärkte den Eindruck der scheinbar grenzenlosen Freiheit. Weil das Erlebnis im Koop mit bis zu drei weiteren Spielern stattfinden kann, eignet es sich perfekt für Freunde, die ihre Treffsicherheit und Teamfähigkeit beweisen wollen. Der Normalverbraucher kann sich die Experience nicht ohne weiteres kaufen, eine Lizenz zur Nutzung sowie teure Hardware muss her. Doch das 20-minütige Abenteuer ist perfekt geeignet für VR-Arcades. Tatsächlich bietet Vertigo Games diese Erfahrung bereits in ausgewählten Arcadestandorten an, was in den nächsten Monaten ausgebaut werden soll.

Ich hoffe, dass wir auch in Deutschland in absehbarer Zeit die Arizona Sunshine LB VR Edition wieder spielen können. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass solche Erfahrungen in einigen Jahren ähnlich populär werden wie es heutzutage beispielsweise Lasertag ist. Ich würde jedenfalls gerne etwas Geld dafür ausgeben, um wieder einmal ähnlich große Freiheiten bei der VR-Zombiejagd zu genießen.